§ 271. Wirkung der L. C. -- Prozeßzinsen. (Forts.)
Einrechnung der möglichen Früchte derselben, fordern will (e). Das will sagen, er kann den geschlossenen Ver- kauf mit seinen Folgen anerkennen oder nicht, je nachdem ihm das Eine oder das Andere vortheilhafter dünkt.
(b) Das Geld, wovon der Beklagte nach der eben auf- gestellten Regel Zinsen zahlen soll, war von ihm selbst in die Erbschaftsmasse gebracht worden. Es fragt sich aber, ob er auch von dem in der Erbschaft vorgefundenen baaren Geld Zinsen zu zahlen hat. Nach allgemeiner Betrach- tung müssen wir geneigt seyn, dieses ganz nach derselben Regel, wie das vorher erwähnte, zu behandeln. Er ist Verwalter eines möglicherweise fremden Vermögens, und hat daher dessen Bestandtheile, je nach ihrer Art, als guter Hausvater zu behandeln. Ein solcher aber wird nicht Geldsummen müßig liegen lassen. Wenn also z. B. der Verstorbene kurz vor seinem Tode ein zinsbares Capital eincassirt, und nicht Zeit genug gehabt hat, es wieder auszuleihen, so dürfte der Besitzer schwerlich zu rechtfertigen seyn, der es während des ganzen Rechtsstreits unbenutzt liegen lassen wollte.
Dennoch scheint ganz unerwartet Papinian in fol- gender von Ulpian angeführten Stelle sagen zu wollen, daß der Besitzer der Erbschaft von allem vorgefundenen baaren Geld niemals Zinsen zu zahlen habe: "Papinianus autem libro tertio quaestionum, si pos- sessor hereditatis pecuniam inventam in hereditate
(e)L. 20 § 12. 16, L. 36 § 3 de her. pet. (5. 3).
§ 271. Wirkung der L. C. — Prozeßzinſen. (Fortſ.)
Einrechnung der möglichen Früchte derſelben, fordern will (e). Das will ſagen, er kann den geſchloſſenen Ver- kauf mit ſeinen Folgen anerkennen oder nicht, je nachdem ihm das Eine oder das Andere vortheilhafter dünkt.
(b) Das Geld, wovon der Beklagte nach der eben auf- geſtellten Regel Zinſen zahlen ſoll, war von ihm ſelbſt in die Erbſchaftsmaſſe gebracht worden. Es fragt ſich aber, ob er auch von dem in der Erbſchaft vorgefundenen baaren Geld Zinſen zu zahlen hat. Nach allgemeiner Betrach- tung müſſen wir geneigt ſeyn, dieſes ganz nach derſelben Regel, wie das vorher erwähnte, zu behandeln. Er iſt Verwalter eines möglicherweiſe fremden Vermögens, und hat daher deſſen Beſtandtheile, je nach ihrer Art, als guter Hausvater zu behandeln. Ein ſolcher aber wird nicht Geldſummen müßig liegen laſſen. Wenn alſo z. B. der Verſtorbene kurz vor ſeinem Tode ein zinsbares Capital eincaſſirt, und nicht Zeit genug gehabt hat, es wieder auszuleihen, ſo dürfte der Beſitzer ſchwerlich zu rechtfertigen ſeyn, der es während des ganzen Rechtsſtreits unbenutzt liegen laſſen wollte.
Dennoch ſcheint ganz unerwartet Papinian in fol- gender von Ulpian angeführten Stelle ſagen zu wollen, daß der Beſitzer der Erbſchaft von allem vorgefundenen baaren Geld niemals Zinſen zu zahlen habe: „Papinianus autem libro tertio quaestionum, si pos- sessor hereditatis pecuniam inventam in hereditate
(e)L. 20 § 12. 16, L. 36 § 3 de her. pet. (5. 3).
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0169"n="151"/><fwplace="top"type="header">§ 271. Wirkung der L. C. — Prozeßzinſen. (Fortſ.)</fw><lb/>
Einrechnung der möglichen Früchte derſelben, fordern<lb/>
will <noteplace="foot"n="(e)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 20 § 12. 16, <hirendition="#i">L.</hi> 36 § 3 <hirendition="#i">de her. pet.</hi></hi> (5. 3).</note>. Das will ſagen, er kann den geſchloſſenen Ver-<lb/>
kauf mit ſeinen Folgen anerkennen oder nicht, je nachdem<lb/>
ihm das Eine oder das Andere vortheilhafter dünkt.</p><lb/><p><hirendition="#aq">(b)</hi> Das Geld, wovon der Beklagte nach der eben auf-<lb/>
geſtellten Regel Zinſen zahlen ſoll, war von ihm ſelbſt in<lb/>
die Erbſchaftsmaſſe gebracht worden. Es fragt ſich aber,<lb/>
ob er auch von dem in der Erbſchaft vorgefundenen baaren<lb/>
Geld Zinſen zu zahlen hat. Nach allgemeiner Betrach-<lb/>
tung müſſen wir geneigt ſeyn, dieſes ganz nach derſelben<lb/>
Regel, wie das vorher erwähnte, zu behandeln. Er iſt<lb/>
Verwalter eines möglicherweiſe fremden Vermögens, und<lb/>
hat daher deſſen Beſtandtheile, je nach ihrer Art, als guter<lb/>
Hausvater zu behandeln. Ein ſolcher aber wird nicht<lb/>
Geldſummen müßig liegen laſſen. Wenn alſo z. B. der<lb/>
Verſtorbene kurz vor ſeinem Tode ein zinsbares Capital<lb/>
eincaſſirt, und nicht Zeit genug gehabt hat, es wieder<lb/>
auszuleihen, ſo dürfte der Beſitzer ſchwerlich zu rechtfertigen<lb/>ſeyn, der es während des ganzen Rechtsſtreits unbenutzt<lb/>
liegen laſſen wollte.</p><lb/><p>Dennoch ſcheint ganz unerwartet <hirendition="#g">Papinian</hi> in fol-<lb/>
gender von <hirendition="#g">Ulpian</hi> angeführten Stelle ſagen zu wollen,<lb/>
daß der Beſitzer der Erbſchaft von allem <hirendition="#g">vorgefundenen</hi><lb/>
baaren Geld niemals Zinſen zu zahlen habe:<lb/><hirendition="#et"><hirendition="#aq">„Papinianus autem libro tertio quaestionum, si pos-<lb/>
sessor hereditatis pecuniam inventam in hereditate</hi></hi><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[151/0169]
§ 271. Wirkung der L. C. — Prozeßzinſen. (Fortſ.)
Einrechnung der möglichen Früchte derſelben, fordern
will (e). Das will ſagen, er kann den geſchloſſenen Ver-
kauf mit ſeinen Folgen anerkennen oder nicht, je nachdem
ihm das Eine oder das Andere vortheilhafter dünkt.
(b) Das Geld, wovon der Beklagte nach der eben auf-
geſtellten Regel Zinſen zahlen ſoll, war von ihm ſelbſt in
die Erbſchaftsmaſſe gebracht worden. Es fragt ſich aber,
ob er auch von dem in der Erbſchaft vorgefundenen baaren
Geld Zinſen zu zahlen hat. Nach allgemeiner Betrach-
tung müſſen wir geneigt ſeyn, dieſes ganz nach derſelben
Regel, wie das vorher erwähnte, zu behandeln. Er iſt
Verwalter eines möglicherweiſe fremden Vermögens, und
hat daher deſſen Beſtandtheile, je nach ihrer Art, als guter
Hausvater zu behandeln. Ein ſolcher aber wird nicht
Geldſummen müßig liegen laſſen. Wenn alſo z. B. der
Verſtorbene kurz vor ſeinem Tode ein zinsbares Capital
eincaſſirt, und nicht Zeit genug gehabt hat, es wieder
auszuleihen, ſo dürfte der Beſitzer ſchwerlich zu rechtfertigen
ſeyn, der es während des ganzen Rechtsſtreits unbenutzt
liegen laſſen wollte.
Dennoch ſcheint ganz unerwartet Papinian in fol-
gender von Ulpian angeführten Stelle ſagen zu wollen,
daß der Beſitzer der Erbſchaft von allem vorgefundenen
baaren Geld niemals Zinſen zu zahlen habe:
„Papinianus autem libro tertio quaestionum, si pos-
sessor hereditatis pecuniam inventam in hereditate
(e) L. 20 § 12. 16, L. 36 § 3 de her. pet. (5. 3).
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/169>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.