Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung. deren Titel und Macht dem Kaiser übertragen wurden,war keine, in deren Amtskreis eine richterliche Gewalt, wenigstens für die Stadt Rom, unmittelbar enthalten ge- wesen wäre (a). Es bedarf daher einer besonderen Er- klärung, durch welche künstliche Verbindung jenes neue höchste Richteramt an alte obrigkeitliche Gewalten ange- knüpft wurde, indem es nur auf diesem Wege möglich war, das eben angegebene Verfahren bei der Gründung der kaiserlichen Gewalt auch in dieser einzelnen Anwen- dung durchzuführen. Diese Untersuchung ist in der Bei- lage XV. angestellt worden, wo insbesondere nachgewiesen wird, wie man dazu kam, zwei ursprünglich verschiedene Kunstausdrücke der alten Verfassung, appellatio und pro- vocatio, bald als gleichbedeutende Bezeichnungen einer jeden Berufung auf eine höhere Instanz zu gebrauchen. Unter Voraussetzung von Instanzen wird es nöthig, (a) Diese Gewalten waren:
Tribunitia potestas, procon- sularis potestas, imperium, praefectura morum, die Würde des pontifex maximus. Nur in der proconsularis potestas lag unmittelbar eine Gerichtsbarkeit, aber mit geographischer Beschrän- kung, und zunächst nicht als höhe- res Richteramt mit Unterordnung anderer Obrigkeiten. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. deren Titel und Macht dem Kaiſer übertragen wurden,war keine, in deren Amtskreis eine richterliche Gewalt, wenigſtens für die Stadt Rom, unmittelbar enthalten ge- weſen wäre (a). Es bedarf daher einer beſonderen Er- klärung, durch welche künſtliche Verbindung jenes neue höchſte Richteramt an alte obrigkeitliche Gewalten ange- knüpft wurde, indem es nur auf dieſem Wege möglich war, das eben angegebene Verfahren bei der Gründung der kaiſerlichen Gewalt auch in dieſer einzelnen Anwen- dung durchzuführen. Dieſe Unterſuchung iſt in der Bei- lage XV. angeſtellt worden, wo insbeſondere nachgewieſen wird, wie man dazu kam, zwei urſprünglich verſchiedene Kunſtausdrücke der alten Verfaſſung, appellatio und pro- vocatio, bald als gleichbedeutende Bezeichnungen einer jeden Berufung auf eine höhere Inſtanz zu gebrauchen. Unter Vorausſetzung von Inſtanzen wird es nöthig, (a) Dieſe Gewalten waren:
Tribunitia potestas, procon- sularis potestas, imperium, praefectura morum, die Würde des pontifex maximus. Nur in der proconsularis potestas lag unmittelbar eine Gerichtsbarkeit, aber mit geographiſcher Beſchrän- kung, und zunächſt nicht als höhe- res Richteramt mit Unterordnung anderer Obrigkeiten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0314" n="296"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/> deren Titel und Macht dem Kaiſer übertragen wurden,<lb/> war keine, in deren Amtskreis eine richterliche Gewalt,<lb/> wenigſtens für die Stadt Rom, unmittelbar enthalten ge-<lb/> weſen wäre <note place="foot" n="(a)">Dieſe Gewalten waren:<lb/><hi rendition="#aq">Tribunitia potestas, procon-<lb/> sularis potestas, imperium,<lb/> praefectura morum,</hi> die Würde<lb/> des <hi rendition="#aq">pontifex maximus.</hi> Nur in<lb/> der <hi rendition="#aq">proconsularis potestas</hi> lag<lb/> unmittelbar eine Gerichtsbarkeit,<lb/> aber mit geographiſcher Beſchrän-<lb/> kung, und zunächſt nicht als höhe-<lb/> res Richteramt mit Unterordnung<lb/> anderer Obrigkeiten.</note>. Es bedarf daher einer beſonderen Er-<lb/> klärung, durch welche künſtliche Verbindung jenes neue<lb/> höchſte Richteramt an alte obrigkeitliche Gewalten ange-<lb/> knüpft wurde, indem es nur auf dieſem Wege möglich<lb/> war, das eben angegebene Verfahren bei der Gründung<lb/> der kaiſerlichen Gewalt auch in dieſer einzelnen Anwen-<lb/> dung durchzuführen. Dieſe Unterſuchung iſt in der <hi rendition="#g">Bei-<lb/> lage</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">XV.</hi></hi> angeſtellt worden, wo insbeſondere nachgewieſen<lb/> wird, wie man dazu kam, zwei urſprünglich verſchiedene<lb/> Kunſtausdrücke der alten Verfaſſung, <hi rendition="#aq">appellatio</hi> und <hi rendition="#aq">pro-<lb/> vocatio,</hi> bald als gleichbedeutende Bezeichnungen einer jeden<lb/> Berufung auf eine höhere Inſtanz zu gebrauchen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Unter Vorausſetzung von Inſtanzen wird es nöthig,<lb/> zweierlei Urtheile zu unterſcheiden: die, bei welchen es un-<lb/> abänderlich bleibt, und die, welche durch eine weitere In-<lb/> ſtanz abgeändert werden können. Es verſteht ſich von<lb/> ſelbſt, daß die Rückwirkung auf den Inhalt der Rechte<lb/> ſelbſt, die allein zu unſrer gegenwärtigen Aufgabe gehört,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [296/0314]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
deren Titel und Macht dem Kaiſer übertragen wurden,
war keine, in deren Amtskreis eine richterliche Gewalt,
wenigſtens für die Stadt Rom, unmittelbar enthalten ge-
weſen wäre (a). Es bedarf daher einer beſonderen Er-
klärung, durch welche künſtliche Verbindung jenes neue
höchſte Richteramt an alte obrigkeitliche Gewalten ange-
knüpft wurde, indem es nur auf dieſem Wege möglich
war, das eben angegebene Verfahren bei der Gründung
der kaiſerlichen Gewalt auch in dieſer einzelnen Anwen-
dung durchzuführen. Dieſe Unterſuchung iſt in der Bei-
lage XV. angeſtellt worden, wo insbeſondere nachgewieſen
wird, wie man dazu kam, zwei urſprünglich verſchiedene
Kunſtausdrücke der alten Verfaſſung, appellatio und pro-
vocatio, bald als gleichbedeutende Bezeichnungen einer jeden
Berufung auf eine höhere Inſtanz zu gebrauchen.
Unter Vorausſetzung von Inſtanzen wird es nöthig,
zweierlei Urtheile zu unterſcheiden: die, bei welchen es un-
abänderlich bleibt, und die, welche durch eine weitere In-
ſtanz abgeändert werden können. Es verſteht ſich von
ſelbſt, daß die Rückwirkung auf den Inhalt der Rechte
ſelbſt, die allein zu unſrer gegenwärtigen Aufgabe gehört,
(a) Dieſe Gewalten waren:
Tribunitia potestas, procon-
sularis potestas, imperium,
praefectura morum, die Würde
des pontifex maximus. Nur in
der proconsularis potestas lag
unmittelbar eine Gerichtsbarkeit,
aber mit geographiſcher Beſchrän-
kung, und zunächſt nicht als höhe-
res Richteramt mit Unterordnung
anderer Obrigkeiten.
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