Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.§. 216. In jus, in factum conceptae formulae. da der ganze mögliche Inhalt einer solchen schon in dieIntentio selbst verschmolzen war (c). Eine solche Intentio war stets certa, da jederzeit bestimmte Thatsachen behauptet werden mußten, hierin also Nichts dem freyen Ermessen des Judex überlassen blieb. Die Condemnatio dagegen war dabey bald certa, bald incerta (d). Dieser Gegensatz der Klagen fällt nun zunächst zusam- (c) Es würde ganz unrichtig seyn, einer solchen Formel, wegen des factischen Ausdrucks, eine bloße Demonstratio zuzuschreiben, ohne Intentio. Denn bey Gajus IV. § 60 wird hier nicht nur der Name Intentio gebraucht, sondern auch die Möglichkeit des Plus petere behauptet, welches doch nach § 53. 58. nur in der Intentio, nie in der Demonstratio, begangen wer- den konnte. Eben so heißt in L. 1 C. si pign. conv. (8. 33.) die Hypothekarklage Intentio dati pig- noris, die doch gewiß nur eine for- mula in factum concepta hatte. Vgl. Keller Litiscontestation S. 248. 358. -- Die vorkommenden Beyspiele einer abgesonderten De- monstratio beziehen sich stets auf eine formula in jus concepta. Gajus IV. § 40. 47. 136. 137. (d) Certa condemnatio hatte die Klage des Patrons wegen der respectswidrigen in jus vo- catio, nämlich nach Gajus IV. § 46. auf 10000 Sesterze, nach dem Justinianischen Recht auf 5000. § 3 J. de poena tem. (4. 16.), L. 12. 24. 25 de in j. voc. (2. 4.); wahrscheinlich ist es bey Ga- jus bloßer Schreibfehler. -- Eben so die Klage de albo corrupto auf 500 aurei. L. 7 pr. de ju- risd. (2. 1.). -- Dagegen ha- ben die meisten anderen formulae in factum conceptae eine in- certa Condemnatio. So die bey Gajus IV. § 46 angeführte Bey- spiele, verglichen mit L. 2 § 1 si quis in jus voc. (2. 5.), und mit L. 5 § 1 ne quis eum (2. 7.) (e) Möglich, aber nicht noth-
wendig, da bey ihnen eben sowohl eine factische Fassung gerechtfer- tigt war, wenn man eine solche räthlich fand; daß sie in der That auch vorkam, wird sogleich bemerkt werden. §. 216. In jus, in factum conceptae formulae. da der ganze mögliche Inhalt einer ſolchen ſchon in dieIntentio ſelbſt verſchmolzen war (c). Eine ſolche Intentio war ſtets certa, da jederzeit beſtimmte Thatſachen behauptet werden mußten, hierin alſo Nichts dem freyen Ermeſſen des Judex überlaſſen blieb. Die Condemnatio dagegen war dabey bald certa, bald incerta (d). Dieſer Gegenſatz der Klagen fällt nun zunächſt zuſam- (c) Es würde ganz unrichtig ſeyn, einer ſolchen Formel, wegen des factiſchen Ausdrucks, eine bloße Demonstratio zuzuſchreiben, ohne Intentio. Denn bey Gajus IV. § 60 wird hier nicht nur der Name Intentio gebraucht, ſondern auch die Möglichkeit des Plus petere behauptet, welches doch nach § 53. 58. nur in der Intentio, nie in der Demonstratio, begangen wer- den konnte. Eben ſo heißt in L. 1 C. si pign. conv. (8. 33.) die Hypothekarklage Intentio dati pig- noris, die doch gewiß nur eine for- mula in factum concepta hatte. Vgl. Keller Litisconteſtation S. 248. 358. — Die vorkommenden Beyſpiele einer abgeſonderten De- monstratio beziehen ſich ſtets auf eine formula in jus concepta. Gajus IV. § 40. 47. 136. 137. (d) Certa condemnatio hatte die Klage des Patrons wegen der reſpectswidrigen in jus vo- catio, nämlich nach Gajus IV. § 46. auf 10000 Seſterze, nach dem Juſtinianiſchen Recht auf 5000. § 3 J. de poena tem. (4. 16.), L. 12. 24. 25 de in j. voc. (2. 4.); wahrſcheinlich iſt es bey Ga- jus bloßer Schreibfehler. — Eben ſo die Klage de albo corrupto auf 500 aurei. L. 7 pr. de ju- risd. (2. 1.). — Dagegen ha- ben die meiſten anderen formulae in factum conceptae eine in- certa Condemnatio. So die bey Gajus IV. § 46 angeführte Bey- ſpiele, verglichen mit L. 2 § 1 si quis in jus voc. (2. 5.), und mit L. 5 § 1 ne quis eum (2. 7.) (e) Möglich, aber nicht noth-
wendig, da bey ihnen eben ſowohl eine factiſche Faſſung gerechtfer- tigt war, wenn man eine ſolche räthlich fand; daß ſie in der That auch vorkam, wird ſogleich bemerkt werden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0093" n="79"/><fw place="top" type="header">§. 216. <hi rendition="#aq">In jus, in factum conceptae formulae.</hi></fw><lb/> da der ganze mögliche Inhalt einer ſolchen ſchon in die<lb/><hi rendition="#aq">Intentio</hi> ſelbſt verſchmolzen war <note place="foot" n="(c)">Es würde ganz unrichtig<lb/> ſeyn, einer ſolchen Formel, wegen<lb/> des factiſchen Ausdrucks, eine bloße<lb/><hi rendition="#aq">Demonstratio</hi> zuzuſchreiben, ohne<lb/><hi rendition="#aq">Intentio.</hi> Denn bey <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> IV.</hi><lb/> § 60 wird hier nicht nur der Name<lb/><hi rendition="#aq">Intentio</hi> gebraucht, ſondern auch<lb/> die Möglichkeit des <hi rendition="#aq">Plus petere</hi><lb/> behauptet, welches doch nach § 53.<lb/> 58. nur in der <hi rendition="#aq">Intentio,</hi> nie in<lb/> der <hi rendition="#aq">Demonstratio,</hi> begangen wer-<lb/> den konnte. Eben ſo heißt in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi><lb/> 1 <hi rendition="#i">C. si pign. conv.</hi></hi> (8. 33.) die<lb/> Hypothekarklage <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Intentio</hi> dati pig-<lb/> noris,</hi> die doch gewiß nur eine <hi rendition="#aq">for-<lb/> mula in factum concepta</hi> hatte.<lb/> Vgl. <hi rendition="#g">Keller</hi> Litisconteſtation S.<lb/> 248. 358. — Die vorkommenden<lb/> Beyſpiele einer abgeſonderten <hi rendition="#aq">De-<lb/> monstratio</hi> beziehen ſich ſtets auf<lb/> eine <hi rendition="#aq">formula in jus concepta.<lb/><hi rendition="#k">Gajus</hi> IV.</hi> § 40. 47. 136. 137.</note>. Eine ſolche <hi rendition="#aq">Intentio</hi><lb/> war ſtets <hi rendition="#aq">certa,</hi> da jederzeit beſtimmte Thatſachen behauptet<lb/> werden mußten, hierin alſo Nichts dem freyen Ermeſſen<lb/> des Judex überlaſſen blieb. Die <hi rendition="#aq">Condemnatio</hi> dagegen<lb/> war dabey bald <hi rendition="#aq">certa,</hi> bald <hi rendition="#aq">incerta</hi> <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq">Certa condemnatio</hi> hatte<lb/> die Klage des Patrons wegen<lb/> der reſpectswidrigen in <hi rendition="#aq">jus vo-<lb/> catio,</hi> nämlich nach <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> IV.</hi><lb/> § 46. auf 10000 Seſterze, nach dem<lb/> Juſtinianiſchen Recht auf 5000.<lb/> § 3 <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">J. de poena tem.</hi> (4. 16.),<lb/><hi rendition="#i">L.</hi> 12. 24. 25 <hi rendition="#i">de in j. voc.</hi></hi> (2.<lb/> 4.); wahrſcheinlich iſt es bey Ga-<lb/> jus bloßer Schreibfehler. — Eben<lb/> ſo die Klage <hi rendition="#aq">de albo corrupto</hi><lb/> auf 500 <hi rendition="#aq">aurei. <hi rendition="#i">L.</hi> 7 <hi rendition="#i">pr. de ju-<lb/> risd.</hi></hi> (2. 1.). — Dagegen ha-<lb/> ben die meiſten anderen <hi rendition="#aq">formulae<lb/> in factum conceptae</hi> eine <hi rendition="#aq">in-<lb/> certa Condemnatio.</hi> So die bey<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> IV.</hi> § 46 angeführte Bey-<lb/> ſpiele, verglichen mit <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2 § 1 <hi rendition="#i">si<lb/> quis in jus voc.</hi></hi> (2. 5.), und mit<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 5 § 1 <hi rendition="#i">ne quis eum</hi></hi> (2. 7.)</note>.</p><lb/> <p>Dieſer Gegenſatz der Klagen fällt nun zunächſt zuſam-<lb/> men mit dem Gegenſatz der civilen und prätoriſchen Kla-<lb/> gen. Denn bey den civilen Klagen war ſtets eine <hi rendition="#aq">juris<lb/> civilis Intentio</hi> <hi rendition="#g">möglich</hi> <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#g">Möglich</hi>, aber nicht noth-<lb/> wendig, da bey ihnen eben ſowohl<lb/> eine factiſche Faſſung gerechtfer-<lb/> tigt war, wenn man eine ſolche<lb/> räthlich fand; daß ſie in der That<lb/> auch vorkam, wird ſogleich bemerkt<lb/> werden.</note>, ſo daß die <hi rendition="#aq">Intentio</hi> ſtets <hi rendition="#aq">in<lb/> jus</hi> concipirt werden <hi rendition="#g">konnte</hi>. Bey den prätoriſchen Kla-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [79/0093]
§. 216. In jus, in factum conceptae formulae.
da der ganze mögliche Inhalt einer ſolchen ſchon in die
Intentio ſelbſt verſchmolzen war (c). Eine ſolche Intentio
war ſtets certa, da jederzeit beſtimmte Thatſachen behauptet
werden mußten, hierin alſo Nichts dem freyen Ermeſſen
des Judex überlaſſen blieb. Die Condemnatio dagegen
war dabey bald certa, bald incerta (d).
Dieſer Gegenſatz der Klagen fällt nun zunächſt zuſam-
men mit dem Gegenſatz der civilen und prätoriſchen Kla-
gen. Denn bey den civilen Klagen war ſtets eine juris
civilis Intentio möglich (e), ſo daß die Intentio ſtets in
jus concipirt werden konnte. Bey den prätoriſchen Kla-
(c) Es würde ganz unrichtig
ſeyn, einer ſolchen Formel, wegen
des factiſchen Ausdrucks, eine bloße
Demonstratio zuzuſchreiben, ohne
Intentio. Denn bey Gajus IV.
§ 60 wird hier nicht nur der Name
Intentio gebraucht, ſondern auch
die Möglichkeit des Plus petere
behauptet, welches doch nach § 53.
58. nur in der Intentio, nie in
der Demonstratio, begangen wer-
den konnte. Eben ſo heißt in L.
1 C. si pign. conv. (8. 33.) die
Hypothekarklage Intentio dati pig-
noris, die doch gewiß nur eine for-
mula in factum concepta hatte.
Vgl. Keller Litisconteſtation S.
248. 358. — Die vorkommenden
Beyſpiele einer abgeſonderten De-
monstratio beziehen ſich ſtets auf
eine formula in jus concepta.
Gajus IV. § 40. 47. 136. 137.
(d) Certa condemnatio hatte
die Klage des Patrons wegen
der reſpectswidrigen in jus vo-
catio, nämlich nach Gajus IV.
§ 46. auf 10000 Seſterze, nach dem
Juſtinianiſchen Recht auf 5000.
§ 3 J. de poena tem. (4. 16.),
L. 12. 24. 25 de in j. voc. (2.
4.); wahrſcheinlich iſt es bey Ga-
jus bloßer Schreibfehler. — Eben
ſo die Klage de albo corrupto
auf 500 aurei. L. 7 pr. de ju-
risd. (2. 1.). — Dagegen ha-
ben die meiſten anderen formulae
in factum conceptae eine in-
certa Condemnatio. So die bey
Gajus IV. § 46 angeführte Bey-
ſpiele, verglichen mit L. 2 § 1 si
quis in jus voc. (2. 5.), und mit
L. 5 § 1 ne quis eum (2. 7.)
(e) Möglich, aber nicht noth-
wendig, da bey ihnen eben ſowohl
eine factiſche Faſſung gerechtfer-
tigt war, wenn man eine ſolche
räthlich fand; daß ſie in der That
auch vorkam, wird ſogleich bemerkt
werden.
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