Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 276. Wirkung der L. C. -- Schätzungszeit. L. 3 de cond. trit.
die also auch nicht so leicht erhebliche Veränderungen in
sich schließen konnte. Wenn nun Ulpian gerade diesen
Gegensatz vor Augen hatte und ausschließen wollte (n),
so war der Gebrauch des Ausdrucks condemnatio, um die
Zeit der L. C. zu bezeichnen, ohne alle Gefahr.

2. War der Gebrauch des Ausdrucks condemnatio in
dieser Bedeutung auch nicht gefährlich, so könnte man ihn
doch wegen der Seltenheit dieses Sprachgebrauchs für
unwahrscheinlich halten.

Darauf ist zu antworten, daß es eben so wenig ge-
wöhnlich ist, den Ausdruck condemnatio anstatt res judicata
zu gebrauchen, wo es auf die Bezeichnung des Zeitpunktes
ankommt, indem fast immer von res judicata allein, ohne
Abwechslung der Ausdrücke, gesprochen wird.

3. Noch mehr Schein endlich hat der Einwurf, daß es
an einem Motiv fehle, weshalb Ulpian anstatt des ein-
fachen, ganz unbedenklichen, Ausdrucks: litis contestationis
den mindestens künstlichen, indirecten Ausdruck: condem-
nationis tempus
gebraucht haben sollte.

Es wird schwer seyn, bei jeder etwas ungewöhnlichen
Redeweise, stets das Motiv anzugeben; hier aber fehlt
es auch selbst an einem solchen nicht. Der Ausdruck,
der hier gewählt wurde, sollte zugleich den Beweis der

(n) Ganz eben so findet es
Julian nöthig, in L. 22 de
reb. cred.
(s. o. S. 207) die Zeit
des Contracts, eben so wie die
des Urtheils, ausdrücklich auszu-
schließen, um die Zeit der L. C.
als Regel aufzustellen. Durch
dieses Beispiel erhält der von mir
vorausgesetzte Gedanke des Ulpian
noch größere Wahrscheinlichkeit.

§. 276. Wirkung der L. C. — Schätzungszeit. L. 3 de cond. trit.
die alſo auch nicht ſo leicht erhebliche Veränderungen in
ſich ſchließen konnte. Wenn nun Ulpian gerade dieſen
Gegenſatz vor Augen hatte und ausſchließen wollte (n),
ſo war der Gebrauch des Ausdrucks condemnatio, um die
Zeit der L. C. zu bezeichnen, ohne alle Gefahr.

2. War der Gebrauch des Ausdrucks condemnatio in
dieſer Bedeutung auch nicht gefährlich, ſo könnte man ihn
doch wegen der Seltenheit dieſes Sprachgebrauchs für
unwahrſcheinlich halten.

Darauf iſt zu antworten, daß es eben ſo wenig ge-
wöhnlich iſt, den Ausdruck condemnatio anſtatt res judicata
zu gebrauchen, wo es auf die Bezeichnung des Zeitpunktes
ankommt, indem faſt immer von res judicata allein, ohne
Abwechſlung der Ausdrücke, geſprochen wird.

3. Noch mehr Schein endlich hat der Einwurf, daß es
an einem Motiv fehle, weshalb Ulpian anſtatt des ein-
fachen, ganz unbedenklichen, Ausdrucks: litis contestationis
den mindeſtens künſtlichen, indirecten Ausdruck: condem-
nationis tempus
gebraucht haben ſollte.

Es wird ſchwer ſeyn, bei jeder etwas ungewöhnlichen
Redeweiſe, ſtets das Motiv anzugeben; hier aber fehlt
es auch ſelbſt an einem ſolchen nicht. Der Ausdruck,
der hier gewählt wurde, ſollte zugleich den Beweis der

(n) Ganz eben ſo findet es
Julian nöthig, in L. 22 de
reb. cred.
(ſ. o. S. 207) die Zeit
des Contracts, eben ſo wie die
des Urtheils, ausdrücklich auszu-
ſchließen, um die Zeit der L. C.
als Regel aufzuſtellen. Durch
dieſes Beiſpiel erhält der von mir
vorausgeſetzte Gedanke des Ulpian
noch größere Wahrſcheinlichkeit.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0241" n="223"/><fw place="top" type="header">§. 276. Wirkung der L. C. &#x2014; Schätzungszeit. <hi rendition="#aq">L. 3 de cond. trit.</hi></fw><lb/>
die al&#x017F;o auch nicht &#x017F;o leicht erhebliche Veränderungen in<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;chließen konnte. Wenn nun <hi rendition="#g">Ulpian</hi> gerade die&#x017F;en<lb/>
Gegen&#x017F;atz vor Augen hatte und aus&#x017F;chließen wollte <note place="foot" n="(n)">Ganz eben &#x017F;o findet es<lb/><hi rendition="#g">Julian</hi> nöthig, in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 22 <hi rendition="#i">de<lb/>
reb. cred.</hi></hi> (&#x017F;. o. S. 207) die Zeit<lb/>
des Contracts, eben &#x017F;o wie die<lb/>
des Urtheils, ausdrücklich auszu-<lb/>
&#x017F;chließen, um die Zeit der L. C.<lb/>
als Regel aufzu&#x017F;tellen. Durch<lb/>
die&#x017F;es Bei&#x017F;piel erhält der von mir<lb/>
vorausge&#x017F;etzte Gedanke des <hi rendition="#g">Ulpian</hi><lb/>
noch größere Wahr&#x017F;cheinlichkeit.</note>,<lb/>
&#x017F;o war der Gebrauch des Ausdrucks <hi rendition="#aq">condemnatio,</hi> um die<lb/>
Zeit der L. C. zu bezeichnen, ohne alle Gefahr.</p><lb/>
            <p>2. War der Gebrauch des Ausdrucks <hi rendition="#aq">condemnatio</hi> in<lb/>
die&#x017F;er Bedeutung auch nicht gefährlich, &#x017F;o könnte man ihn<lb/>
doch wegen der Seltenheit die&#x017F;es Sprachgebrauchs für<lb/>
unwahr&#x017F;cheinlich halten.</p><lb/>
            <p>Darauf i&#x017F;t zu antworten, daß es eben &#x017F;o wenig ge-<lb/>
wöhnlich i&#x017F;t, den Ausdruck <hi rendition="#aq">condemnatio</hi> an&#x017F;tatt <hi rendition="#aq">res judicata</hi><lb/>
zu gebrauchen, wo es auf die Bezeichnung des Zeitpunktes<lb/>
ankommt, indem fa&#x017F;t immer von <hi rendition="#aq">res judicata</hi> allein, ohne<lb/>
Abwech&#x017F;lung der Ausdrücke, ge&#x017F;prochen wird.</p><lb/>
            <p>3. Noch mehr Schein endlich hat der Einwurf, daß es<lb/>
an einem Motiv fehle, weshalb <hi rendition="#g">Ulpian</hi> an&#x017F;tatt des ein-<lb/>
fachen, ganz unbedenklichen, Ausdrucks: <hi rendition="#aq">litis contestationis</hi><lb/>
den minde&#x017F;tens kün&#x017F;tlichen, indirecten Ausdruck: <hi rendition="#aq">condem-<lb/>
nationis tempus</hi> gebraucht haben &#x017F;ollte.</p><lb/>
            <p>Es wird &#x017F;chwer &#x017F;eyn, bei jeder etwas ungewöhnlichen<lb/>
Redewei&#x017F;e, &#x017F;tets das Motiv anzugeben; hier aber fehlt<lb/>
es auch &#x017F;elb&#x017F;t an einem &#x017F;olchen nicht. Der Ausdruck,<lb/>
der hier gewählt wurde, &#x017F;ollte zugleich den Beweis der<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0241] §. 276. Wirkung der L. C. — Schätzungszeit. L. 3 de cond. trit. die alſo auch nicht ſo leicht erhebliche Veränderungen in ſich ſchließen konnte. Wenn nun Ulpian gerade dieſen Gegenſatz vor Augen hatte und ausſchließen wollte (n), ſo war der Gebrauch des Ausdrucks condemnatio, um die Zeit der L. C. zu bezeichnen, ohne alle Gefahr. 2. War der Gebrauch des Ausdrucks condemnatio in dieſer Bedeutung auch nicht gefährlich, ſo könnte man ihn doch wegen der Seltenheit dieſes Sprachgebrauchs für unwahrſcheinlich halten. Darauf iſt zu antworten, daß es eben ſo wenig ge- wöhnlich iſt, den Ausdruck condemnatio anſtatt res judicata zu gebrauchen, wo es auf die Bezeichnung des Zeitpunktes ankommt, indem faſt immer von res judicata allein, ohne Abwechſlung der Ausdrücke, geſprochen wird. 3. Noch mehr Schein endlich hat der Einwurf, daß es an einem Motiv fehle, weshalb Ulpian anſtatt des ein- fachen, ganz unbedenklichen, Ausdrucks: litis contestationis den mindeſtens künſtlichen, indirecten Ausdruck: condem- nationis tempus gebraucht haben ſollte. Es wird ſchwer ſeyn, bei jeder etwas ungewöhnlichen Redeweiſe, ſtets das Motiv anzugeben; hier aber fehlt es auch ſelbſt an einem ſolchen nicht. Der Ausdruck, der hier gewählt wurde, ſollte zugleich den Beweis der (n) Ganz eben ſo findet es Julian nöthig, in L. 22 de reb. cred. (ſ. o. S. 207) die Zeit des Contracts, eben ſo wie die des Urtheils, ausdrücklich auszu- ſchließen, um die Zeit der L. C. als Regel aufzuſtellen. Durch dieſes Beiſpiel erhält der von mir vorausgeſetzte Gedanke des Ulpian noch größere Wahrſcheinlichkeit.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/241
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/241>, abgerufen am 23.11.2024.