auf unbestimmtere Gegenstände von mannichfaltiger Art. Die neueste Rechtsbildung endlich ergab die Einführung der bonae fidei actiones, die den zuletzt genannten Con- dictionen verwandt waren, und in Freyheit des Verfah- rens und Unbestimmtheit der Gegenstände nur noch einen Schritt weiter giengen.
Zeugnisse für eine solche historische Entwicklung der Rechtsinstitute sind niemals beygebracht worden, und es hat wohl zur Annahme derselben nur die scheinbare Na- türlichkeit eines allmäligen, in der Zeit fortschreitenden, Übergangs vom Strengen zum Freyen, vom Bestimmten zum Unbestimmten, hingeführt. Allein es ist überall ge- fährlich, solchen abstracten Begriffen in historischen Unter- suchungen zu vertrauen. Im vorliegenden Fall können wir zwar die angegebene historische Succession eben so wenig durch unmittelbare Zeugnisse widerlegen, als sie durch solche erwiesen worden ist. Allein es spricht dagegen so- wohl der praktische Sinn der Römer, welchem eine so ungenügende Behandlung, wie sie hier für die frühere Zeit vorausgesetzt wird, zu keiner Zeit zusagen konnte, als auch der Schluß, welcher aus einzelnen sicheren Thatsachen äl- terer Zeit gezogen werden kann. Und so sind wir berech- tigt, jene Behauptung nicht blos als unbegründet, sondern auch als ganz unwahrscheinlich zu verwerfen (b).
Dagegen ist eine historische Entwicklung anderer Art nicht blos als wahrscheinlich, sondern als völlig gewiß
(b) Beylage XIII. Num. XIII., Beylage XIV. Num. XLVII.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
auf unbeſtimmtere Gegenſtände von mannichfaltiger Art. Die neueſte Rechtsbildung endlich ergab die Einführung der bonae fidei actiones, die den zuletzt genannten Con- dictionen verwandt waren, und in Freyheit des Verfah- rens und Unbeſtimmtheit der Gegenſtände nur noch einen Schritt weiter giengen.
Zeugniſſe für eine ſolche hiſtoriſche Entwicklung der Rechtsinſtitute ſind niemals beygebracht worden, und es hat wohl zur Annahme derſelben nur die ſcheinbare Na- türlichkeit eines allmäligen, in der Zeit fortſchreitenden, Übergangs vom Strengen zum Freyen, vom Beſtimmten zum Unbeſtimmten, hingeführt. Allein es iſt überall ge- fährlich, ſolchen abſtracten Begriffen in hiſtoriſchen Unter- ſuchungen zu vertrauen. Im vorliegenden Fall können wir zwar die angegebene hiſtoriſche Succeſſion eben ſo wenig durch unmittelbare Zeugniſſe widerlegen, als ſie durch ſolche erwieſen worden iſt. Allein es ſpricht dagegen ſo- wohl der praktiſche Sinn der Römer, welchem eine ſo ungenügende Behandlung, wie ſie hier für die frühere Zeit vorausgeſetzt wird, zu keiner Zeit zuſagen konnte, als auch der Schluß, welcher aus einzelnen ſicheren Thatſachen äl- terer Zeit gezogen werden kann. Und ſo ſind wir berech- tigt, jene Behauptung nicht blos als unbegründet, ſondern auch als ganz unwahrſcheinlich zu verwerfen (b).
Dagegen iſt eine hiſtoriſche Entwicklung anderer Art nicht blos als wahrſcheinlich, ſondern als völlig gewiß
(b) Beylage XIII. Num. XIII., Beylage XIV. Num. XLVII.
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
auf unbeſtimmtere Gegenſtände von mannichfaltiger Art.
Die neueſte Rechtsbildung endlich ergab die Einführung
der bonae fidei actiones, die den zuletzt genannten Con-
dictionen verwandt waren, und in Freyheit des Verfah-
rens und Unbeſtimmtheit der Gegenſtände nur noch einen
Schritt weiter giengen.
Zeugniſſe für eine ſolche hiſtoriſche Entwicklung der
Rechtsinſtitute ſind niemals beygebracht worden, und es
hat wohl zur Annahme derſelben nur die ſcheinbare Na-
türlichkeit eines allmäligen, in der Zeit fortſchreitenden,
Übergangs vom Strengen zum Freyen, vom Beſtimmten
zum Unbeſtimmten, hingeführt. Allein es iſt überall ge-
fährlich, ſolchen abſtracten Begriffen in hiſtoriſchen Unter-
ſuchungen zu vertrauen. Im vorliegenden Fall können
wir zwar die angegebene hiſtoriſche Succeſſion eben ſo wenig
durch unmittelbare Zeugniſſe widerlegen, als ſie durch
ſolche erwieſen worden iſt. Allein es ſpricht dagegen ſo-
wohl der praktiſche Sinn der Römer, welchem eine ſo
ungenügende Behandlung, wie ſie hier für die frühere Zeit
vorausgeſetzt wird, zu keiner Zeit zuſagen konnte, als auch
der Schluß, welcher aus einzelnen ſicheren Thatſachen äl-
terer Zeit gezogen werden kann. Und ſo ſind wir berech-
tigt, jene Behauptung nicht blos als unbegründet, ſondern
auch als ganz unwahrſcheinlich zu verwerfen (b).
Dagegen iſt eine hiſtoriſche Entwicklung anderer Art
nicht blos als wahrſcheinlich, ſondern als völlig gewiß
(b) Beylage XIII. Num. XIII., Beylage XIV. Num. XLVII.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/130>, abgerufen am 22.12.2024.
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