Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.§. 215. Directae, utiles actiones. Certa, incerta formula. dann dieselbe Klage in Anwendung auf diejenigen Fälle,wofür sie schon ursprünglich gelten sollte, directa oder auch vulgaris (b). Es geschah aber eine solche Ausdeh- nung besonders unter der Form von Fictionen, so daß man fingirte, ein Kläger, der eigentlich nicht Erbe oder Eigenthümer war, sey Erbe oder Eigenthümer, und könne deswegen mit demselben Erfolg klagen, wie es der wirk- liche Eigenthümer ohnehin konnte (c). Daher ist denn utilis actio, der ursprünglichen Bedeutung nach, so viel als fictitia, und diese gleiche Bedeutung beider Ausdrücke wird durch folgende Zeugnisse außer Zweifel gesezt. Ga- jus bezeichnet die auf Fiction gegründeten Klagen einmal als den Gegensatz der directae (d), in einer anderen Stelle ganz unmittelbar als utiles (e). Ferner wurden die zu (b) Der Ausdruck vulgaris steht in L. 46 de her. inst. (28. 5.). -- Unrichtig haben diesen Begriff Manche so gedacht, als hätte jede solche Klage eine ganz eigenthüm- liche Formel im Edict gehabt. Der wesentliche Theil der Formel (die intentio) war für sehr viele Klagen völlig gleichlautend (dare opor- tere, dare facere oportere ex fide bona u. s. w.). Das Eigen- thümliche der vulgares actiones bestand vielmehr nur darin, daß in der demonstratio der technische Nahme eines bekannten Rechtsge- schäfts gebraucht wurde, z. B. Quod Agerius fundum vendidit, men- sam deposuit u. s w. Dadurch war die Klage als venditi oder depositi actio inviduell bezeichnet. (c) Gajus IV. § 34--38. "ficto se herede agit" ... "fingitur rem usucepisse" ... "civitas ei Romana fingitur" ... "fingimus adversarium nostrum capite de- minutum non esse." -- Wie in den einzelnen Fällen die Fiction in der Intentio ausgedrückt wurde, zeigen die §§ 36. 37 an mehreren Beyspielen. (d) Gajus IV. § 34 "non ha- bet directas actiones ... itaque ficto se herede intendit." (e) Gajus IV. § 38 "introduc-
ta est contra cum eamve actio utilis, rescissa capitis deminu- tione, id est in qua fingitur capite deminutus deminutave non esse." §. 215. Directae, utiles actiones. Certa, incerta formula. dann dieſelbe Klage in Anwendung auf diejenigen Fälle,wofür ſie ſchon urſprünglich gelten ſollte, directa oder auch vulgaris (b). Es geſchah aber eine ſolche Ausdeh- nung beſonders unter der Form von Fictionen, ſo daß man fingirte, ein Kläger, der eigentlich nicht Erbe oder Eigenthümer war, ſey Erbe oder Eigenthümer, und könne deswegen mit demſelben Erfolg klagen, wie es der wirk- liche Eigenthümer ohnehin konnte (c). Daher iſt denn utilis actio, der urſprünglichen Bedeutung nach, ſo viel als fictitia, und dieſe gleiche Bedeutung beider Ausdrücke wird durch folgende Zeugniſſe außer Zweifel geſezt. Ga- jus bezeichnet die auf Fiction gegründeten Klagen einmal als den Gegenſatz der directae (d), in einer anderen Stelle ganz unmittelbar als utiles (e). Ferner wurden die zu (b) Der Ausdruck vulgaris ſteht in L. 46 de her. inst. (28. 5.). — Unrichtig haben dieſen Begriff Manche ſo gedacht, als hätte jede ſolche Klage eine ganz eigenthüm- liche Formel im Edict gehabt. Der weſentliche Theil der Formel (die intentio) war für ſehr viele Klagen völlig gleichlautend (dare opor- tere, dare facere oportere ex fide bona u. ſ. w.). Das Eigen- thümliche der vulgares actiones beſtand vielmehr nur darin, daß in der demonstratio der techniſche Nahme eines bekannten Rechtsge- ſchäfts gebraucht wurde, z. B. Quod Agerius fundum vendidit, men- sam deposuit u. ſ w. Dadurch war die Klage als venditi oder depositi actio inviduell bezeichnet. (c) Gajus IV. § 34—38. „ficto se herede agit” … „fingitur rem usucepisse” … „civitas ei Romana fingitur” … „fingimus adversarium nostrum capite de- minutum non esse.” — Wie in den einzelnen Fällen die Fiction in der Intentio ausgedrückt wurde, zeigen die §§ 36. 37 an mehreren Beyſpielen. (d) Gajus IV. § 34 „non ha- bet directas actiones … itaque ficto se herede intendit.” (e) Gajus IV. § 38 „introduc-
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§. 215. Directae, utiles actiones. Certa, incerta formula.
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wofür ſie ſchon urſprünglich gelten ſollte, directa oder
auch vulgaris (b). Es geſchah aber eine ſolche Ausdeh-
nung beſonders unter der Form von Fictionen, ſo daß
man fingirte, ein Kläger, der eigentlich nicht Erbe oder
Eigenthümer war, ſey Erbe oder Eigenthümer, und könne
deswegen mit demſelben Erfolg klagen, wie es der wirk-
liche Eigenthümer ohnehin konnte (c). Daher iſt denn
utilis actio, der urſprünglichen Bedeutung nach, ſo viel
als fictitia, und dieſe gleiche Bedeutung beider Ausdrücke
wird durch folgende Zeugniſſe außer Zweifel geſezt. Ga-
jus bezeichnet die auf Fiction gegründeten Klagen einmal
als den Gegenſatz der directae (d), in einer anderen Stelle
ganz unmittelbar als utiles (e). Ferner wurden die zu
(b) Der Ausdruck vulgaris ſteht
in L. 46 de her. inst. (28. 5.).
— Unrichtig haben dieſen Begriff
Manche ſo gedacht, als hätte jede
ſolche Klage eine ganz eigenthüm-
liche Formel im Edict gehabt. Der
weſentliche Theil der Formel (die
intentio) war für ſehr viele Klagen
völlig gleichlautend (dare opor-
tere, dare facere oportere ex
fide bona u. ſ. w.). Das Eigen-
thümliche der vulgares actiones
beſtand vielmehr nur darin, daß
in der demonstratio der techniſche
Nahme eines bekannten Rechtsge-
ſchäfts gebraucht wurde, z. B. Quod
Agerius fundum vendidit, men-
sam deposuit u. ſ w. Dadurch
war die Klage als venditi oder
depositi actio inviduell bezeichnet.
(c) Gajus IV. § 34—38. „ficto
se herede agit” … „fingitur
rem usucepisse” … „civitas ei
Romana fingitur” … „fingimus
adversarium nostrum capite de-
minutum non esse.” — Wie in
den einzelnen Fällen die Fiction
in der Intentio ausgedrückt wurde,
zeigen die §§ 36. 37 an mehreren
Beyſpielen.
(d) Gajus IV. § 34 „non ha-
bet directas actiones … itaque
ficto se herede intendit.”
(e) Gajus IV. § 38 „introduc-
ta est contra cum eamve actio
utilis, rescissa capitis deminu-
tione, id est in qua fingitur
capite deminutus deminutave
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