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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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L. 7 de exceptione rei judicatae.

§ 2. Sed in cementis et tignis diversum est(l): nam
is, qui insulam petit, si cementa, vel tigna, vel quid
aliud suum petat, in ea condicione est, ut videatur aliud
petere: etenim cujus insula est, non utique et cementa
sunt: denique ea, quae juncta sunt aedibus alienis, sepa-
rata dominus vindicare potest
(m).


daß beinahe in allen vorher
angegebenen streitigen Fällen die
Exception wirklich anwendbar sey.
Sehen wir zu, ob sich dieser Aus-
spruch bewährt. Die Exception
ist in der That anwendbar: 1. bei
dem Landgut und den abgehauenen
Bäumen, 2. bei dem Haus und
dem leeren Boden (area), 3. bei
der Sclavin und dem, vor oder
nach der Klage erzeugten, Kind
derselben. Sie ist nicht anwend-
bar bei dem Haus und dem Bau-
material, wie der § 2 ausdrücklich
sagt.
(l) Der Fall der Baumateria-
lien wird also als der einzige ge-
nannt, worin es anders gehalten
werde, indem hier die Exception
nicht anwendbar sey. Dieses paßt
sehr gut als Gegensatz zu den un-
mittelbar vorhergehenden Worten:
in his fere omnibus. Das
Sed in cementis drückt daher ein
nur aus, und giebt die Erklärung
des fere. -- Der Ausspruch über
die cementa ist hier übrigens so
entschieden und unzweifelhaft, daß
dadurch die gewöhnliche Erklärung
der vorhergehenden Erwähnung der
cementa ganz unmöglich wird
(Note e). Der wahre Grund die-
ses von den übrigen Fällen ver-
schiedenen Ausspruchs wird in der
folgenden Note angegeben werden.
(m) Über die Schiffe erklärt
sich Ulpian nicht; ich glaube aber,
daß es bei den Brettern eines
Schiffes eben so gehalten werden
muß, wie bei den Balken eines
Hauses. Wenn der Richter die
Vindication eines Schiffes abweist,
so liegt darin keine stillschweigende
Verneinung des Eigenthums an
einzelnen Brettern, weil er ein
solches Eigenthum in dieser Lage
des Rechtsstreits gar nicht zuer-
kennen kann; dazu müßte erst eine
Abtrennung der Bretter durch die
a. ad exhibendum vorher bewirkt
worden seyn. L. 23 § 5 de R. V.,
L.
6 ad exhib.
-- Der Unterschied
des Schiffes von dem Hause besteht
nur darin, daß bei dem Hause
nicht einmal diese vorhergehende
Abtrennung verlangt werden kann.
L. 6 cit., L. 7 § 10 de adqu.
rer. dom.
Ohne Abtrennung
ist eine Vindication oder ein Zu-
sprechen der einzelnen Bestandtheile
in beiden Fällen gleich unmöglich.
L. 7 de exceptione rei judicatae.

§ 2. Sed in cementis et tignis diversum est(l): nam
is, qui insulam petit, si cementa, vel tigna, vel quid
aliud suum petat, in ea condicione est, ut videatur aliud
petere: etenim cujus insula est, non utique et cementa
sunt: denique ea, quae juncta sunt aedibus alienis, sepa-
rata dominus vindicare potest
(m).


daß beinahe in allen vorher
angegebenen ſtreitigen Fällen die
Exception wirklich anwendbar ſey.
Sehen wir zu, ob ſich dieſer Aus-
ſpruch bewährt. Die Exception
iſt in der That anwendbar: 1. bei
dem Landgut und den abgehauenen
Bäumen, 2. bei dem Haus und
dem leeren Boden (area), 3. bei
der Sclavin und dem, vor oder
nach der Klage erzeugten, Kind
derſelben. Sie iſt nicht anwend-
bar bei dem Haus und dem Bau-
material, wie der § 2 ausdrücklich
ſagt.
(l) Der Fall der Baumateria-
lien wird alſo als der einzige ge-
nannt, worin es anders gehalten
werde, indem hier die Exception
nicht anwendbar ſey. Dieſes paßt
ſehr gut als Gegenſatz zu den un-
mittelbar vorhergehenden Worten:
in his fere omnibus. Das
Sed in cementis drückt daher ein
nur aus, und giebt die Erklärung
des fere. — Der Ausſpruch über
die cementa iſt hier übrigens ſo
entſchieden und unzweifelhaft, daß
dadurch die gewöhnliche Erklärung
der vorhergehenden Erwähnung der
cementa ganz unmöglich wird
(Note e). Der wahre Grund die-
ſes von den übrigen Fällen ver-
ſchiedenen Ausſpruchs wird in der
folgenden Note angegeben werden.
(m) Über die Schiffe erklärt
ſich Ulpian nicht; ich glaube aber,
daß es bei den Brettern eines
Schiffes eben ſo gehalten werden
muß, wie bei den Balken eines
Hauſes. Wenn der Richter die
Vindication eines Schiffes abweiſt,
ſo liegt darin keine ſtillſchweigende
Verneinung des Eigenthums an
einzelnen Brettern, weil er ein
ſolches Eigenthum in dieſer Lage
des Rechtsſtreits gar nicht zuer-
kennen kann; dazu müßte erſt eine
Abtrennung der Bretter durch die
a. ad exhibendum vorher bewirkt
worden ſeyn. L. 23 § 5 de R. V.,
L.
6 ad exhib.
— Der Unterſchied
des Schiffes von dem Hauſe beſteht
nur darin, daß bei dem Hauſe
nicht einmal dieſe vorhergehende
Abtrennung verlangt werden kann.
L. 6 cit., L. 7 § 10 de adqu.
rer. dom.
Ohne Abtrennung
iſt eine Vindication oder ein Zu-
ſprechen der einzelnen Beſtandtheile
in beiden Fällen gleich unmöglich.
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[507/0525] L. 7 de exceptione rei judicatae. § 2. Sed in cementis et tignis diversum est (l): nam is, qui insulam petit, si cementa, vel tigna, vel quid aliud suum petat, in ea condicione est, ut videatur aliud petere: etenim cujus insula est, non utique et cementa sunt: denique ea, quae juncta sunt aedibus alienis, sepa- rata dominus vindicare potest (m). (k) (l) Der Fall der Baumateria- lien wird alſo als der einzige ge- nannt, worin es anders gehalten werde, indem hier die Exception nicht anwendbar ſey. Dieſes paßt ſehr gut als Gegenſatz zu den un- mittelbar vorhergehenden Worten: in his fere omnibus. Das Sed in cementis drückt daher ein nur aus, und giebt die Erklärung des fere. — Der Ausſpruch über die cementa iſt hier übrigens ſo entſchieden und unzweifelhaft, daß dadurch die gewöhnliche Erklärung der vorhergehenden Erwähnung der cementa ganz unmöglich wird (Note e). Der wahre Grund die- ſes von den übrigen Fällen ver- ſchiedenen Ausſpruchs wird in der folgenden Note angegeben werden. (m) Über die Schiffe erklärt ſich Ulpian nicht; ich glaube aber, daß es bei den Brettern eines Schiffes eben ſo gehalten werden muß, wie bei den Balken eines Hauſes. Wenn der Richter die Vindication eines Schiffes abweiſt, ſo liegt darin keine ſtillſchweigende Verneinung des Eigenthums an einzelnen Brettern, weil er ein ſolches Eigenthum in dieſer Lage des Rechtsſtreits gar nicht zuer- kennen kann; dazu müßte erſt eine Abtrennung der Bretter durch die a. ad exhibendum vorher bewirkt worden ſeyn. L. 23 § 5 de R. V., L. 6 ad exhib. — Der Unterſchied des Schiffes von dem Hauſe beſteht nur darin, daß bei dem Hauſe nicht einmal dieſe vorhergehende Abtrennung verlangt werden kann. L. 6 cit., L. 7 § 10 de adqu. rer. dom. Ohne Abtrennung iſt eine Vindication oder ein Zu- ſprechen der einzelnen Beſtandtheile in beiden Fällen gleich unmöglich. (k) daß beinahe in allen vorher angegebenen ſtreitigen Fällen die Exception wirklich anwendbar ſey. Sehen wir zu, ob ſich dieſer Aus- ſpruch bewährt. Die Exception iſt in der That anwendbar: 1. bei dem Landgut und den abgehauenen Bäumen, 2. bei dem Haus und dem leeren Boden (area), 3. bei der Sclavin und dem, vor oder nach der Klage erzeugten, Kind derſelben. Sie iſt nicht anwend- bar bei dem Haus und dem Bau- material, wie der § 2 ausdrücklich ſagt.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/525>, abgerufen am 25.11.2024.