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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.

Ich will es versuchen, den Widerspruch der angeführ-
ten Stellen des Ulpian mit allgemeinen Grundsätzen und
mit anderen Stellen zu lösen oder zu vermitteln.

Dazu können zunächst einige Momente dienen, die an
sich wahr, auch nicht unwichtig, aber doch für den eigent-
lichen Zweck noch nicht ausreichend sind.

Erstlich ist schon oben bemerkt worden, daß die L. C.
manche Wirkungen mit der mala fides gemein habe, und
diese Gemeinschaft in Wirkungen konnte wohl hier und da
den nicht ganz vorsichtigen Ausdruck veranlassen, als sey
mit der L. C. die mala fides wirklich verbunden. Diese
Erklärung ist wohl auf manche, bisher noch nicht berührte,
Stellen anwendbar (o); für die absoluten Aussprüche des
Ulpian reicht sie offenbar nicht aus.

Zweitens kann man eine relative mala fides als Folge
der L. C. allerdings annehmen. Selbst wenn nämlich der

ist ein directer Widerspruch nicht
vorhanden. Ulpian spricht nicht
von der speciellen Frage wegen des
zufälligen Untergangs, womit al-
lein sich hier Paulus beschäftigt.
Dagegen bezieht sich die Contro-
verse, die Paulus erwähnt, zu-
nächst nur auf die Vindication, so
daß die wörtliche Behauptung des
Ulpian über die mala fides bei
der L. C. in der hereditatis pe-
titio
von Paulus nicht berührt
wird. Indessen ist es unzweifel-
haft, daß Paulus den Ersatz für
den Zufall bei beiden Klagen von
dem redlichen Besitzer abwenden will.
(o) L. 31 § 3 de her. pet. (5. 3).
Der redliche Besitzer soll für Ver-
nachlässigungen der Sache bis zur
L. C. nicht verantwortlich seyn:
"postea vero et ipse praedo
est,"
nämlich in Beziehung auf
jene Verantwortlichkeit, so daß
praedo est hier so viel heißt als:
praedonis loco est. -- L. 45 de
rei vind.
(6. 1). -- Ganz befon-
ders aber L. 25 § 7 de her. pet.
(5. 3) in den Worten: "post mo-
tam controversiam omnes pos-
sessores pares fiunt, et quasi
praedones tenentur."
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.

Ich will es verſuchen, den Widerſpruch der angeführ-
ten Stellen des Ulpian mit allgemeinen Grundſätzen und
mit anderen Stellen zu löſen oder zu vermitteln.

Dazu können zunächſt einige Momente dienen, die an
ſich wahr, auch nicht unwichtig, aber doch für den eigent-
lichen Zweck noch nicht ausreichend ſind.

Erſtlich iſt ſchon oben bemerkt worden, daß die L. C.
manche Wirkungen mit der mala fides gemein habe, und
dieſe Gemeinſchaft in Wirkungen konnte wohl hier und da
den nicht ganz vorſichtigen Ausdruck veranlaſſen, als ſey
mit der L. C. die mala fides wirklich verbunden. Dieſe
Erklärung iſt wohl auf manche, bisher noch nicht berührte,
Stellen anwendbar (o); für die abſoluten Ausſprüche des
Ulpian reicht ſie offenbar nicht aus.

Zweitens kann man eine relative mala fides als Folge
der L. C. allerdings annehmen. Selbſt wenn nämlich der

iſt ein directer Widerſpruch nicht
vorhanden. Ulpian ſpricht nicht
von der ſpeciellen Frage wegen des
zufälligen Untergangs, womit al-
lein ſich hier Paulus beſchäftigt.
Dagegen bezieht ſich die Contro-
verſe, die Paulus erwähnt, zu-
nächſt nur auf die Vindication, ſo
daß die wörtliche Behauptung des
Ulpian über die mala fides bei
der L. C. in der hereditatis pe-
titio
von Paulus nicht berührt
wird. Indeſſen iſt es unzweifel-
haft, daß Paulus den Erſatz für
den Zufall bei beiden Klagen von
dem redlichen Beſitzer abwenden will.
(o) L. 31 § 3 de her. pet. (5. 3).
Der redliche Beſitzer ſoll für Ver-
nachläſſigungen der Sache bis zur
L. C. nicht verantwortlich ſeyn:
„postea vero et ipse praedo
est,“
nämlich in Beziehung auf
jene Verantwortlichkeit, ſo daß
praedo est hier ſo viel heißt als:
praedonis loco est. — L. 45 de
rei vind.
(6. 1). — Ganz befon-
ders aber L. 25 § 7 de her. pet.
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tam controversiam omnes pos-
sessores pares fiunt, et quasi
praedones tenentur.“
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[88/0106] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Ich will es verſuchen, den Widerſpruch der angeführ- ten Stellen des Ulpian mit allgemeinen Grundſätzen und mit anderen Stellen zu löſen oder zu vermitteln. Dazu können zunächſt einige Momente dienen, die an ſich wahr, auch nicht unwichtig, aber doch für den eigent- lichen Zweck noch nicht ausreichend ſind. Erſtlich iſt ſchon oben bemerkt worden, daß die L. C. manche Wirkungen mit der mala fides gemein habe, und dieſe Gemeinſchaft in Wirkungen konnte wohl hier und da den nicht ganz vorſichtigen Ausdruck veranlaſſen, als ſey mit der L. C. die mala fides wirklich verbunden. Dieſe Erklärung iſt wohl auf manche, bisher noch nicht berührte, Stellen anwendbar (o); für die abſoluten Ausſprüche des Ulpian reicht ſie offenbar nicht aus. Zweitens kann man eine relative mala fides als Folge der L. C. allerdings annehmen. Selbſt wenn nämlich der (n) (o) L. 31 § 3 de her. pet. (5. 3). Der redliche Beſitzer ſoll für Ver- nachläſſigungen der Sache bis zur L. C. nicht verantwortlich ſeyn: „postea vero et ipse praedo est,“ nämlich in Beziehung auf jene Verantwortlichkeit, ſo daß praedo est hier ſo viel heißt als: praedonis loco est. — L. 45 de rei vind. (6. 1). — Ganz befon- ders aber L. 25 § 7 de her. pet. (5. 3) in den Worten: „post mo- tam controversiam omnes pos- sessores pares fiunt, et quasi praedones tenentur.“ (n) iſt ein directer Widerſpruch nicht vorhanden. Ulpian ſpricht nicht von der ſpeciellen Frage wegen des zufälligen Untergangs, womit al- lein ſich hier Paulus beſchäftigt. Dagegen bezieht ſich die Contro- verſe, die Paulus erwähnt, zu- nächſt nur auf die Vindication, ſo daß die wörtliche Behauptung des Ulpian über die mala fides bei der L. C. in der hereditatis pe- titio von Paulus nicht berührt wird. Indeſſen iſt es unzweifel- haft, daß Paulus den Erſatz für den Zufall bei beiden Klagen von dem redlichen Beſitzer abwenden will.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/106>, abgerufen am 28.11.2024.