§. 262 Wirkung der L. C. -- I. Verurtheilung gesichert. (Forts.)
er zur Zeit der L. C. unzweifelhaft abgewiesen worden wäre.
Ferner ist das practische Interesse dieser Frage an sich weit geringer. In dem bisher betrachteten umgekehrten Fall kam es darauf an, den Kläger gegen den Verlust des Rechts selbst zu schützen, den er z. B. durch den unge- schwächten Fortgang der Klagverjährung oder der Usucapion erlitten haben würde. Dieser Verlust des Rechts selbst kann hier in keinem Fall eintreten. Lassen wir die Beach- tung des neu erworbenen Rechts im gegenwärtigen Prozeß zu, so erreicht der Kläger seinen Zweck sogleich; lassen wir sie nicht zu, so wird der Beklagte freigesprochen, der Kläger kann aber in einer neuen Klage sein Recht geltend machen, und verliert also blos Zeit und Prozeßkosten. Dieses galt selbst nach der Strenge des alten R. R., da das neu erworbene Recht eine nova causa bildete, also durch die frühere Klage nicht in judicium deducirt und consumirt war (c). Das Interesse der Frage ist also nicht materiell, nur prozessualisch, woraus übrigens nicht folgt, daß wir deshalb weniger sorgfältig auf die Entscheidung derselben einzugehen hätten.
A.Nach R. R. muß angenommen werden, daß der spätere Erwerb des Rechts die Verurtheilung nicht recht- fertigt. Dafür sind folgende Stellen entscheidend: L. 23 de jud. (5. 1) von Paulus: "Non potest
(c)L. 11 § 4. 5 de exc. rei jud. (44. 2). Diese Stelle wird in der Lehre vom Urtheil vollständig benutzt werden.
VI. 5
§. 262 Wirkung der L. C. — I. Verurtheilung geſichert. (Fortſ.)
er zur Zeit der L. C. unzweifelhaft abgewieſen worden wäre.
Ferner iſt das practiſche Intereſſe dieſer Frage an ſich weit geringer. In dem bisher betrachteten umgekehrten Fall kam es darauf an, den Kläger gegen den Verluſt des Rechts ſelbſt zu ſchützen, den er z. B. durch den unge- ſchwächten Fortgang der Klagverjährung oder der Uſucapion erlitten haben würde. Dieſer Verluſt des Rechts ſelbſt kann hier in keinem Fall eintreten. Laſſen wir die Beach- tung des neu erworbenen Rechts im gegenwärtigen Prozeß zu, ſo erreicht der Kläger ſeinen Zweck ſogleich; laſſen wir ſie nicht zu, ſo wird der Beklagte freigeſprochen, der Kläger kann aber in einer neuen Klage ſein Recht geltend machen, und verliert alſo blos Zeit und Prozeßkoſten. Dieſes galt ſelbſt nach der Strenge des alten R. R., da das neu erworbene Recht eine nova causa bildete, alſo durch die frühere Klage nicht in judicium deducirt und conſumirt war (c). Das Intereſſe der Frage iſt alſo nicht materiell, nur prozeſſualiſch, woraus übrigens nicht folgt, daß wir deshalb weniger ſorgfältig auf die Entſcheidung derſelben einzugehen hätten.
A.Nach R. R. muß angenommen werden, daß der ſpätere Erwerb des Rechts die Verurtheilung nicht recht- fertigt. Dafür ſind folgende Stellen entſcheidend: L. 23 de jud. (5. 1) von Paulus: „Non potest
(c)L. 11 § 4. 5 de exc. rei jud. (44. 2). Dieſe Stelle wird in der Lehre vom Urtheil vollſtändig benutzt werden.
VI. 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0083"n="65"/><fwplace="top"type="header">§. 262 Wirkung der L. C. —<hirendition="#aq">I.</hi> Verurtheilung geſichert. (Fortſ.)</fw><lb/>
er zur Zeit der L. C. unzweifelhaft abgewieſen worden<lb/>
wäre.</p><lb/><p>Ferner iſt das practiſche Intereſſe dieſer Frage an ſich<lb/>
weit geringer. In dem bisher betrachteten umgekehrten<lb/>
Fall kam es darauf an, den Kläger gegen den Verluſt des<lb/>
Rechts ſelbſt zu ſchützen, den er z. B. durch den unge-<lb/>ſchwächten Fortgang der Klagverjährung oder der Uſucapion<lb/>
erlitten haben würde. Dieſer Verluſt des Rechts ſelbſt<lb/>
kann hier in keinem Fall eintreten. Laſſen wir die Beach-<lb/>
tung des neu erworbenen Rechts im gegenwärtigen Prozeß<lb/>
zu, ſo erreicht der Kläger ſeinen Zweck ſogleich; laſſen<lb/>
wir ſie nicht zu, ſo wird der Beklagte freigeſprochen, der<lb/>
Kläger kann aber in einer neuen Klage ſein Recht geltend<lb/>
machen, und verliert alſo blos Zeit und Prozeßkoſten.<lb/>
Dieſes galt ſelbſt nach der Strenge des alten R. R., da<lb/>
das neu erworbene Recht eine <hirendition="#aq">nova causa</hi> bildete, alſo<lb/>
durch die frühere Klage nicht <hirendition="#aq">in judicium</hi> deducirt und<lb/>
conſumirt war <noteplace="foot"n="(c)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 11 § 4. 5 <hirendition="#i">de exc. rei jud.</hi></hi> (44. 2). Dieſe Stelle wird in<lb/>
der Lehre vom Urtheil vollſtändig benutzt werden.</note>. Das Intereſſe der Frage iſt alſo nicht<lb/>
materiell, nur prozeſſualiſch, woraus übrigens nicht folgt,<lb/>
daß wir deshalb weniger ſorgfältig auf die Entſcheidung<lb/>
derſelben einzugehen hätten.</p><lb/><p><hirendition="#aq">A.</hi><hirendition="#g">Nach</hi> R. R. muß angenommen werden, daß der<lb/>ſpätere Erwerb des Rechts die Verurtheilung nicht recht-<lb/>
fertigt. Dafür ſind folgende Stellen entſcheidend:<lb/><hirendition="#et"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 23 <hirendition="#i">de jud.</hi></hi> (5. 1) von <hirendition="#g">Paulus</hi>: <hirendition="#aq">„Non potest</hi></hi><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">VI.</hi> 5</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[65/0083]
§. 262 Wirkung der L. C. — I. Verurtheilung geſichert. (Fortſ.)
er zur Zeit der L. C. unzweifelhaft abgewieſen worden
wäre.
Ferner iſt das practiſche Intereſſe dieſer Frage an ſich
weit geringer. In dem bisher betrachteten umgekehrten
Fall kam es darauf an, den Kläger gegen den Verluſt des
Rechts ſelbſt zu ſchützen, den er z. B. durch den unge-
ſchwächten Fortgang der Klagverjährung oder der Uſucapion
erlitten haben würde. Dieſer Verluſt des Rechts ſelbſt
kann hier in keinem Fall eintreten. Laſſen wir die Beach-
tung des neu erworbenen Rechts im gegenwärtigen Prozeß
zu, ſo erreicht der Kläger ſeinen Zweck ſogleich; laſſen
wir ſie nicht zu, ſo wird der Beklagte freigeſprochen, der
Kläger kann aber in einer neuen Klage ſein Recht geltend
machen, und verliert alſo blos Zeit und Prozeßkoſten.
Dieſes galt ſelbſt nach der Strenge des alten R. R., da
das neu erworbene Recht eine nova causa bildete, alſo
durch die frühere Klage nicht in judicium deducirt und
conſumirt war (c). Das Intereſſe der Frage iſt alſo nicht
materiell, nur prozeſſualiſch, woraus übrigens nicht folgt,
daß wir deshalb weniger ſorgfältig auf die Entſcheidung
derſelben einzugehen hätten.
A. Nach R. R. muß angenommen werden, daß der
ſpätere Erwerb des Rechts die Verurtheilung nicht recht-
fertigt. Dafür ſind folgende Stellen entſcheidend:
L. 23 de jud. (5. 1) von Paulus: „Non potest
(c) L. 11 § 4. 5 de exc. rei jud. (44. 2). Dieſe Stelle wird in
der Lehre vom Urtheil vollſtändig benutzt werden.
VI. 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/83>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.