Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung. könnten leicht zu der Annahme verleiten, als ob alle freye Kla-gen ohne Unterschied arbitrariae wären. Dieses würde aber ganz irrig seyn, indem der Name arbitraria formula nicht von der Person des arbiter, sondern von dem in der Formel ausgedrückten arbitratus judicis, das heißt von der oben erklärten Aufforderung zur freywilligen Leistung (§ 221. b), hergenommen ist, so daß zwar jede arbitraria actio ein arbi- trium, aber nicht jedes arbitrium eine arbitraria actio ist (a). Anwendbar nun ist jenes besondere Verfahren bey den- Der leichtere, seltnere, und minder wichtige Fall ist (a) Über die Verschiedenheit bei- der Begriffe können einige Stel- len des Gajus täuschen, worin ganz abwechslend, bald arbitrum, bald arbitrariam formulam pe- tere gesagt wird (IV. § 141. 163. 164. 165). Allein in den Fällen der Interdicte, von welchen hier Gajus spricht, war in der That das arbitrium zugleich eine ar- bitraria formula, wodurch also die Verschiedenheit beider Begriffe in Anwendung auf viele andere Klagen nicht ausgeschloßen wird. (b) Diese Bestimmung ist an-
erkannt in dem Ausdruck: contu- macia non restituentis vel non exhibentis, als Grund und Be- dingung des Eides in litem (§ 221. e). -- Sie wird völlig bestätigt, wiewohl nur in der besonderen An- wendung auf Interdicte, durch Gajus IV. § 163. 165. -- Sie wird in ihrem Haupttheil bestätigt, und zwar in Anwendung auf die verschiedensten Arten von Klagen, durch den Schluß von L. 68 de R. V. (6. 1.) "Haec sententia generalis est, et ad omnia, sive interdicta, sive actiones in rem, sive in personam sunt, ex qui- bus arbitratu judicis quid re- stituitur, locum habet." Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. könnten leicht zu der Annahme verleiten, als ob alle freye Kla-gen ohne Unterſchied arbitrariae wären. Dieſes würde aber ganz irrig ſeyn, indem der Name arbitraria formula nicht von der Perſon des arbiter, ſondern von dem in der Formel ausgedrückten arbitratus judicis, das heißt von der oben erklärten Aufforderung zur freywilligen Leiſtung (§ 221. b), hergenommen iſt, ſo daß zwar jede arbitraria actio ein arbi- trium, aber nicht jedes arbitrium eine arbitraria actio iſt (a). Anwendbar nun iſt jenes beſondere Verfahren bey den- Der leichtere, ſeltnere, und minder wichtige Fall iſt (a) Über die Verſchiedenheit bei- der Begriffe können einige Stel- len des Gajus täuſchen, worin ganz abwechſlend, bald arbitrum, bald arbitrariam formulam pe- tere geſagt wird (IV. § 141. 163. 164. 165). Allein in den Fällen der Interdicte, von welchen hier Gajus ſpricht, war in der That das arbitrium zugleich eine ar- bitraria formula, wodurch alſo die Verſchiedenheit beider Begriffe in Anwendung auf viele andere Klagen nicht ausgeſchloßen wird. (b) Dieſe Beſtimmung iſt an-
erkannt in dem Ausdruck: contu- macia non restituentis vel non exhibentis, als Grund und Be- dingung des Eides in litem (§ 221. e). — Sie wird völlig beſtätigt, wiewohl nur in der beſonderen An- wendung auf Interdicte, durch Gajus IV. § 163. 165. — Sie wird in ihrem Haupttheil beſtätigt, und zwar in Anwendung auf die verſchiedenſten Arten von Klagen, durch den Schluß von L. 68 de R. V. (6. 1.) „Haec sententia generalis est, et ad omnia, sive interdicta, sive actiones in rem, sive in personam sunt, ex qui- bus arbitratu judicis quid re- stituitur, locum habet.” <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0140" n="126"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/> könnten leicht zu der Annahme verleiten, als ob alle freye Kla-<lb/> gen ohne Unterſchied <hi rendition="#aq">arbitrariae</hi> wären. Dieſes würde aber<lb/> ganz irrig ſeyn, indem der Name <hi rendition="#aq">arbitraria formula</hi> nicht<lb/> von der Perſon des <hi rendition="#aq">arbiter,</hi> ſondern von dem in der Formel<lb/> ausgedrückten <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">arbitratus</hi> judicis,</hi> das heißt von der oben<lb/> erklärten Aufforderung zur freywilligen Leiſtung (§ 221. <hi rendition="#aq">b</hi>),<lb/> hergenommen iſt, ſo daß zwar jede <hi rendition="#aq">arbitraria actio</hi> ein <hi rendition="#aq">arbi-<lb/> trium</hi>, aber nicht jedes <hi rendition="#aq">arbitrium</hi> eine <hi rendition="#aq">arbitraria actio</hi> iſt <note place="foot" n="(a)">Über die Verſchiedenheit bei-<lb/> der Begriffe können einige Stel-<lb/> len des Gajus täuſchen, worin<lb/> ganz abwechſlend, bald <hi rendition="#aq">arbitrum,</hi><lb/> bald <hi rendition="#aq">arbitrariam formulam pe-<lb/> tere</hi> geſagt wird (<hi rendition="#aq">IV.</hi> § 141. 163.<lb/> 164. 165). Allein in den Fällen<lb/> der Interdicte, von welchen hier<lb/> Gajus ſpricht, war in der That<lb/> das <hi rendition="#aq">arbitrium</hi> zugleich eine <hi rendition="#aq">ar-<lb/> bitraria formula</hi>, wodurch alſo<lb/> die Verſchiedenheit beider Begriffe<lb/> in Anwendung auf viele andere<lb/> Klagen nicht ausgeſchloßen wird.</note>.</p><lb/> <p>Anwendbar nun iſt jenes beſondere Verfahren bey den-<lb/> jenigen freyen Klagen, die auf eine <hi rendition="#g">Reſtitution</hi> oder<lb/><hi rendition="#g">Exhibition</hi> gerichtet ſind, bey allen anderen iſt es nicht<lb/> anwendbar <note place="foot" n="(b)">Dieſe Beſtimmung iſt an-<lb/> erkannt in dem Ausdruck: <hi rendition="#aq">contu-<lb/> macia non restituentis vel non<lb/> exhibentis,</hi> als Grund und Be-<lb/> dingung des Eides <hi rendition="#aq">in litem (§ 221.<lb/> e).</hi> — Sie wird völlig beſtätigt,<lb/> wiewohl nur in der beſonderen An-<lb/> wendung auf Interdicte, durch<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> IV.</hi> § 163. 165. — Sie<lb/> wird in ihrem Haupttheil beſtätigt,<lb/> und zwar in Anwendung auf die<lb/> verſchiedenſten Arten von Klagen,<lb/> durch den Schluß von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 68 <hi rendition="#i">de<lb/> R. V.</hi> (6. 1.) „Haec sententia<lb/> generalis est, et ad omnia, sive<lb/> interdicta, sive actiones in rem,<lb/> sive in personam sunt, <hi rendition="#i">ex qui-<lb/> bus arbitratu judicis quid re-<lb/> stituitur,</hi> locum habet.”</hi></note>. Es kommt alſo nur darauf an, dieſe Be-<lb/> griffe genau zu beſtimmen.</p><lb/> <p>Der leichtere, ſeltnere, und minder wichtige Fall iſt<lb/> der der Exhibition. Darunter wird das bloße Vorzeigen<lb/> oder Darſtellen einer beſtimmten einzelnen Sache verſtan-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [126/0140]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
könnten leicht zu der Annahme verleiten, als ob alle freye Kla-
gen ohne Unterſchied arbitrariae wären. Dieſes würde aber
ganz irrig ſeyn, indem der Name arbitraria formula nicht
von der Perſon des arbiter, ſondern von dem in der Formel
ausgedrückten arbitratus judicis, das heißt von der oben
erklärten Aufforderung zur freywilligen Leiſtung (§ 221. b),
hergenommen iſt, ſo daß zwar jede arbitraria actio ein arbi-
trium, aber nicht jedes arbitrium eine arbitraria actio iſt (a).
Anwendbar nun iſt jenes beſondere Verfahren bey den-
jenigen freyen Klagen, die auf eine Reſtitution oder
Exhibition gerichtet ſind, bey allen anderen iſt es nicht
anwendbar (b). Es kommt alſo nur darauf an, dieſe Be-
griffe genau zu beſtimmen.
Der leichtere, ſeltnere, und minder wichtige Fall iſt
der der Exhibition. Darunter wird das bloße Vorzeigen
oder Darſtellen einer beſtimmten einzelnen Sache verſtan-
(a) Über die Verſchiedenheit bei-
der Begriffe können einige Stel-
len des Gajus täuſchen, worin
ganz abwechſlend, bald arbitrum,
bald arbitrariam formulam pe-
tere geſagt wird (IV. § 141. 163.
164. 165). Allein in den Fällen
der Interdicte, von welchen hier
Gajus ſpricht, war in der That
das arbitrium zugleich eine ar-
bitraria formula, wodurch alſo
die Verſchiedenheit beider Begriffe
in Anwendung auf viele andere
Klagen nicht ausgeſchloßen wird.
(b) Dieſe Beſtimmung iſt an-
erkannt in dem Ausdruck: contu-
macia non restituentis vel non
exhibentis, als Grund und Be-
dingung des Eides in litem (§ 221.
e). — Sie wird völlig beſtätigt,
wiewohl nur in der beſonderen An-
wendung auf Interdicte, durch
Gajus IV. § 163. 165. — Sie
wird in ihrem Haupttheil beſtätigt,
und zwar in Anwendung auf die
verſchiedenſten Arten von Klagen,
durch den Schluß von L. 68 de
R. V. (6. 1.) „Haec sententia
generalis est, et ad omnia, sive
interdicta, sive actiones in rem,
sive in personam sunt, ex qui-
bus arbitratu judicis quid re-
stituitur, locum habet.”
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