Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 232. Concurrenz der Klagen. (Fortsetzung.)
recht aufhöre, wenn der Kläger auf andere Weise, als
durch diese Klage, seine Befriedigung erlange. Dieses ist
nun stets der Fall, wenn eine andere, concurrirende Klage
diese Befriedigung bereits bewirkt hat. -- Zuweilen aber
wird durch den Erfolg der einen Klage das Daseyn der
concurrirenden anderen Klage noch unmittelbarer zerstört,
wenn nämlich jener Erfolg zugleich als Vernichtung des
Rechts selbst gelten kann, welches der andern Klage zum
Grund liegt. Dieser, im Wesen der Rechtsverhältnisse
gegründete, für den praktischen Erfolg nicht fühlbare, Un-
terschied wird weiter unten (§ 236) genauer erörtert werden.

Die Anwendung jenes Grundsatzes führt also darauf,
in jedem einzelnen Fall zu untersuchen, ob der schon ein-
getretene Erfolg einer Klage mit dem gesuchten Erfolg
einer andern Klage identisch ist oder nicht. Im ersten
Fall ist die zweyte Klage durch die erste absorbirt, im
zweyten Fall kann sie noch immer mit vollem Erfolg an-
gestellt werden. Nach dem bisher üblichen Sprachgebrauch
(§ 231) würde im ersten Fall eine elective, im zweyten
eine cumulative Concurrenz beider Klagen anzunehmen seyn.
Ich halte es für richtiger, den Unterschied so auszudrücken,
daß eine Concurrenz beider Klagen im ersten Fall ange-
nommen, im zweyten verneint wird.

Nun liegen aber viele Fälle zwischen jenen beiden in
der Mitte, indem der Erfolg der noch übrigen Klage mit
dem der schon benutzten Klage theilweise identisch seyn
kann. In diesen Fällen wird in der noch übrigen Klage

§. 232. Concurrenz der Klagen. (Fortſetzung.)
recht aufhöre, wenn der Kläger auf andere Weiſe, als
durch dieſe Klage, ſeine Befriedigung erlange. Dieſes iſt
nun ſtets der Fall, wenn eine andere, concurrirende Klage
dieſe Befriedigung bereits bewirkt hat. — Zuweilen aber
wird durch den Erfolg der einen Klage das Daſeyn der
concurrirenden anderen Klage noch unmittelbarer zerſtört,
wenn nämlich jener Erfolg zugleich als Vernichtung des
Rechts ſelbſt gelten kann, welches der andern Klage zum
Grund liegt. Dieſer, im Weſen der Rechtsverhältniſſe
gegründete, für den praktiſchen Erfolg nicht fühlbare, Un-
terſchied wird weiter unten (§ 236) genauer erörtert werden.

Die Anwendung jenes Grundſatzes führt alſo darauf,
in jedem einzelnen Fall zu unterſuchen, ob der ſchon ein-
getretene Erfolg einer Klage mit dem geſuchten Erfolg
einer andern Klage identiſch iſt oder nicht. Im erſten
Fall iſt die zweyte Klage durch die erſte abſorbirt, im
zweyten Fall kann ſie noch immer mit vollem Erfolg an-
geſtellt werden. Nach dem bisher üblichen Sprachgebrauch
(§ 231) würde im erſten Fall eine elective, im zweyten
eine cumulative Concurrenz beider Klagen anzunehmen ſeyn.
Ich halte es für richtiger, den Unterſchied ſo auszudrücken,
daß eine Concurrenz beider Klagen im erſten Fall ange-
nommen, im zweyten verneint wird.

Nun liegen aber viele Fälle zwiſchen jenen beiden in
der Mitte, indem der Erfolg der noch übrigen Klage mit
dem der ſchon benutzten Klage theilweiſe identiſch ſeyn
kann. In dieſen Fällen wird in der noch übrigen Klage

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0229" n="215"/><fw place="top" type="header">§. 232. Concurrenz der Klagen. (Fort&#x017F;etzung.)</fw><lb/>
recht aufhöre, wenn der Kläger auf andere Wei&#x017F;e, als<lb/>
durch die&#x017F;e Klage, &#x017F;eine Befriedigung erlange. Die&#x017F;es i&#x017F;t<lb/>
nun &#x017F;tets der Fall, wenn eine andere, concurrirende Klage<lb/>
die&#x017F;e Befriedigung bereits bewirkt hat. &#x2014; Zuweilen aber<lb/>
wird durch den Erfolg der einen Klage das Da&#x017F;eyn der<lb/>
concurrirenden anderen Klage noch unmittelbarer zer&#x017F;tört,<lb/>
wenn nämlich jener Erfolg zugleich als Vernichtung des<lb/>
Rechts &#x017F;elb&#x017F;t gelten kann, welches der andern Klage zum<lb/>
Grund liegt. Die&#x017F;er, im We&#x017F;en der Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
gegründete, für den prakti&#x017F;chen Erfolg nicht fühlbare, Un-<lb/>
ter&#x017F;chied wird weiter unten (§ 236) genauer erörtert werden.</p><lb/>
            <p>Die Anwendung jenes Grund&#x017F;atzes führt al&#x017F;o darauf,<lb/>
in jedem einzelnen Fall zu unter&#x017F;uchen, ob der &#x017F;chon ein-<lb/>
getretene Erfolg einer Klage mit dem ge&#x017F;uchten Erfolg<lb/>
einer andern Klage identi&#x017F;ch i&#x017F;t oder nicht. Im er&#x017F;ten<lb/>
Fall i&#x017F;t die zweyte Klage durch die er&#x017F;te ab&#x017F;orbirt, im<lb/>
zweyten Fall kann &#x017F;ie noch immer mit vollem Erfolg an-<lb/>
ge&#x017F;tellt werden. Nach dem bisher üblichen Sprachgebrauch<lb/>
(§ 231) würde im er&#x017F;ten Fall eine elective, im zweyten<lb/>
eine cumulative Concurrenz beider Klagen anzunehmen &#x017F;eyn.<lb/>
Ich halte es für richtiger, den Unter&#x017F;chied &#x017F;o auszudrücken,<lb/>
daß eine Concurrenz beider Klagen im er&#x017F;ten Fall ange-<lb/>
nommen, im zweyten verneint wird.</p><lb/>
            <p>Nun liegen aber viele Fälle zwi&#x017F;chen jenen beiden in<lb/>
der Mitte, indem der Erfolg der noch übrigen Klage mit<lb/>
dem der &#x017F;chon benutzten Klage <hi rendition="#g">theilwei&#x017F;e</hi> identi&#x017F;ch &#x017F;eyn<lb/>
kann. In die&#x017F;en Fällen wird in der noch übrigen Klage<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0229] §. 232. Concurrenz der Klagen. (Fortſetzung.) recht aufhöre, wenn der Kläger auf andere Weiſe, als durch dieſe Klage, ſeine Befriedigung erlange. Dieſes iſt nun ſtets der Fall, wenn eine andere, concurrirende Klage dieſe Befriedigung bereits bewirkt hat. — Zuweilen aber wird durch den Erfolg der einen Klage das Daſeyn der concurrirenden anderen Klage noch unmittelbarer zerſtört, wenn nämlich jener Erfolg zugleich als Vernichtung des Rechts ſelbſt gelten kann, welches der andern Klage zum Grund liegt. Dieſer, im Weſen der Rechtsverhältniſſe gegründete, für den praktiſchen Erfolg nicht fühlbare, Un- terſchied wird weiter unten (§ 236) genauer erörtert werden. Die Anwendung jenes Grundſatzes führt alſo darauf, in jedem einzelnen Fall zu unterſuchen, ob der ſchon ein- getretene Erfolg einer Klage mit dem geſuchten Erfolg einer andern Klage identiſch iſt oder nicht. Im erſten Fall iſt die zweyte Klage durch die erſte abſorbirt, im zweyten Fall kann ſie noch immer mit vollem Erfolg an- geſtellt werden. Nach dem bisher üblichen Sprachgebrauch (§ 231) würde im erſten Fall eine elective, im zweyten eine cumulative Concurrenz beider Klagen anzunehmen ſeyn. Ich halte es für richtiger, den Unterſchied ſo auszudrücken, daß eine Concurrenz beider Klagen im erſten Fall ange- nommen, im zweyten verneint wird. Nun liegen aber viele Fälle zwiſchen jenen beiden in der Mitte, indem der Erfolg der noch übrigen Klage mit dem der ſchon benutzten Klage theilweiſe identiſch ſeyn kann. In dieſen Fällen wird in der noch übrigen Klage

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/229
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/229>, abgerufen am 22.12.2024.