einer solchen Provinzialstadt, welche das Recht der Testa- mente anerkennt, und dafür gewisse Regeln vorschreibt, so könnte er mit Beobachtung dieser Regeln ein gültiges Testa- ment machen, und zwar sowohl in Rom, als in seiner Va- terstadt. Nun aber kann er es nicht, weil er überhaupt keiner Stadt als Bürger angehört (§ 351. n).
6. Endlich kann hier noch die bekannte Thatsache er- wähnt werden, daß das eigenthümliche Eherecht der Latini- schen Städte unterging, als diese Städte das Römische Bürgerrecht erhielten (i).
Es würde sehr gewagt sein, aus diesen wenigen, ver- einzelten Aussprüchen erschöpfende Regeln über die Be- handlung der Collision verschiedener Territorialrechte ablei- ten zu wollen. Doch lassen sich darin folgende leitende Gesichtspunkte nicht verkennen.
A. In einem Vertragsverhältniß zwischen zwei Bür- gern verschiedener Staaten kann keiner Partei das rein positive Gesetz des ihr fremden Staates ent- gegengesetzt werden; sie sind vielmehr nach dem jus gentium zu beurtheilen (k). Doch kann davon in einzelnen Fällen, aus politischen Gründen, das Gegentheil vorgeschrieben werden (Nr. 1).
B. Das Bürgerrecht einer bestimmten Stadt bestimmt in der Regel für jeden Einzelnen dasjenige posi- tive Recht, dem er persönlich untergeordnet ist, nach
(i)Gellius Lib. 4 C. 4.
(k) Vergl. oben § 348. c.
VIII. 6
§. 356. Origo und domicilium. Wirkung. (Fortſ.)
einer ſolchen Provinzialſtadt, welche das Recht der Teſta- mente anerkennt, und dafür gewiſſe Regeln vorſchreibt, ſo könnte er mit Beobachtung dieſer Regeln ein gültiges Teſta- ment machen, und zwar ſowohl in Rom, als in ſeiner Va- terſtadt. Nun aber kann er es nicht, weil er überhaupt keiner Stadt als Bürger angehört (§ 351. n).
6. Endlich kann hier noch die bekannte Thatſache er- wähnt werden, daß das eigenthümliche Eherecht der Latini- ſchen Städte unterging, als dieſe Städte das Römiſche Bürgerrecht erhielten (i).
Es würde ſehr gewagt ſein, aus dieſen wenigen, ver- einzelten Ausſprüchen erſchöpfende Regeln über die Be- handlung der Colliſion verſchiedener Territorialrechte ablei- ten zu wollen. Doch laſſen ſich darin folgende leitende Geſichtspunkte nicht verkennen.
A. In einem Vertragsverhältniß zwiſchen zwei Bür- gern verſchiedener Staaten kann keiner Partei das rein poſitive Geſetz des ihr fremden Staates ent- gegengeſetzt werden; ſie ſind vielmehr nach dem jus gentium zu beurtheilen (k). Doch kann davon in einzelnen Fällen, aus politiſchen Gründen, das Gegentheil vorgeſchrieben werden (Nr. 1).
B. Das Bürgerrecht einer beſtimmten Stadt beſtimmt in der Regel für jeden Einzelnen dasjenige poſi- tive Recht, dem er perſönlich untergeordnet iſt, nach
(i)Gellius Lib. 4 C. 4.
(k) Vergl. oben § 348. c.
VIII. 6
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§. 356. Origo und domicilium. Wirkung. (Fortſ.)
einer ſolchen Provinzialſtadt, welche das Recht der Teſta-
mente anerkennt, und dafür gewiſſe Regeln vorſchreibt, ſo
könnte er mit Beobachtung dieſer Regeln ein gültiges Teſta-
ment machen, und zwar ſowohl in Rom, als in ſeiner Va-
terſtadt. Nun aber kann er es nicht, weil er überhaupt
keiner Stadt als Bürger angehört (§ 351. n).
6. Endlich kann hier noch die bekannte Thatſache er-
wähnt werden, daß das eigenthümliche Eherecht der Latini-
ſchen Städte unterging, als dieſe Städte das Römiſche
Bürgerrecht erhielten (i).
Es würde ſehr gewagt ſein, aus dieſen wenigen, ver-
einzelten Ausſprüchen erſchöpfende Regeln über die Be-
handlung der Colliſion verſchiedener Territorialrechte ablei-
ten zu wollen. Doch laſſen ſich darin folgende leitende
Geſichtspunkte nicht verkennen.
A. In einem Vertragsverhältniß zwiſchen zwei Bür-
gern verſchiedener Staaten kann keiner Partei das
rein poſitive Geſetz des ihr fremden Staates ent-
gegengeſetzt werden; ſie ſind vielmehr nach dem
jus gentium zu beurtheilen (k). Doch kann davon
in einzelnen Fällen, aus politiſchen Gründen, das
Gegentheil vorgeſchrieben werden (Nr. 1).
B. Das Bürgerrecht einer beſtimmten Stadt beſtimmt
in der Regel für jeden Einzelnen dasjenige poſi-
tive Recht, dem er perſönlich untergeordnet iſt, nach
(i) Gellius Lib. 4 C. 4.
(k) Vergl. oben § 348. c.
VIII. 6
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/103>, abgerufen am 16.02.2025.
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