Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.§. 211. Pönalklagen. (Fortsetzung.) liegt darin, daß das Criminalrecht nur mit dem natür-lichen, individuellen Menschen zu thun hat (§ 94), nicht mit dem Vermögensbeherrscher, auf welche lezte Eigen- schaft allein das Verhältniß des Erben sich bezieht. Nicht wesentlich verschieden ist aber der Fall der fiscalischen Geldstrafe, denn obgleich diese auf das Vermögen gerich- tet ist, so dient doch das Vermögen hier nur als Straf- mittel, dessen Verschiedenheit von den vorher erwähnten Strafmitteln eine untergeordnete Natur hat. Endlich ist aber auch die Römische Privatstrafe von der fiscalischen Geldstrafe, ihrem Wesen nach, nicht verschieden; der Staat hat es hier dem Verlezten überlassen, die Geldstrafe ein- zuziehen und zu behalten. Das Wesen der Strafe bleibt in allen diesen Fällen ganz dasselbe, denn der nächste Zweck geht immer dahin, daß den Ungerechten ein Übel treffe (i), worin auch dieses Übel bestehen möge. Und dar- um ist es, in allen diesen Fällen, der wahren Natur der Strafe gleich widersprechend, wenn das Übel einem An- dern als dem Verbrecher zugefügt wird, zum Beyspiel dem Erben desselben, der als solcher zu dem begangenen Un- recht in gar keinem Verhältniß steht. Hierdurch aber er- scheint die Römische Regel, nach welcher die eigentlichen Strafen unvererblich sind (Note d), völlig gerechtfertigt. Ganz anders verhält es sich mit der Entschädigung. (i) In diesem nächsten Zweck stimmen Alle überein, wie verschie- den sie auch den entfernteren Zweck auffassen mögen, nämlich bald als Vergeltung (§ 9. b), bald als Ab- schreckung, als Prävention, oder als Besserung. V. 4
§. 211. Pönalklagen. (Fortſetzung.) liegt darin, daß das Criminalrecht nur mit dem natür-lichen, individuellen Menſchen zu thun hat (§ 94), nicht mit dem Vermögensbeherrſcher, auf welche lezte Eigen- ſchaft allein das Verhältniß des Erben ſich bezieht. Nicht weſentlich verſchieden iſt aber der Fall der fiscaliſchen Geldſtrafe, denn obgleich dieſe auf das Vermögen gerich- tet iſt, ſo dient doch das Vermögen hier nur als Straf- mittel, deſſen Verſchiedenheit von den vorher erwähnten Strafmitteln eine untergeordnete Natur hat. Endlich iſt aber auch die Römiſche Privatſtrafe von der fiscaliſchen Geldſtrafe, ihrem Weſen nach, nicht verſchieden; der Staat hat es hier dem Verlezten überlaſſen, die Geldſtrafe ein- zuziehen und zu behalten. Das Weſen der Strafe bleibt in allen dieſen Fällen ganz daſſelbe, denn der nächſte Zweck geht immer dahin, daß den Ungerechten ein Übel treffe (i), worin auch dieſes Übel beſtehen möge. Und dar- um iſt es, in allen dieſen Fällen, der wahren Natur der Strafe gleich widerſprechend, wenn das Übel einem An- dern als dem Verbrecher zugefügt wird, zum Beyſpiel dem Erben deſſelben, der als ſolcher zu dem begangenen Un- recht in gar keinem Verhältniß ſteht. Hierdurch aber er- ſcheint die Römiſche Regel, nach welcher die eigentlichen Strafen unvererblich ſind (Note d), völlig gerechtfertigt. Ganz anders verhält es ſich mit der Entſchädigung. (i) In dieſem nächſten Zweck ſtimmen Alle überein, wie verſchie- den ſie auch den entfernteren Zweck auffaſſen mögen, nämlich bald als Vergeltung (§ 9. b), bald als Ab- ſchreckung, als Prävention, oder als Beſſerung. V. 4
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§. 211. Pönalklagen. (Fortſetzung.)
liegt darin, daß das Criminalrecht nur mit dem natür-
lichen, individuellen Menſchen zu thun hat (§ 94), nicht
mit dem Vermögensbeherrſcher, auf welche lezte Eigen-
ſchaft allein das Verhältniß des Erben ſich bezieht. Nicht
weſentlich verſchieden iſt aber der Fall der fiscaliſchen
Geldſtrafe, denn obgleich dieſe auf das Vermögen gerich-
tet iſt, ſo dient doch das Vermögen hier nur als Straf-
mittel, deſſen Verſchiedenheit von den vorher erwähnten
Strafmitteln eine untergeordnete Natur hat. Endlich iſt
aber auch die Römiſche Privatſtrafe von der fiscaliſchen
Geldſtrafe, ihrem Weſen nach, nicht verſchieden; der Staat
hat es hier dem Verlezten überlaſſen, die Geldſtrafe ein-
zuziehen und zu behalten. Das Weſen der Strafe bleibt
in allen dieſen Fällen ganz daſſelbe, denn der nächſte
Zweck geht immer dahin, daß den Ungerechten ein Übel
treffe (i), worin auch dieſes Übel beſtehen möge. Und dar-
um iſt es, in allen dieſen Fällen, der wahren Natur der
Strafe gleich widerſprechend, wenn das Übel einem An-
dern als dem Verbrecher zugefügt wird, zum Beyſpiel dem
Erben deſſelben, der als ſolcher zu dem begangenen Un-
recht in gar keinem Verhältniß ſteht. Hierdurch aber er-
ſcheint die Römiſche Regel, nach welcher die eigentlichen
Strafen unvererblich ſind (Note d), völlig gerechtfertigt.
Ganz anders verhält es ſich mit der Entſchädigung.
(i) In dieſem nächſten Zweck
ſtimmen Alle überein, wie verſchie-
den ſie auch den entfernteren Zweck
auffaſſen mögen, nämlich bald als
Vergeltung (§ 9. b), bald als Ab-
ſchreckung, als Prävention, oder
als Beſſerung.
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