Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung. in diesem Gesetz augenscheinlich nur den Zweck, für einenseltenen Nothfall eine rein practische Auskunft zu erfinden, nicht die feinere Natur dieser Rechtsverhältnisse zu bestim- men. Für jenen practischen Zweck war durch die neue Vorschrift völlig gesorgt, und in dieser Hinsicht konnte man es eine interruptio nennen, weil es für den vorliegenden Zweck, wenn der Kläger wirklich Eigenthum hatte, ganz gleichgültig war, ob die Usucapion unterbrochen, oder dem Kläger ein Anspruch auf Verurtheilung des Gegners zur Rückgabe des Eigenthums gesichert war. Die dreijährige Usucapion war doch gewiß nicht aus einer alten Klagver- jährung hervorgegangen, und bei ihr ist also nicht einmal eine scheinbare Veranlassung anzugeben, weshalb sie hätte die Natur einer eigentlichen Usucapion verlieren, und in die einer Klagverjährung umgebildet werden sollen; dennoch ist auch sie, wie die übrigen Fälle, in jenem Gesetz ausdrücklich mit aufgeführt, und mit ihnen ganz auf gleiche Linie gestellt. Diese ganze Streitfrage übrigens ist von geringer prac- Dieselben Regeln, welche hier für die Usucapion aufge- Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. in dieſem Geſetz augenſcheinlich nur den Zweck, für einenſeltenen Nothfall eine rein practiſche Auskunft zu erfinden, nicht die feinere Natur dieſer Rechtsverhältniſſe zu beſtim- men. Für jenen practiſchen Zweck war durch die neue Vorſchrift völlig geſorgt, und in dieſer Hinſicht konnte man es eine interruptio nennen, weil es für den vorliegenden Zweck, wenn der Kläger wirklich Eigenthum hatte, ganz gleichgültig war, ob die Uſucapion unterbrochen, oder dem Kläger ein Anſpruch auf Verurtheilung des Gegners zur Rückgabe des Eigenthums geſichert war. Die dreijährige Uſucapion war doch gewiß nicht aus einer alten Klagver- jährung hervorgegangen, und bei ihr iſt alſo nicht einmal eine ſcheinbare Veranlaſſung anzugeben, weshalb ſie hätte die Natur einer eigentlichen Uſucapion verlieren, und in die einer Klagverjährung umgebildet werden ſollen; dennoch iſt auch ſie, wie die übrigen Fälle, in jenem Geſetz ausdrücklich mit aufgeführt, und mit ihnen ganz auf gleiche Linie geſtellt. Dieſe ganze Streitfrage übrigens iſt von geringer prac- Dieſelben Regeln, welche hier für die Uſucapion aufge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0078" n="60"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/> in dieſem Geſetz augenſcheinlich nur den Zweck, für einen<lb/> ſeltenen Nothfall eine rein practiſche Auskunft zu erfinden,<lb/> nicht die feinere Natur dieſer Rechtsverhältniſſe zu beſtim-<lb/> men. Für jenen practiſchen Zweck war durch die neue<lb/> Vorſchrift völlig geſorgt, und in dieſer Hinſicht konnte man<lb/> es eine <hi rendition="#aq">interruptio</hi> nennen, weil es für den vorliegenden<lb/> Zweck, wenn der Kläger wirklich Eigenthum hatte, ganz<lb/> gleichgültig war, ob die Uſucapion unterbrochen, oder dem<lb/> Kläger ein Anſpruch auf Verurtheilung des Gegners zur<lb/> Rückgabe des Eigenthums geſichert war. Die dreijährige<lb/> Uſucapion war doch gewiß nicht aus einer alten Klagver-<lb/> jährung hervorgegangen, und bei ihr iſt alſo nicht einmal<lb/> eine ſcheinbare Veranlaſſung anzugeben, weshalb ſie hätte<lb/> die Natur einer eigentlichen Uſucapion verlieren, und in<lb/> die einer Klagverjährung umgebildet werden ſollen; dennoch<lb/> iſt auch ſie, wie die übrigen Fälle, in jenem Geſetz ausdrücklich<lb/> mit aufgeführt, und mit ihnen ganz auf gleiche Linie geſtellt.</p><lb/> <p>Dieſe ganze Streitfrage übrigens iſt von geringer prac-<lb/> tiſcher Erheblichkeit. Die Fälle, in welchen die Gefahr<lb/> einer Uſucapion durch Klage abgewendet werden muß, ſind<lb/> überhaupt nicht häufig, und wo ſie vorkommen, iſt es für<lb/> die Sicherheit des alten Eigenthümers ziemlich gleichgültig,<lb/> ob er durch Unterbrechung der Uſucapion geſchützt wird,<lb/> oder vielmehr, wie ich glaube, auf dem Wege, den dafür<lb/> das ältere R. R. angiebt.</p><lb/> <p>Dieſelben Regeln, welche hier für die Uſucapion aufge-<lb/> ſtellt worden ſind, müſſen auch angewendet werden, wenn<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [60/0078]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
in dieſem Geſetz augenſcheinlich nur den Zweck, für einen
ſeltenen Nothfall eine rein practiſche Auskunft zu erfinden,
nicht die feinere Natur dieſer Rechtsverhältniſſe zu beſtim-
men. Für jenen practiſchen Zweck war durch die neue
Vorſchrift völlig geſorgt, und in dieſer Hinſicht konnte man
es eine interruptio nennen, weil es für den vorliegenden
Zweck, wenn der Kläger wirklich Eigenthum hatte, ganz
gleichgültig war, ob die Uſucapion unterbrochen, oder dem
Kläger ein Anſpruch auf Verurtheilung des Gegners zur
Rückgabe des Eigenthums geſichert war. Die dreijährige
Uſucapion war doch gewiß nicht aus einer alten Klagver-
jährung hervorgegangen, und bei ihr iſt alſo nicht einmal
eine ſcheinbare Veranlaſſung anzugeben, weshalb ſie hätte
die Natur einer eigentlichen Uſucapion verlieren, und in
die einer Klagverjährung umgebildet werden ſollen; dennoch
iſt auch ſie, wie die übrigen Fälle, in jenem Geſetz ausdrücklich
mit aufgeführt, und mit ihnen ganz auf gleiche Linie geſtellt.
Dieſe ganze Streitfrage übrigens iſt von geringer prac-
tiſcher Erheblichkeit. Die Fälle, in welchen die Gefahr
einer Uſucapion durch Klage abgewendet werden muß, ſind
überhaupt nicht häufig, und wo ſie vorkommen, iſt es für
die Sicherheit des alten Eigenthümers ziemlich gleichgültig,
ob er durch Unterbrechung der Uſucapion geſchützt wird,
oder vielmehr, wie ich glaube, auf dem Wege, den dafür
das ältere R. R. angiebt.
Dieſelben Regeln, welche hier für die Uſucapion aufge-
ſtellt worden ſind, müſſen auch angewendet werden, wenn
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