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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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§. 227. Exceptionen. Inhalt. Arten.
tio hatten, wie z. B. die exceptio fori oder praejudicialis.
Wenn sich bey diesen der Judex überzeugte, daß sie ge-
gründet seyen, so durfte er nicht absolviren, sondern er
mußte sich des Urtheils für jetzt ganz enthalten, so daß
dann die Klage noch immer nicht verloren war (v). Die-
ser Unterschied fällt schon im Justinianischen Recht hin-
weg, indem die zuletzt erwähnte minder gefährliche Wir-
kung nun bey allen dilatorischen Exceptionen eintritt.

Es werden ferner unterschieden personae und rei co-
haerentes exceptiones,
je nachdem Derjenige allein, auf
welchen sich die Exception ursprünglich bezog, sie ge-
brauchen kann, oder auch Andere, die an seiner Stelle
verklagt werden, wie Erben, Käufer, Bürgen (w). Die
Natur der unbeschränkten rei cohaerentes bildet die bey
weitem vorherrschende Regel, die personae cohaerentes kom-
men nur in seltenen Ausnahmen vor (x). -- Ein ähnlicher

(v) Vgl. die Entwicklung dieses
Falles in Note u. Der Unterschied
beider Arten der dilatorischen Ex-
ceptionen läßt sich so ausdrücken,
daß die Anweisung: si non pa-
ret absolve
bey der einen Art
zur Anwendung kam, bey der an-
dern nicht. Dagegen der erste
Theil der Anweisung: Si paret
condemna
wurde durch beide Ar-
ten gleichmäßig beschränkt, und
darum gebührte auch beiden auf
gleiche Weise der Name Exceptio.
Daß z. B. die praejudicialis ex-
ceptio
diesen Namen wirklich führte,
kann nach Cicero de invent. II.
20, und L. 13. 16. 18 de exc.
(44. 1.) nicht bezweifelt werden.
Ganz willkührlich spricht Zim-
mern
S. 302 der zweyten Klasse
der dilatorischen Exceptionen den
Namen Exceptio ab, indem er
den in der gegenwärtigen Note
dargestellten Unterschied übersieht.
(w) L. 7 pr. § 1 de exc. (44. 1.).
-- Noch etwas verschieden davon
ist es, wenn die Proculejaner von
der exc. L. Cinciae behaupteten,
es sey dazu berechtigt "etiam qui-
vis, quasi popularis sit haec
exceptio (Fragm. Vat.
§ 266.),
also selbst ohne Rücksicht auf ein
Successionsverhältniß.
(x) Die Hauptanwendung ist
V. 12

§. 227. Exceptionen. Inhalt. Arten.
tio hatten, wie z. B. die exceptio fori oder praejudicialis.
Wenn ſich bey dieſen der Judex überzeugte, daß ſie ge-
gründet ſeyen, ſo durfte er nicht abſolviren, ſondern er
mußte ſich des Urtheils für jetzt ganz enthalten, ſo daß
dann die Klage noch immer nicht verloren war (v). Die-
ſer Unterſchied fällt ſchon im Juſtinianiſchen Recht hin-
weg, indem die zuletzt erwähnte minder gefährliche Wir-
kung nun bey allen dilatoriſchen Exceptionen eintritt.

Es werden ferner unterſchieden personae und rei co-
haerentes exceptiones,
je nachdem Derjenige allein, auf
welchen ſich die Exception urſprünglich bezog, ſie ge-
brauchen kann, oder auch Andere, die an ſeiner Stelle
verklagt werden, wie Erben, Käufer, Bürgen (w). Die
Natur der unbeſchränkten rei cohaerentes bildet die bey
weitem vorherrſchende Regel, die personae cohaerentes kom-
men nur in ſeltenen Ausnahmen vor (x). — Ein ähnlicher

(v) Vgl. die Entwicklung dieſes
Falles in Note u. Der Unterſchied
beider Arten der dilatoriſchen Ex-
ceptionen läßt ſich ſo ausdrücken,
daß die Anweiſung: si non pa-
ret absolve
bey der einen Art
zur Anwendung kam, bey der an-
dern nicht. Dagegen der erſte
Theil der Anweiſung: Si paret
condemna
wurde durch beide Ar-
ten gleichmäßig beſchränkt, und
darum gebührte auch beiden auf
gleiche Weiſe der Name Exceptio.
Daß z. B. die praejudicialis ex-
ceptio
dieſen Namen wirklich führte,
kann nach Cicero de invent. II.
20, und L. 13. 16. 18 de exc.
(44. 1.) nicht bezweifelt werden.
Ganz willkührlich ſpricht Zim-
mern
S. 302 der zweyten Klaſſe
der dilatoriſchen Exceptionen den
Namen Exceptio ab, indem er
den in der gegenwärtigen Note
dargeſtellten Unterſchied überſieht.
(w) L. 7 pr. § 1 de exc. (44. 1.).
— Noch etwas verſchieden davon
iſt es, wenn die Proculejaner von
der exc. L. Cinciae behaupteten,
es ſey dazu berechtigt „etiam qui-
vis, quasi popularis sit haec
exceptio (Fragm. Vat.
§ 266.),
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[177/0191] §. 227. Exceptionen. Inhalt. Arten. tio hatten, wie z. B. die exceptio fori oder praejudicialis. Wenn ſich bey dieſen der Judex überzeugte, daß ſie ge- gründet ſeyen, ſo durfte er nicht abſolviren, ſondern er mußte ſich des Urtheils für jetzt ganz enthalten, ſo daß dann die Klage noch immer nicht verloren war (v). Die- ſer Unterſchied fällt ſchon im Juſtinianiſchen Recht hin- weg, indem die zuletzt erwähnte minder gefährliche Wir- kung nun bey allen dilatoriſchen Exceptionen eintritt. Es werden ferner unterſchieden personae und rei co- haerentes exceptiones, je nachdem Derjenige allein, auf welchen ſich die Exception urſprünglich bezog, ſie ge- brauchen kann, oder auch Andere, die an ſeiner Stelle verklagt werden, wie Erben, Käufer, Bürgen (w). Die Natur der unbeſchränkten rei cohaerentes bildet die bey weitem vorherrſchende Regel, die personae cohaerentes kom- men nur in ſeltenen Ausnahmen vor (x). — Ein ähnlicher (v) Vgl. die Entwicklung dieſes Falles in Note u. Der Unterſchied beider Arten der dilatoriſchen Ex- ceptionen läßt ſich ſo ausdrücken, daß die Anweiſung: si non pa- ret absolve bey der einen Art zur Anwendung kam, bey der an- dern nicht. Dagegen der erſte Theil der Anweiſung: Si paret condemna wurde durch beide Ar- ten gleichmäßig beſchränkt, und darum gebührte auch beiden auf gleiche Weiſe der Name Exceptio. Daß z. B. die praejudicialis ex- ceptio dieſen Namen wirklich führte, kann nach Cicero de invent. II. 20, und L. 13. 16. 18 de exc. (44. 1.) nicht bezweifelt werden. Ganz willkührlich ſpricht Zim- mern S. 302 der zweyten Klaſſe der dilatoriſchen Exceptionen den Namen Exceptio ab, indem er den in der gegenwärtigen Note dargeſtellten Unterſchied überſieht. (w) L. 7 pr. § 1 de exc. (44. 1.). — Noch etwas verſchieden davon iſt es, wenn die Proculejaner von der exc. L. Cinciae behaupteten, es ſey dazu berechtigt „etiam qui- vis, quasi popularis sit haec exceptio (Fragm. Vat. § 266.), alſo ſelbſt ohne Rückſicht auf ein Succeſſionsverhältniß. (x) Die Hauptanwendung iſt V. 12

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/191>, abgerufen am 22.12.2024.