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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.

Ferner ist in der neuesten Zeit behauptet worden, ein
Ersatz für versäumte Früchte sey nur dann zu leisten, wenn
die Früchte wirklich vorhanden waren, und der Besitzer sie
einzusammeln unterließ; dagegen soll ihn kein Vorwurf
und keine Verpflichtung treffen, wenn er die Anstalten
unterläßt, ohne welche eine Entstehung der Früchte un-
möglich ist (i). Daher würde die unterlassene Erndte einen
Anspruch auf Ersatz begründen, die unterlassene Bestellung
des Feldes aber nicht.

Bei einer richtigen Anwendung unsres Princips von
der Culpa, und bei der practischen Auffassung des ganzen
Rechtsverhältnisses, muß diese Meinung gänzlich verworfen
werden. Wenn der Besitzer eines Landgutes, der voraus-
sieht, daß er in der Eigenthumsklage unterliegen werde,
obgleich diese durch mehrere Jahre hingezogen werden
kann, die Aecker unbestellt läßt, und dadurch ohne allen
Fruchtertrag bleibt, so kann man unmöglich sagen, daß
er das gethan habe, was ein diligens pater familias ge-
than hätte, so wie es doch Paulus fordert (§ 266. d).
Es wird ferner ausdrücklich gesagt, daß der unredliche
Besitzer auch verantwortlich sey wegen Unterlassung der
für die Sache nöthigen Ausgaben (k), und es wird dabei

verwerflich und finnlos, da von
einer Beurtheilung der Zukunft
gar nicht die Rede seyn kann. Nimmt
man aber die Vulgata fruitus
sit
an, die gar kein Bedenken hat,
so verschwindet selbst jener schwache
Schein völlig, und die Stelle sagt
dann wörtlich dasselbe, wie die
vorher angeführte Stelle des Co-
dex (Note g).
(i) Heimbach, Lehre von der
Frucht, S. 171 -- 178.
(k) L. 31 § 3 de her. pet.
(5. 3). "Sumtum ... si facere
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.

Ferner iſt in der neueſten Zeit behauptet worden, ein
Erſatz für verſäumte Früchte ſey nur dann zu leiſten, wenn
die Früchte wirklich vorhanden waren, und der Beſitzer ſie
einzuſammeln unterließ; dagegen ſoll ihn kein Vorwurf
und keine Verpflichtung treffen, wenn er die Anſtalten
unterläßt, ohne welche eine Entſtehung der Früchte un-
möglich iſt (i). Daher würde die unterlaſſene Erndte einen
Anſpruch auf Erſatz begründen, die unterlaſſene Beſtellung
des Feldes aber nicht.

Bei einer richtigen Anwendung unſres Princips von
der Culpa, und bei der practiſchen Auffaſſung des ganzen
Rechtsverhältniſſes, muß dieſe Meinung gänzlich verworfen
werden. Wenn der Beſitzer eines Landgutes, der voraus-
ſieht, daß er in der Eigenthumsklage unterliegen werde,
obgleich dieſe durch mehrere Jahre hingezogen werden
kann, die Aecker unbeſtellt läßt, und dadurch ohne allen
Fruchtertrag bleibt, ſo kann man unmöglich ſagen, daß
er das gethan habe, was ein diligens pater familias ge-
than hätte, ſo wie es doch Paulus fordert (§ 266. d).
Es wird ferner ausdrücklich geſagt, daß der unredliche
Beſitzer auch verantwortlich ſey wegen Unterlaſſung der
für die Sache nöthigen Ausgaben (k), und es wird dabei

verwerflich und finnlos, da von
einer Beurtheilung der Zukunft
gar nicht die Rede ſeyn kann. Nimmt
man aber die Vulgata fruitus
sit
an, die gar kein Bedenken hat,
ſo verſchwindet ſelbſt jener ſchwache
Schein völlig, und die Stelle ſagt
dann wörtlich daſſelbe, wie die
vorher angeführte Stelle des Co-
dex (Note g).
(i) Heimbach, Lehre von der
Frucht, S. 171 — 178.
(k) L. 31 § 3 de her. pet.
(5. 3). „Sumtum … si facere
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[116/0134] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Ferner iſt in der neueſten Zeit behauptet worden, ein Erſatz für verſäumte Früchte ſey nur dann zu leiſten, wenn die Früchte wirklich vorhanden waren, und der Beſitzer ſie einzuſammeln unterließ; dagegen ſoll ihn kein Vorwurf und keine Verpflichtung treffen, wenn er die Anſtalten unterläßt, ohne welche eine Entſtehung der Früchte un- möglich iſt (i). Daher würde die unterlaſſene Erndte einen Anſpruch auf Erſatz begründen, die unterlaſſene Beſtellung des Feldes aber nicht. Bei einer richtigen Anwendung unſres Princips von der Culpa, und bei der practiſchen Auffaſſung des ganzen Rechtsverhältniſſes, muß dieſe Meinung gänzlich verworfen werden. Wenn der Beſitzer eines Landgutes, der voraus- ſieht, daß er in der Eigenthumsklage unterliegen werde, obgleich dieſe durch mehrere Jahre hingezogen werden kann, die Aecker unbeſtellt läßt, und dadurch ohne allen Fruchtertrag bleibt, ſo kann man unmöglich ſagen, daß er das gethan habe, was ein diligens pater familias ge- than hätte, ſo wie es doch Paulus fordert (§ 266. d). Es wird ferner ausdrücklich geſagt, daß der unredliche Beſitzer auch verantwortlich ſey wegen Unterlaſſung der für die Sache nöthigen Ausgaben (k), und es wird dabei (h) (i) Heimbach, Lehre von der Frucht, S. 171 — 178. (k) L. 31 § 3 de her. pet. (5. 3). „Sumtum … si facere (h) verwerflich und finnlos, da von einer Beurtheilung der Zukunft gar nicht die Rede ſeyn kann. Nimmt man aber die Vulgata fruitus sit an, die gar kein Bedenken hat, ſo verſchwindet ſelbſt jener ſchwache Schein völlig, und die Stelle ſagt dann wörtlich daſſelbe, wie die vorher angeführte Stelle des Co- dex (Note g).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/134>, abgerufen am 26.11.2024.