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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
eben dargestellten positiven Vorschriften des Römischen Rechts
noch Geltung haben oder nicht (a). Ich nehme an, daß
die meisten und wichtigsten Aussprüche des Römischen Rechts
in dieser Lehre gar nicht als positive Vorschriften, sondern
vielmehr als die natürliche Entwickelung dieses Rechts-
instituts anzusehen sind, allerdings mit einigen, nicht erheb-
lichen, rein positiven Beimischungen, die für uns nicht
mehr anwendbar sind.

Die richtige Behandlung dieser Lehre ist bis jetzt durch
Nichts so sehr gehindert worden, als durch den Ausgangs-
punkt, den man dafür zu wählen pflegte. Als Gattungs-
begriff galt der eines Beweismittels, genannt Geständniß,
bestehend in der eigenen Erklärung Dessen, gegen welchen
damit ein Beweis geführt werden sollte. Dieser Gattungs-
begriff wurde zerlegt in zwei Arten, das gerichtliche und
das außergerichtliche Geständniß, je nachdem in oder
außer dem Gericht jene Erklärung abgegeben wird; diese
als untergeordnet angesehene Verschiedenheit konnte nicht
hindern, beide Begriffe ihrem Wesen nach als gleichartig
zu behandeln.

Ich gehe von einer völlig verschiedenen Grundansicht
aus, deren Hauptzüge schon oben (§ 306) angegeben
worden sind. Beide Begriffe haben den Namen mit ein-
ander gemein, sind aber in ihrem inneren Wesen verschieden.

(a) Heffter S. 290. 291 bejaht diese Frage, Bethmann-
Hollweg
S. 301 verneint dieselbe.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
eben dargeſtellten poſitiven Vorſchriften des Römiſchen Rechts
noch Geltung haben oder nicht (a). Ich nehme an, daß
die meiſten und wichtigſten Ausſprüche des Römiſchen Rechts
in dieſer Lehre gar nicht als poſitive Vorſchriften, ſondern
vielmehr als die natürliche Entwickelung dieſes Rechts-
inſtituts anzuſehen ſind, allerdings mit einigen, nicht erheb-
lichen, rein poſitiven Beimiſchungen, die für uns nicht
mehr anwendbar ſind.

Die richtige Behandlung dieſer Lehre iſt bis jetzt durch
Nichts ſo ſehr gehindert worden, als durch den Ausgangs-
punkt, den man dafür zu wählen pflegte. Als Gattungs-
begriff galt der eines Beweismittels, genannt Geſtändniß,
beſtehend in der eigenen Erklärung Deſſen, gegen welchen
damit ein Beweis geführt werden ſollte. Dieſer Gattungs-
begriff wurde zerlegt in zwei Arten, das gerichtliche und
das außergerichtliche Geſtändniß, je nachdem in oder
außer dem Gericht jene Erklärung abgegeben wird; dieſe
als untergeordnet angeſehene Verſchiedenheit konnte nicht
hindern, beide Begriffe ihrem Weſen nach als gleichartig
zu behandeln.

Ich gehe von einer völlig verſchiedenen Grundanſicht
aus, deren Hauptzüge ſchon oben (§ 306) angegeben
worden ſind. Beide Begriffe haben den Namen mit ein-
ander gemein, ſind aber in ihrem inneren Weſen verſchieden.

(a) Heffter S. 290. 291 bejaht dieſe Frage, Bethmann-
Hollweg
S. 301 verneint dieſelbe.
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[40/0062] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. eben dargeſtellten poſitiven Vorſchriften des Römiſchen Rechts noch Geltung haben oder nicht (a). Ich nehme an, daß die meiſten und wichtigſten Ausſprüche des Römiſchen Rechts in dieſer Lehre gar nicht als poſitive Vorſchriften, ſondern vielmehr als die natürliche Entwickelung dieſes Rechts- inſtituts anzuſehen ſind, allerdings mit einigen, nicht erheb- lichen, rein poſitiven Beimiſchungen, die für uns nicht mehr anwendbar ſind. Die richtige Behandlung dieſer Lehre iſt bis jetzt durch Nichts ſo ſehr gehindert worden, als durch den Ausgangs- punkt, den man dafür zu wählen pflegte. Als Gattungs- begriff galt der eines Beweismittels, genannt Geſtändniß, beſtehend in der eigenen Erklärung Deſſen, gegen welchen damit ein Beweis geführt werden ſollte. Dieſer Gattungs- begriff wurde zerlegt in zwei Arten, das gerichtliche und das außergerichtliche Geſtändniß, je nachdem in oder außer dem Gericht jene Erklärung abgegeben wird; dieſe als untergeordnet angeſehene Verſchiedenheit konnte nicht hindern, beide Begriffe ihrem Weſen nach als gleichartig zu behandeln. Ich gehe von einer völlig verſchiedenen Grundanſicht aus, deren Hauptzüge ſchon oben (§ 306) angegeben worden ſind. Beide Begriffe haben den Namen mit ein- ander gemein, ſind aber in ihrem inneren Weſen verſchieden. (a) Heffter S. 290. 291 bejaht dieſe Frage, Bethmann- Hollweg S. 301 verneint dieſelbe.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/62>, abgerufen am 21.11.2024.