Kläger jede außergerichtliche Aufforderung vor dem Rechts- streit unterläßt, wird öfter vielleicht die Insinuation der Klage, weil sie eine Interpellation enthält, die Mora begrün- den können, die L. C. wird dabei seltener in Betracht kommen.
Ganz in diesem Sinn spricht Papinian bei Gelegen- heit der Fideicommisse (f). In den meisten Fällen, sagt er, wird das Fideicommiß klar und gewiß seyn, dann hat die Mora meist schon vor dem Rechtsstreit angefangen, mit der außergerichtlichen Aufforderung. Wenn aber die Gültig- keit und die Höhe des Fideicommisses zweifelhaft ist, z. B. weil der Abzug der Falcidischen Quart in Betracht kommt, dann wird die Mora wenigstens mit dem rechtskräftigen Urtheil anfangen. In dieser Uebersicht möglicher Fälle erwähnt er der L. C. gar nicht, so daß er diesen Zeitpunkt gar nicht als erheblichen Moment zur Begründung der Mora an- sieht; er erwähnt auch selbst die Anstellung der Klage nicht, ohne Zweifel indem er den in solchen Fällen gewöhnlichen Hergang, die außergerichtliche Aufforderung, voraussetzt.
Wie verbreitet also die Behauptung neuerer Schrift- steller von einem allgemeinen und nothwendigen Anfang der Mora mit der L. C. auch seyn möge, so hat sie doch weder in der Natur der hier einschlagenden Verhältnisse, noch in den Quellen des R. R. irgend einen haltbaren Grund (g). Etwas anders verhält es sich in der letzten Hinsicht mit der mala fides.
(f)L. 3 pr. de usur. (22. 1).
(g) Gewöhnlich berufen sich die Vertheidiger der aus der L. C. entspringenden Mora auf L. 82
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§. 264. Wirkung der L. C. — Umfang. Einleitung.
Kläger jede außergerichtliche Aufforderung vor dem Rechts- ſtreit unterläßt, wird öfter vielleicht die Inſinuation der Klage, weil ſie eine Interpellation enthält, die Mora begrün- den können, die L. C. wird dabei ſeltener in Betracht kommen.
Ganz in dieſem Sinn ſpricht Papinian bei Gelegen- heit der Fideicommiſſe (f). In den meiſten Fällen, ſagt er, wird das Fideicommiß klar und gewiß ſeyn, dann hat die Mora meiſt ſchon vor dem Rechtsſtreit angefangen, mit der außergerichtlichen Aufforderung. Wenn aber die Gültig- keit und die Höhe des Fideicommiſſes zweifelhaft iſt, z. B. weil der Abzug der Falcidiſchen Quart in Betracht kommt, dann wird die Mora wenigſtens mit dem rechtskräftigen Urtheil anfangen. In dieſer Ueberſicht möglicher Fälle erwähnt er der L. C. gar nicht, ſo daß er dieſen Zeitpunkt gar nicht als erheblichen Moment zur Begründung der Mora an- ſieht; er erwähnt auch ſelbſt die Anſtellung der Klage nicht, ohne Zweifel indem er den in ſolchen Fällen gewöhnlichen Hergang, die außergerichtliche Aufforderung, vorausſetzt.
Wie verbreitet alſo die Behauptung neuerer Schrift- ſteller von einem allgemeinen und nothwendigen Anfang der Mora mit der L. C. auch ſeyn möge, ſo hat ſie doch weder in der Natur der hier einſchlagenden Verhältniſſe, noch in den Quellen des R. R. irgend einen haltbaren Grund (g). Etwas anders verhält es ſich in der letzten Hinſicht mit der mala fides.
(f)L. 3 pr. de usur. (22. 1).
(g) Gewöhnlich berufen ſich die Vertheidiger der aus der L. C. entſpringenden Mora auf L. 82
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§. 264. Wirkung der L. C. — Umfang. Einleitung.
Kläger jede außergerichtliche Aufforderung vor dem Rechts-
ſtreit unterläßt, wird öfter vielleicht die Inſinuation der
Klage, weil ſie eine Interpellation enthält, die Mora begrün-
den können, die L. C. wird dabei ſeltener in Betracht kommen.
Ganz in dieſem Sinn ſpricht Papinian bei Gelegen-
heit der Fideicommiſſe (f). In den meiſten Fällen, ſagt er,
wird das Fideicommiß klar und gewiß ſeyn, dann hat die
Mora meiſt ſchon vor dem Rechtsſtreit angefangen, mit der
außergerichtlichen Aufforderung. Wenn aber die Gültig-
keit und die Höhe des Fideicommiſſes zweifelhaft iſt, z. B.
weil der Abzug der Falcidiſchen Quart in Betracht kommt,
dann wird die Mora wenigſtens mit dem rechtskräftigen Urtheil
anfangen. In dieſer Ueberſicht möglicher Fälle erwähnt er
der L. C. gar nicht, ſo daß er dieſen Zeitpunkt gar nicht
als erheblichen Moment zur Begründung der Mora an-
ſieht; er erwähnt auch ſelbſt die Anſtellung der Klage nicht,
ohne Zweifel indem er den in ſolchen Fällen gewöhnlichen
Hergang, die außergerichtliche Aufforderung, vorausſetzt.
Wie verbreitet alſo die Behauptung neuerer Schrift-
ſteller von einem allgemeinen und nothwendigen Anfang
der Mora mit der L. C. auch ſeyn möge, ſo hat ſie doch
weder in der Natur der hier einſchlagenden Verhältniſſe,
noch in den Quellen des R. R. irgend einen haltbaren
Grund (g). Etwas anders verhält es ſich in der letzten
Hinſicht mit der mala fides.
(f) L. 3 pr. de usur. (22. 1).
(g) Gewöhnlich berufen ſich die
Vertheidiger der aus der L. C.
entſpringenden Mora auf L. 82
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/101>, abgerufen am 29.11.2024.
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