Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. den kann die Aufnahme dieser beiden älteren Stellen nurals ein Versehen betrachtet werden, da sie mit dem Se- natusconsult in offenbarem Widerspruch stehen. Dieser Widerspruch wurde wohl deshalb übersehen, weil jene Stellen nicht die Condiction erwähnen, die hier die häu- figste Klage ist, sondern andere, in dieser Anwendung selt- ner vorkommende Klagen. Es läßt sich leicht zeigen, was in diesen, über den die Frau dem geschenkten Skla-
ven einen lebensgefährlichen Auf- trag gab, und dieser dabey um- kam. -- Besonders merkwürdig sind die Schlußworte, die deut- lich zeigen, daß auch schon die äl- teren Juristen den im Text be- merkten Zweifel beachteten, ob nicht der Wille des Eigenthü- mers (des schenkenden Ehegat- ten) jede Klage, ja selbst das Daseyn eines wahren Dolus, aus- schließe. Darum sagt er: ganz unzweifelhaft ist dieses nach der Scheidung (maxime post divor- tium), weil nun die Berufung des Beschenkten auf den fort- dauernden freundlichen Willen des Gebers durch die Thatsache der Scheidung entkräftet ist. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. den kann die Aufnahme dieſer beiden älteren Stellen nurals ein Verſehen betrachtet werden, da ſie mit dem Se- natusconſult in offenbarem Widerſpruch ſtehen. Dieſer Widerſpruch wurde wohl deshalb überſehen, weil jene Stellen nicht die Condiction erwähnen, die hier die häu- figſte Klage iſt, ſondern andere, in dieſer Anwendung ſelt- ner vorkommende Klagen. Es läßt ſich leicht zeigen, was in dieſen, über den die Frau dem geſchenkten Skla-
ven einen lebensgefährlichen Auf- trag gab, und dieſer dabey um- kam. — Beſonders merkwürdig ſind die Schlußworte, die deut- lich zeigen, daß auch ſchon die äl- teren Juriſten den im Text be- merkten Zweifel beachteten, ob nicht der Wille des Eigenthü- mers (des ſchenkenden Ehegat- ten) jede Klage, ja ſelbſt das Daſeyn eines wahren Dolus, aus- ſchließe. Darum ſagt er: ganz unzweifelhaft iſt dieſes nach der Scheidung (maxime post divor- tium), weil nun die Berufung des Beſchenkten auf den fort- dauernden freundlichen Willen des Gebers durch die Thatſache der Scheidung entkräftet iſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0082" n="68"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Entſtehung und Untergang.</fw><lb/> den kann die Aufnahme dieſer beiden älteren Stellen nur<lb/> als ein Verſehen betrachtet werden, da ſie mit dem Se-<lb/> natusconſult in offenbarem Widerſpruch ſtehen. Dieſer<lb/> Widerſpruch wurde wohl deshalb überſehen, weil jene<lb/> Stellen nicht die Condiction erwähnen, die hier die häu-<lb/> figſte Klage iſt, ſondern andere, in dieſer Anwendung ſelt-<lb/> ner vorkommende Klagen.</p><lb/> <p>Es läßt ſich leicht zeigen, was in dieſen, über den<lb/> reinen Untergang des geſchenkten Rechts gegebenen, Be-<lb/> ſtimmungen der allgemeinen Natur der Schenkung über-<lb/> haupt, was dem beſonderen Verhältniß der Ehegatten an-<lb/> gehört. Daß der Untergang durch den Willen des Ge-<lb/> bers, eben ſo der ganz zufällige Untergang, alle Folgen<lb/> der Schenkung austilgt, geht aus der allgemeinen Natur<lb/> der Schenkung hervor. Daß aber auch die freywillige<lb/> Veräußerung oder Zerſtörung von Seiten des Beſchenkten<lb/> einen gleichen Einfluß ausübt, iſt erſt durch die poſitive<lb/> Vorſchrift des Senatusconſults bewirkt worden. Nicht<lb/> als ob dieſe Vorſchrift eine völlig willkührliche wäre; ſie<lb/> hat einen Anhalt in der billigen Rückſicht auf die Eigen-<lb/><note xml:id="seg2pn_13_2" prev="#seg2pn_13_1" place="foot" n="(u)">die Frau dem geſchenkten Skla-<lb/> ven einen lebensgefährlichen Auf-<lb/> trag gab, und dieſer dabey um-<lb/> kam. — Beſonders merkwürdig<lb/> ſind die Schlußworte, die deut-<lb/> lich zeigen, daß auch ſchon die äl-<lb/> teren Juriſten den im Text be-<lb/> merkten Zweifel beachteten, ob<lb/> nicht der Wille des Eigenthü-<lb/> mers (des ſchenkenden Ehegat-<lb/> ten) jede Klage, ja ſelbſt das<lb/> Daſeyn eines wahren Dolus, aus-<lb/> ſchließe. Darum ſagt er: ganz<lb/> unzweifelhaft iſt dieſes nach der<lb/> Scheidung (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">maxime</hi> post divor-<lb/> tium</hi>), weil nun die Berufung<lb/> des Beſchenkten auf den fort-<lb/> dauernden freundlichen Willen des<lb/> Gebers durch die Thatſache der<lb/> Scheidung entkräftet iſt.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [68/0082]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
den kann die Aufnahme dieſer beiden älteren Stellen nur
als ein Verſehen betrachtet werden, da ſie mit dem Se-
natusconſult in offenbarem Widerſpruch ſtehen. Dieſer
Widerſpruch wurde wohl deshalb überſehen, weil jene
Stellen nicht die Condiction erwähnen, die hier die häu-
figſte Klage iſt, ſondern andere, in dieſer Anwendung ſelt-
ner vorkommende Klagen.
Es läßt ſich leicht zeigen, was in dieſen, über den
reinen Untergang des geſchenkten Rechts gegebenen, Be-
ſtimmungen der allgemeinen Natur der Schenkung über-
haupt, was dem beſonderen Verhältniß der Ehegatten an-
gehört. Daß der Untergang durch den Willen des Ge-
bers, eben ſo der ganz zufällige Untergang, alle Folgen
der Schenkung austilgt, geht aus der allgemeinen Natur
der Schenkung hervor. Daß aber auch die freywillige
Veräußerung oder Zerſtörung von Seiten des Beſchenkten
einen gleichen Einfluß ausübt, iſt erſt durch die poſitive
Vorſchrift des Senatusconſults bewirkt worden. Nicht
als ob dieſe Vorſchrift eine völlig willkührliche wäre; ſie
hat einen Anhalt in der billigen Rückſicht auf die Eigen-
(u)
(u) die Frau dem geſchenkten Skla-
ven einen lebensgefährlichen Auf-
trag gab, und dieſer dabey um-
kam. — Beſonders merkwürdig
ſind die Schlußworte, die deut-
lich zeigen, daß auch ſchon die äl-
teren Juriſten den im Text be-
merkten Zweifel beachteten, ob
nicht der Wille des Eigenthü-
mers (des ſchenkenden Ehegat-
ten) jede Klage, ja ſelbſt das
Daſeyn eines wahren Dolus, aus-
ſchließe. Darum ſagt er: ganz
unzweifelhaft iſt dieſes nach der
Scheidung (maxime post divor-
tium), weil nun die Berufung
des Beſchenkten auf den fort-
dauernden freundlichen Willen des
Gebers durch die Thatſache der
Scheidung entkräftet iſt.
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