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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
Jemand zn einem Banquier eintritt, wobei jede eingezahlte
oder erhobene Summe von dem Tage der Zahlung an
zinsbar berechnet wird. Es darf dabei nur nicht der Vor-
stellung Raum gegeben werden, als ob das Darlehn
gerade die einzige Form zinsbarer Benutzung des Geldes
wäre. Auch würde es unrichtig seyn, die aufgestellte An-
nahme nur für unseren heutigen sehr entwickelten Geld-
verkehr zuzulassen, für die Römischen Zustände aber zu
verneinen. Gerade die Römischen Juristen gehen ent-
schieden von der hier aufgestellten Voraussetzung aus, wie
sogleich gezeigt werden wird. Auch diente bei ihnen das
Institut der Argentarien zu einer besonders leichten Ver-
mittelung des Zinsgeschäftes (a).

Die hier aufgestellte Ansicht führt zu folgender Be-
handlung der Rechtsverhältnisse. Wenn der Gebrauch
irgend einer Sache eine Zeit hindurch bei Demjenigen sich
findet, dem er nicht gebührt, also einem Anderen mit Un-
recht entzogen wird, und zugleich ein Rechtsgrund vor-
handen ist, für dieses Unrecht Vergütung zu fordern, so
kommt es in jedem einzelnen Fall darauf an zu beweisen,
wie hoch sich das Interesse dieses erlittenen Unrechts belaufe,
worüber aber eine durchgreifende Regel durchaus nicht auf-
gestellt werden kann.


(a) Eine merkwürdige Aner-
kennung der hier behaupteten all-
gemeinen Sitte und Erfahrung,
auch in Beziehung auf die Zu-
stände des Alterthums, findet sich
an einem Orte, wo man es kaum
erwarten sollte, in dem Gleichniß
von dem faulen Knechte, Mat-
thäus
25, 27 und Lucas 19, 23.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Jemand zn einem Banquier eintritt, wobei jede eingezahlte
oder erhobene Summe von dem Tage der Zahlung an
zinsbar berechnet wird. Es darf dabei nur nicht der Vor-
ſtellung Raum gegeben werden, als ob das Darlehn
gerade die einzige Form zinsbarer Benutzung des Geldes
wäre. Auch würde es unrichtig ſeyn, die aufgeſtellte An-
nahme nur für unſeren heutigen ſehr entwickelten Geld-
verkehr zuzulaſſen, für die Römiſchen Zuſtände aber zu
verneinen. Gerade die Römiſchen Juriſten gehen ent-
ſchieden von der hier aufgeſtellten Vorausſetzung aus, wie
ſogleich gezeigt werden wird. Auch diente bei ihnen das
Inſtitut der Argentarien zu einer beſonders leichten Ver-
mittelung des Zinsgeſchäftes (a).

Die hier aufgeſtellte Anſicht führt zu folgender Be-
handlung der Rechtsverhältniſſe. Wenn der Gebrauch
irgend einer Sache eine Zeit hindurch bei Demjenigen ſich
findet, dem er nicht gebührt, alſo einem Anderen mit Un-
recht entzogen wird, und zugleich ein Rechtsgrund vor-
handen iſt, für dieſes Unrecht Vergütung zu fordern, ſo
kommt es in jedem einzelnen Fall darauf an zu beweiſen,
wie hoch ſich das Intereſſe dieſes erlittenen Unrechts belaufe,
worüber aber eine durchgreifende Regel durchaus nicht auf-
geſtellt werden kann.


(a) Eine merkwürdige Aner-
kennung der hier behaupteten all-
gemeinen Sitte und Erfahrung,
auch in Beziehung auf die Zu-
ſtände des Alterthums, findet ſich
an einem Orte, wo man es kaum
erwarten ſollte, in dem Gleichniß
von dem faulen Knechte, Mat-
thäus
25, 27 und Lucas 19, 23.
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[134/0152] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Jemand zn einem Banquier eintritt, wobei jede eingezahlte oder erhobene Summe von dem Tage der Zahlung an zinsbar berechnet wird. Es darf dabei nur nicht der Vor- ſtellung Raum gegeben werden, als ob das Darlehn gerade die einzige Form zinsbarer Benutzung des Geldes wäre. Auch würde es unrichtig ſeyn, die aufgeſtellte An- nahme nur für unſeren heutigen ſehr entwickelten Geld- verkehr zuzulaſſen, für die Römiſchen Zuſtände aber zu verneinen. Gerade die Römiſchen Juriſten gehen ent- ſchieden von der hier aufgeſtellten Vorausſetzung aus, wie ſogleich gezeigt werden wird. Auch diente bei ihnen das Inſtitut der Argentarien zu einer beſonders leichten Ver- mittelung des Zinsgeſchäftes (a). Die hier aufgeſtellte Anſicht führt zu folgender Be- handlung der Rechtsverhältniſſe. Wenn der Gebrauch irgend einer Sache eine Zeit hindurch bei Demjenigen ſich findet, dem er nicht gebührt, alſo einem Anderen mit Un- recht entzogen wird, und zugleich ein Rechtsgrund vor- handen iſt, für dieſes Unrecht Vergütung zu fordern, ſo kommt es in jedem einzelnen Fall darauf an zu beweiſen, wie hoch ſich das Intereſſe dieſes erlittenen Unrechts belaufe, worüber aber eine durchgreifende Regel durchaus nicht auf- geſtellt werden kann. (a) Eine merkwürdige Aner- kennung der hier behaupteten all- gemeinen Sitte und Erfahrung, auch in Beziehung auf die Zu- ſtände des Alterthums, findet ſich an einem Orte, wo man es kaum erwarten ſollte, in dem Gleichniß von dem faulen Knechte, Mat- thäus 25, 27 und Lucas 19, 23.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/152>, abgerufen am 21.11.2024.