des Richters unterscheiden, indem ja auch noch in dieser Zwischenzeit ein Ablauf der Verjährung denkbar ist.
Es ist ferner behauptet worden, wenn man auch die Insinuation als heutiges Surrogat der L. C. im Allge- meinen anerkennen wollte, so müßte doch noch die beschrän- kende Bedingung hinzugefügt werden, daß es in Folge derselben auch wirklich zu einem Rechtsstreit gekommen sey, indem außerdem weder eine lis noch eine contestatio (Kriegsbefestigung) angenommen werden könne; ohne das Daseyn einer solchen aber sey für die materiellen Wirkungen kein rechtfertigender Grund vorhanden. -- Obgleich diese Behauptung vielen Schein hat, so muß ich doch das prac- tische Bedürfniß für die erwähnte Einschränkung verneinen. Erwägt man nämlich die verschiedenen Gründe, welche die wirkliche Entstehung des Rechtsstreits verhindern können, so liegt in denselben kein Bedürfniß, durch jenes Mittel einen ungerechten Nachtheil von dem Beklagten abzuwenden, welches doch eigentlich der Sinn jener Behauptung ist. -- Der Grund kann zuerst darin liegen, daß der Beklagte gar keinen Streit führen will, indem er den Anspruch des Klägers einräumt; dann ist von Wirkungen der L. C. ohnehin nicht die Rede. -- Oder der Rechtsstreit wird deswegen nicht erfolgen, weil die Klage vor einem incompetenten Richter, oder gegen einen unrichtigen Beklagten angestellt ist. Auch dann kann von Wirkungen der L. C. nicht die Rede seyn, indem dieser irrige Versuch eines Rechtsstreits mit dem vielleicht nachher folgenden wahren Rechtsstreit keinen Zusammenhang hat (f).
(f) So bewirkt z. B. die Anstellung der Klage eine Unterbrechung der
§. 278. Stellung der L. C. im heutigen Recht.
des Richters unterſcheiden, indem ja auch noch in dieſer Zwiſchenzeit ein Ablauf der Verjährung denkbar iſt.
Es iſt ferner behauptet worden, wenn man auch die Inſinuation als heutiges Surrogat der L. C. im Allge- meinen anerkennen wollte, ſo müßte doch noch die beſchrän- kende Bedingung hinzugefügt werden, daß es in Folge derſelben auch wirklich zu einem Rechtsſtreit gekommen ſey, indem außerdem weder eine lis noch eine contestatio (Kriegsbefeſtigung) angenommen werden könne; ohne das Daſeyn einer ſolchen aber ſey für die materiellen Wirkungen kein rechtfertigender Grund vorhanden. — Obgleich dieſe Behauptung vielen Schein hat, ſo muß ich doch das prac- tiſche Bedürfniß für die erwähnte Einſchränkung verneinen. Erwägt man nämlich die verſchiedenen Gründe, welche die wirkliche Entſtehung des Rechtsſtreits verhindern können, ſo liegt in denſelben kein Bedürfniß, durch jenes Mittel einen ungerechten Nachtheil von dem Beklagten abzuwenden, welches doch eigentlich der Sinn jener Behauptung iſt. — Der Grund kann zuerſt darin liegen, daß der Beklagte gar keinen Streit führen will, indem er den Anſpruch des Klägers einräumt; dann iſt von Wirkungen der L. C. ohnehin nicht die Rede. — Oder der Rechtsſtreit wird deswegen nicht erfolgen, weil die Klage vor einem incompetenten Richter, oder gegen einen unrichtigen Beklagten angeſtellt iſt. Auch dann kann von Wirkungen der L. C. nicht die Rede ſeyn, indem dieſer irrige Verſuch eines Rechtsſtreits mit dem vielleicht nachher folgenden wahren Rechtsſtreit keinen Zuſammenhang hat (f).
(f) So bewirkt z. B. die Anſtellung der Klage eine Unterbrechung der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0263"n="245"/><fwplace="top"type="header">§. 278. Stellung der L. C. im heutigen Recht.</fw><lb/>
des Richters unterſcheiden, indem ja auch noch in dieſer<lb/>
Zwiſchenzeit ein Ablauf der Verjährung denkbar iſt.</p><lb/><p>Es iſt ferner behauptet worden, wenn man auch die<lb/>
Inſinuation als heutiges Surrogat der L. C. im Allge-<lb/>
meinen anerkennen wollte, ſo müßte doch noch die beſchrän-<lb/>
kende Bedingung hinzugefügt werden, daß es in Folge<lb/>
derſelben auch wirklich zu einem Rechtsſtreit gekommen ſey,<lb/>
indem außerdem weder eine <hirendition="#aq">lis</hi> noch eine <hirendition="#aq">contestatio</hi><lb/>
(Kriegsbefeſtigung) angenommen werden könne; ohne das<lb/>
Daſeyn einer ſolchen aber ſey für die materiellen Wirkungen<lb/>
kein rechtfertigender Grund vorhanden. — Obgleich dieſe<lb/>
Behauptung vielen Schein hat, ſo muß ich doch das prac-<lb/>
tiſche Bedürfniß für die erwähnte Einſchränkung verneinen.<lb/>
Erwägt man nämlich die verſchiedenen Gründe, welche die<lb/>
wirkliche Entſtehung des Rechtsſtreits verhindern können,<lb/>ſo liegt in denſelben kein Bedürfniß, durch jenes Mittel<lb/>
einen ungerechten Nachtheil von dem Beklagten abzuwenden,<lb/>
welches doch eigentlich der Sinn jener Behauptung iſt. —<lb/>
Der Grund kann zuerſt darin liegen, daß der Beklagte gar<lb/>
keinen Streit führen will, indem er den Anſpruch des Klägers<lb/>
einräumt; dann iſt von Wirkungen der L. C. ohnehin nicht die<lb/>
Rede. — Oder der Rechtsſtreit wird deswegen nicht erfolgen,<lb/>
weil die Klage vor einem incompetenten Richter, oder gegen<lb/>
einen unrichtigen Beklagten angeſtellt iſt. Auch dann kann<lb/>
von Wirkungen der L. C. nicht die Rede ſeyn, indem dieſer<lb/>
irrige Verſuch eines Rechtsſtreits mit dem vielleicht nachher<lb/>
folgenden wahren Rechtsſtreit keinen Zuſammenhang hat <notexml:id="seg2pn_35_1"next="#seg2pn_35_2"place="foot"n="(f)">So bewirkt z. B. die Anſtellung der Klage eine Unterbrechung der</note>.</p></div><lb/></div></div></body></text></TEI>
[245/0263]
§. 278. Stellung der L. C. im heutigen Recht.
des Richters unterſcheiden, indem ja auch noch in dieſer
Zwiſchenzeit ein Ablauf der Verjährung denkbar iſt.
Es iſt ferner behauptet worden, wenn man auch die
Inſinuation als heutiges Surrogat der L. C. im Allge-
meinen anerkennen wollte, ſo müßte doch noch die beſchrän-
kende Bedingung hinzugefügt werden, daß es in Folge
derſelben auch wirklich zu einem Rechtsſtreit gekommen ſey,
indem außerdem weder eine lis noch eine contestatio
(Kriegsbefeſtigung) angenommen werden könne; ohne das
Daſeyn einer ſolchen aber ſey für die materiellen Wirkungen
kein rechtfertigender Grund vorhanden. — Obgleich dieſe
Behauptung vielen Schein hat, ſo muß ich doch das prac-
tiſche Bedürfniß für die erwähnte Einſchränkung verneinen.
Erwägt man nämlich die verſchiedenen Gründe, welche die
wirkliche Entſtehung des Rechtsſtreits verhindern können,
ſo liegt in denſelben kein Bedürfniß, durch jenes Mittel
einen ungerechten Nachtheil von dem Beklagten abzuwenden,
welches doch eigentlich der Sinn jener Behauptung iſt. —
Der Grund kann zuerſt darin liegen, daß der Beklagte gar
keinen Streit führen will, indem er den Anſpruch des Klägers
einräumt; dann iſt von Wirkungen der L. C. ohnehin nicht die
Rede. — Oder der Rechtsſtreit wird deswegen nicht erfolgen,
weil die Klage vor einem incompetenten Richter, oder gegen
einen unrichtigen Beklagten angeſtellt iſt. Auch dann kann
von Wirkungen der L. C. nicht die Rede ſeyn, indem dieſer
irrige Verſuch eines Rechtsſtreits mit dem vielleicht nachher
folgenden wahren Rechtsſtreit keinen Zuſammenhang hat (f).
(f) So bewirkt z. B. die Anſtellung der Klage eine Unterbrechung der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/263>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.