Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung. Der Eid ist jetzt bloßes Beweismittel, und kann nur (c) Der aufgestellte Satz wird
von folgenden Schriftstellern aner- kannt: Böhmer electa T. 2 Ex. 14 § 12, Glück B. 8 § 585, Martin § 224 (11te Ausg.), Linde § 302 N. 15. -- Anderer Meinung ist Bayer Vorlesungen S. 390, je- doch nur nach Stellen des Röm. Rechts, und indem er die All- gemeinheit der entgegengesetzten Meinung anerkennt. Er meint aber, wenn sich der Gegner auf den Eid über ein Rechtsverhältniß einlasse, so müsse Das als Vergleich gelten. Allein gerade darin weicht das heutige Recht vom Röm. R. ab, daß es die reine Privatwill- kür im Eide beschränkt. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Der Eid iſt jetzt bloßes Beweismittel, und kann nur (c) Der aufgeſtellte Satz wird
von folgenden Schriftſtellern aner- kannt: Böhmer electa T. 2 Ex. 14 § 12, Glück B. 8 § 585, Martin § 224 (11te Ausg.), Linde § 302 N. 15. — Anderer Meinung iſt Bayer Vorleſungen S. 390, je- doch nur nach Stellen des Röm. Rechts, und indem er die All- gemeinheit der entgegengeſetzten Meinung anerkennt. Er meint aber, wenn ſich der Gegner auf den Eid über ein Rechtsverhältniß einlaſſe, ſo müſſe Das als Vergleich gelten. Allein gerade darin weicht das heutige Recht vom Röm. R. ab, daß es die reine Privatwill- kür im Eide beſchränkt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0108" n="86"/> <fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/> <p>Der Eid iſt jetzt bloßes Beweismittel, und kann nur<lb/> über reine Thatſachen, nicht über Rechtsverhältniſſe (welches<lb/> im Römiſchen Recht ſeine Hauptanwendung war) zuge-<lb/> ſchoben werden. Wird Dieſes dennoch verſucht, ſo hat der<lb/> Richter einen ſolchen Eid zu verbeſſern. Dieſe wichtige<lb/> Neuerung iſt im heutigen Recht faſt allgemein anerkannt, wenn-<lb/> gleich im Einzelnen von unkundigen Richtern dagegen nicht<lb/> ſelten, und vielleicht ſelbſt bewußtlos, verſtoßen werden mag,<lb/> indem ſie ſich den Gegenſatz nicht völlig klar machen <note place="foot" n="(c)">Der aufgeſtellte Satz wird<lb/> von folgenden Schriftſtellern aner-<lb/> kannt: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Böhmer</hi> electa T. 2 Ex.</hi> 14<lb/> § 12, <hi rendition="#g">Glück</hi> B. 8 § 585, <hi rendition="#g">Martin</hi><lb/> § 224 (11te Ausg.), <hi rendition="#g">Linde</hi> § 302<lb/> N. 15. — Anderer Meinung iſt<lb/><hi rendition="#g">Bayer</hi> Vorleſungen S. 390, je-<lb/> doch nur nach Stellen des Röm.<lb/> Rechts, und indem er die All-<lb/> gemeinheit der entgegengeſetzten<lb/> Meinung anerkennt. Er meint<lb/> aber, wenn ſich der Gegner auf<lb/> den Eid über ein Rechtsverhältniß<lb/> einlaſſe, ſo müſſe Das als Vergleich<lb/> gelten. Allein gerade darin weicht<lb/> das heutige Recht vom Röm. R.<lb/> ab, daß es die reine Privatwill-<lb/> kür im Eide beſchränkt.</note>. —<lb/> Es darf daher der Eid nicht zugeſchoben werden über das<lb/> Daſeyn eines Eigenthums oder einer Schuld, ſondern nur<lb/> über diejenigen Thatſachen, woraus das Eigenthum oder<lb/> die Schuld angeblich entſtanden ſeyn ſoll. Der Grund<lb/> dieſes wichtigen Satzes liegt darin, daß jedes Urtheil über<lb/> das Daſeyn eines Rechtsverhältniſſes ſtets ein Stück Rechts-<lb/> theorie mit in ſich ſchließt, die doch unmöglich als paſſender<lb/> Gegenſtand eines Eides angeſehen werden kann. Die Un-<lb/> klarheit, die aus dieſer Vermiſchung von Rechtsſätzen und<lb/> Thatſachen hervorgeht, kann dahin führen, daß in manchen<lb/> Fällen ein Eid geleiſtet wird, den bei genauer Zergliederung<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [86/0108]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Der Eid iſt jetzt bloßes Beweismittel, und kann nur
über reine Thatſachen, nicht über Rechtsverhältniſſe (welches
im Römiſchen Recht ſeine Hauptanwendung war) zuge-
ſchoben werden. Wird Dieſes dennoch verſucht, ſo hat der
Richter einen ſolchen Eid zu verbeſſern. Dieſe wichtige
Neuerung iſt im heutigen Recht faſt allgemein anerkannt, wenn-
gleich im Einzelnen von unkundigen Richtern dagegen nicht
ſelten, und vielleicht ſelbſt bewußtlos, verſtoßen werden mag,
indem ſie ſich den Gegenſatz nicht völlig klar machen (c). —
Es darf daher der Eid nicht zugeſchoben werden über das
Daſeyn eines Eigenthums oder einer Schuld, ſondern nur
über diejenigen Thatſachen, woraus das Eigenthum oder
die Schuld angeblich entſtanden ſeyn ſoll. Der Grund
dieſes wichtigen Satzes liegt darin, daß jedes Urtheil über
das Daſeyn eines Rechtsverhältniſſes ſtets ein Stück Rechts-
theorie mit in ſich ſchließt, die doch unmöglich als paſſender
Gegenſtand eines Eides angeſehen werden kann. Die Un-
klarheit, die aus dieſer Vermiſchung von Rechtsſätzen und
Thatſachen hervorgeht, kann dahin führen, daß in manchen
Fällen ein Eid geleiſtet wird, den bei genauer Zergliederung
(c) Der aufgeſtellte Satz wird
von folgenden Schriftſtellern aner-
kannt: Böhmer electa T. 2 Ex. 14
§ 12, Glück B. 8 § 585, Martin
§ 224 (11te Ausg.), Linde § 302
N. 15. — Anderer Meinung iſt
Bayer Vorleſungen S. 390, je-
doch nur nach Stellen des Röm.
Rechts, und indem er die All-
gemeinheit der entgegengeſetzten
Meinung anerkennt. Er meint
aber, wenn ſich der Gegner auf
den Eid über ein Rechtsverhältniß
einlaſſe, ſo müſſe Das als Vergleich
gelten. Allein gerade darin weicht
das heutige Recht vom Röm. R.
ab, daß es die reine Privatwill-
kür im Eide beſchränkt.
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