Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
aliena possidere, und noch deutlicher in denen des zwey-
ten: in nulla temporis parte rei habeat conscientiam
alienae.

So weit ist kein Streit. Die fernere Frage aber
ist die, auf welche Rechtsinstitute die zweyte Abweichung
bezogen werden soll: ob blos auf die Usucapion, oder auch
auf die Klagverjährungen. Nimmt man die erste Mey-
nung an, so beschränkt man die Neuerung auf den so eben
angegebenen Inhalt. Nach der zweyten Meynung würde
eine fernere Neuerung darin bestehen, daß die bona fides
auch für die Klagverjährung erfordert würde, worin sie
dem Römischen Recht fremd ist, und hier natürlich auch
in derselben strengeren Gestalt, welche für die Usucapion
unzweifelhaft vorgeschrieben ist.

Der leichteren Übersicht wegen habe ich vorläufig nur
zwey entgegengesetzte Meynungen erwähnt; in der That
aber hat sich der Widerstreit in folgenden Vier Stufen
ausgebildet:

1) Jene Decretalen beziehen sich nur allein auf die Usu-
capion (g);
2) Sie beziehen sich außerdem auch auf die Verjäh-
rung der in rem actiones, weiter nicht (h);
3) Außerdem auch auf persönliche Klagen, jedoch nur
wenn diese auf Restitution einer unrechtmäßig besessenen
(g) Vertheidiger dieser Mey-
nung: Boden de praescriptione
ex solo temporis lapsu proce-
dente Halae
1750 § 13 --22.
Seuffert Erörterungen Abth. 1
S. 134. Kierulff S. 206--209.
(h) Vertheidiger dieser Mey-
nung: Giphanius p. 255. 256.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
aliena possidere, und noch deutlicher in denen des zwey-
ten: in nulla temporis parte rei habeat conscientiam
alienae.

So weit iſt kein Streit. Die fernere Frage aber
iſt die, auf welche Rechtsinſtitute die zweyte Abweichung
bezogen werden ſoll: ob blos auf die Uſucapion, oder auch
auf die Klagverjährungen. Nimmt man die erſte Mey-
nung an, ſo beſchränkt man die Neuerung auf den ſo eben
angegebenen Inhalt. Nach der zweyten Meynung würde
eine fernere Neuerung darin beſtehen, daß die bona fides
auch für die Klagverjährung erfordert würde, worin ſie
dem Römiſchen Recht fremd iſt, und hier natürlich auch
in derſelben ſtrengeren Geſtalt, welche für die Uſucapion
unzweifelhaft vorgeſchrieben iſt.

Der leichteren Überſicht wegen habe ich vorläufig nur
zwey entgegengeſetzte Meynungen erwähnt; in der That
aber hat ſich der Widerſtreit in folgenden Vier Stufen
ausgebildet:

1) Jene Decretalen beziehen ſich nur allein auf die Uſu-
capion (g);
2) Sie beziehen ſich außerdem auch auf die Verjäh-
rung der in rem actiones, weiter nicht (h);
3) Außerdem auch auf perſönliche Klagen, jedoch nur
wenn dieſe auf Reſtitution einer unrechtmäßig beſeſſenen
(g) Vertheidiger dieſer Mey-
nung: Boden de praescriptione
ex solo temporis lapsu proce-
dente Halae
1750 § 13 —22.
Seuffert Erörterungen Abth. 1
S. 134. Kierulff S. 206—209.
(h) Vertheidiger dieſer Mey-
nung: Giphanius p. 255. 256.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0344" n="330"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/><hi rendition="#aq">aliena possidere,</hi> und noch deutlicher in denen des zwey-<lb/>
ten: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">in nulla temporis parte</hi> rei habeat conscientiam<lb/>
alienae.</hi></p><lb/>
            <p>So weit i&#x017F;t kein Streit. Die fernere Frage aber<lb/>
i&#x017F;t die, auf welche Rechtsin&#x017F;titute die zweyte Abweichung<lb/>
bezogen werden &#x017F;oll: ob blos auf die U&#x017F;ucapion, oder auch<lb/>
auf die Klagverjährungen. Nimmt man die er&#x017F;te Mey-<lb/>
nung an, &#x017F;o be&#x017F;chränkt man die Neuerung auf den &#x017F;o eben<lb/>
angegebenen Inhalt. Nach der zweyten Meynung würde<lb/>
eine fernere Neuerung darin be&#x017F;tehen, daß die <hi rendition="#aq">bona fides</hi><lb/>
auch für die Klagverjährung erfordert würde, worin &#x017F;ie<lb/>
dem Römi&#x017F;chen Recht fremd i&#x017F;t, und hier natürlich auch<lb/>
in der&#x017F;elben &#x017F;trengeren Ge&#x017F;talt, welche für die U&#x017F;ucapion<lb/>
unzweifelhaft vorge&#x017F;chrieben i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Der leichteren Über&#x017F;icht wegen habe ich vorläufig nur<lb/>
zwey entgegenge&#x017F;etzte Meynungen erwähnt; in der That<lb/>
aber hat &#x017F;ich der Wider&#x017F;treit in folgenden Vier Stufen<lb/>
ausgebildet:</p><lb/>
            <list>
              <item>1) Jene Decretalen beziehen &#x017F;ich nur allein auf die U&#x017F;u-<lb/>
capion <note place="foot" n="(g)">Vertheidiger die&#x017F;er Mey-<lb/>
nung: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Boden</hi> de praescriptione<lb/>
ex solo temporis lapsu proce-<lb/>
dente Halae</hi> 1750 § 13 &#x2014;22.<lb/><hi rendition="#g">Seuffert</hi> Erörterungen Abth. 1<lb/>
S. 134. <hi rendition="#g">Kierulff</hi> S. 206&#x2014;209.</note>;</item><lb/>
              <item>2) Sie beziehen &#x017F;ich außerdem auch auf die Verjäh-<lb/>
rung der <hi rendition="#aq">in rem actiones,</hi> weiter nicht <note place="foot" n="(h)">Vertheidiger die&#x017F;er Mey-<lb/>
nung: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Giphanius</hi> p.</hi> 255. 256.</note>;</item><lb/>
              <item>3) Außerdem auch auf per&#x017F;önliche Klagen, jedoch nur<lb/>
wenn die&#x017F;e auf Re&#x017F;titution einer unrechtmäßig be&#x017F;e&#x017F;&#x017F;enen<lb/></item>
            </list>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[330/0344] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. aliena possidere, und noch deutlicher in denen des zwey- ten: in nulla temporis parte rei habeat conscientiam alienae. So weit iſt kein Streit. Die fernere Frage aber iſt die, auf welche Rechtsinſtitute die zweyte Abweichung bezogen werden ſoll: ob blos auf die Uſucapion, oder auch auf die Klagverjährungen. Nimmt man die erſte Mey- nung an, ſo beſchränkt man die Neuerung auf den ſo eben angegebenen Inhalt. Nach der zweyten Meynung würde eine fernere Neuerung darin beſtehen, daß die bona fides auch für die Klagverjährung erfordert würde, worin ſie dem Römiſchen Recht fremd iſt, und hier natürlich auch in derſelben ſtrengeren Geſtalt, welche für die Uſucapion unzweifelhaft vorgeſchrieben iſt. Der leichteren Überſicht wegen habe ich vorläufig nur zwey entgegengeſetzte Meynungen erwähnt; in der That aber hat ſich der Widerſtreit in folgenden Vier Stufen ausgebildet: 1) Jene Decretalen beziehen ſich nur allein auf die Uſu- capion (g); 2) Sie beziehen ſich außerdem auch auf die Verjäh- rung der in rem actiones, weiter nicht (h); 3) Außerdem auch auf perſönliche Klagen, jedoch nur wenn dieſe auf Reſtitution einer unrechtmäßig beſeſſenen (g) Vertheidiger dieſer Mey- nung: Boden de praescriptione ex solo temporis lapsu proce- dente Halae 1750 § 13 —22. Seuffert Erörterungen Abth. 1 S. 134. Kierulff S. 206—209. (h) Vertheidiger dieſer Mey- nung: Giphanius p. 255. 256.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/344
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/344>, abgerufen am 23.12.2024.