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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 292. Rechtskraft der Gründe. (Fortsetzung.)
daß auch der fehlende Richter selbst seinen Irrthum (ähn-
lich einem bloßen Schreibfehler) wieder verbessern könne.
Diese Meinung würde jedoch ganz irrig seyn, und beide
Fälle haben eine verschiedene Natur. Die in einem Urtheil
enthaltene Gesetzverletzung kann nur durch ein Rechtsmittel
gegen das Urtheil berichtigt werden, und ist nur dadurch
von anderen, in einem Urtheil vorkommenden Fehlern ver-
schieden, daß die Anfechtung nicht den beschränkenden Re-
geln und Formen der Appellation unterworfen ist. Der
innere Unterschied des Rechnungsfehlers von der Gesetz-
verletzung liegt darin, daß der Rechnungsfehler von Jedem,
der nur darauf aufmerksam gemacht wird, unfehlbar aner-
kannt werden muß; bei der angeblichen Gesetzverletzung
aber kommt es erst auf eine, oft nicht unzweifelhafte, Prü-
fung des Inhalts des Gesetzes an, ferner auf eine Ver-
gleichung des Gesetzes mit dem Urtheil, insbesondere auch
auf die Frage, ob der Richter in der That das Gesetz ver-
kannt, oder vielmehr in der Subsumtion der Thatsachen
unter das Gesetz geirrt hat, auf welchen letzten Fall die
Befreiung von den regelmäßigen Bedingungen der Appel-
lation ganz und gar nicht bezogen werden darf (r).

An die so eben erwähnte Regel des Römischen Rechts
von der Gesetzverletzung in einem Urtheil, deren Anfechtung
nicht unter den gewöhnlichen Regeln und Formen der Ap-
pellation stehen soll, haben sich in dem Prozeßrecht neuerer

(r) L. 32 de re jud. (42. 1). L. 1 § 2 quae sent. (49. 8).

§. 292. Rechtskraft der Gründe. (Fortſetzung.)
daß auch der fehlende Richter ſelbſt ſeinen Irrthum (ähn-
lich einem bloßen Schreibfehler) wieder verbeſſern könne.
Dieſe Meinung würde jedoch ganz irrig ſeyn, und beide
Fälle haben eine verſchiedene Natur. Die in einem Urtheil
enthaltene Geſetzverletzung kann nur durch ein Rechtsmittel
gegen das Urtheil berichtigt werden, und iſt nur dadurch
von anderen, in einem Urtheil vorkommenden Fehlern ver-
ſchieden, daß die Anfechtung nicht den beſchränkenden Re-
geln und Formen der Appellation unterworfen iſt. Der
innere Unterſchied des Rechnungsfehlers von der Geſetz-
verletzung liegt darin, daß der Rechnungsfehler von Jedem,
der nur darauf aufmerkſam gemacht wird, unfehlbar aner-
kannt werden muß; bei der angeblichen Geſetzverletzung
aber kommt es erſt auf eine, oft nicht unzweifelhafte, Prü-
fung des Inhalts des Geſetzes an, ferner auf eine Ver-
gleichung des Geſetzes mit dem Urtheil, insbeſondere auch
auf die Frage, ob der Richter in der That das Geſetz ver-
kannt, oder vielmehr in der Subſumtion der Thatſachen
unter das Geſetz geirrt hat, auf welchen letzten Fall die
Befreiung von den regelmäßigen Bedingungen der Appel-
lation ganz und gar nicht bezogen werden darf (r).

An die ſo eben erwähnte Regel des Römiſchen Rechts
von der Geſetzverletzung in einem Urtheil, deren Anfechtung
nicht unter den gewöhnlichen Regeln und Formen der Ap-
pellation ſtehen ſoll, haben ſich in dem Prozeßrecht neuerer

(r) L. 32 de re jud. (42. 1). L. 1 § 2 quae sent. (49. 8).
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[383/0401] §. 292. Rechtskraft der Gründe. (Fortſetzung.) daß auch der fehlende Richter ſelbſt ſeinen Irrthum (ähn- lich einem bloßen Schreibfehler) wieder verbeſſern könne. Dieſe Meinung würde jedoch ganz irrig ſeyn, und beide Fälle haben eine verſchiedene Natur. Die in einem Urtheil enthaltene Geſetzverletzung kann nur durch ein Rechtsmittel gegen das Urtheil berichtigt werden, und iſt nur dadurch von anderen, in einem Urtheil vorkommenden Fehlern ver- ſchieden, daß die Anfechtung nicht den beſchränkenden Re- geln und Formen der Appellation unterworfen iſt. Der innere Unterſchied des Rechnungsfehlers von der Geſetz- verletzung liegt darin, daß der Rechnungsfehler von Jedem, der nur darauf aufmerkſam gemacht wird, unfehlbar aner- kannt werden muß; bei der angeblichen Geſetzverletzung aber kommt es erſt auf eine, oft nicht unzweifelhafte, Prü- fung des Inhalts des Geſetzes an, ferner auf eine Ver- gleichung des Geſetzes mit dem Urtheil, insbeſondere auch auf die Frage, ob der Richter in der That das Geſetz ver- kannt, oder vielmehr in der Subſumtion der Thatſachen unter das Geſetz geirrt hat, auf welchen letzten Fall die Befreiung von den regelmäßigen Bedingungen der Appel- lation ganz und gar nicht bezogen werden darf (r). An die ſo eben erwähnte Regel des Römiſchen Rechts von der Geſetzverletzung in einem Urtheil, deren Anfechtung nicht unter den gewöhnlichen Regeln und Formen der Ap- pellation ſtehen ſoll, haben ſich in dem Prozeßrecht neuerer (r) L. 32 de re jud. (42. 1). L. 1 § 2 quae sent. (49. 8).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/401>, abgerufen am 22.11.2024.