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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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§. 317. Natur und Entwicklung der Restitution.
Zeiten ist die Ertheilung der Restitution allen Richtern
ohne Unterschied überlassen worden (§ 334). Durch diese
allmälig eingetretenen Veränderungen nun sind alle oben
geschilderten Schutzwehren nach und nach weggefallen, und
es scheint, daß die Restitution nunmehr ein für die Rechts-
sicherheit höchst gefährliches Institut geworden seyn müßte.

Allein es sind seitdem auch von der anderen Seite Ver-
änderungen eingetreten, wodurch diese Gefahr größtentheils
beseitigt worden ist.

Dahin gehört zuerst der Umstand, daß seit der Kaiser-
regierung die Appellation allgemein eingeführt worden ist
(Beilage XV). Dieser wurde nun auch die Restitution
unterworfen, die in dieser Hinsicht mit gewöhnlichen Ur-
theilen auf gleiche Linie trat, und seitdem nicht mehr mit
der Gefahr verbunden war, eine unabänderliche Ungerechtig-
keit herbei zu führen.

Noch wichtiger aber waren in dieser Hinsicht die Ver-
änderungen, die allmälig und unvermerkt in der, mit der
Restitution ursprünglich verbundenen, fast unbeschränkt freien
Macht eintraten, und wodurch die Gefahr der Willkür
zuletzt fast ganz verschwinden mußte.

Schon die Prätoren selbst hatten zwar in einem Fall
der Restitution ein völlig freies Ermessen bei der Ge-
währung oder Versagung sich vorbehalten (b), in anderen
Fällen dagegen sehr genaue Bedingungen derselben ausge-

(b) L. 1 § 1 de minor. (4. 4).

§. 317. Natur und Entwicklung der Reſtitution.
Zeiten iſt die Ertheilung der Reſtitution allen Richtern
ohne Unterſchied überlaſſen worden (§ 334). Durch dieſe
allmälig eingetretenen Veränderungen nun ſind alle oben
geſchilderten Schutzwehren nach und nach weggefallen, und
es ſcheint, daß die Reſtitution nunmehr ein für die Rechts-
ſicherheit höchſt gefährliches Inſtitut geworden ſeyn müßte.

Allein es ſind ſeitdem auch von der anderen Seite Ver-
änderungen eingetreten, wodurch dieſe Gefahr größtentheils
beſeitigt worden iſt.

Dahin gehört zuerſt der Umſtand, daß ſeit der Kaiſer-
regierung die Appellation allgemein eingeführt worden iſt
(Beilage XV). Dieſer wurde nun auch die Reſtitution
unterworfen, die in dieſer Hinſicht mit gewöhnlichen Ur-
theilen auf gleiche Linie trat, und ſeitdem nicht mehr mit
der Gefahr verbunden war, eine unabänderliche Ungerechtig-
keit herbei zu führen.

Noch wichtiger aber waren in dieſer Hinſicht die Ver-
änderungen, die allmälig und unvermerkt in der, mit der
Reſtitution urſprünglich verbundenen, faſt unbeſchränkt freien
Macht eintraten, und wodurch die Gefahr der Willkür
zuletzt faſt ganz verſchwinden mußte.

Schon die Prätoren ſelbſt hatten zwar in einem Fall
der Reſtitution ein völlig freies Ermeſſen bei der Ge-
währung oder Verſagung ſich vorbehalten (b), in anderen
Fällen dagegen ſehr genaue Bedingungen derſelben ausge-

(b) L. 1 § 1 de minor. (4. 4).
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[111/0133] §. 317. Natur und Entwicklung der Reſtitution. Zeiten iſt die Ertheilung der Reſtitution allen Richtern ohne Unterſchied überlaſſen worden (§ 334). Durch dieſe allmälig eingetretenen Veränderungen nun ſind alle oben geſchilderten Schutzwehren nach und nach weggefallen, und es ſcheint, daß die Reſtitution nunmehr ein für die Rechts- ſicherheit höchſt gefährliches Inſtitut geworden ſeyn müßte. Allein es ſind ſeitdem auch von der anderen Seite Ver- änderungen eingetreten, wodurch dieſe Gefahr größtentheils beſeitigt worden iſt. Dahin gehört zuerſt der Umſtand, daß ſeit der Kaiſer- regierung die Appellation allgemein eingeführt worden iſt (Beilage XV). Dieſer wurde nun auch die Reſtitution unterworfen, die in dieſer Hinſicht mit gewöhnlichen Ur- theilen auf gleiche Linie trat, und ſeitdem nicht mehr mit der Gefahr verbunden war, eine unabänderliche Ungerechtig- keit herbei zu führen. Noch wichtiger aber waren in dieſer Hinſicht die Ver- änderungen, die allmälig und unvermerkt in der, mit der Reſtitution urſprünglich verbundenen, faſt unbeſchränkt freien Macht eintraten, und wodurch die Gefahr der Willkür zuletzt faſt ganz verſchwinden mußte. Schon die Prätoren ſelbſt hatten zwar in einem Fall der Reſtitution ein völlig freies Ermeſſen bei der Ge- währung oder Verſagung ſich vorbehalten (b), in anderen Fällen dagegen ſehr genaue Bedingungen derſelben ausge- (b) L. 1 § 1 de minor. (4. 4).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/133>, abgerufen am 24.11.2024.