Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
ankommt. Die aus dem ausgestellten Wechsel herzuleitende
persönliche Verbindlichkeit selbst wird dadurch nicht ausge-
schlossen, wenngleich sie nicht (wenigstens am Wohnsitz des
Ausstellers) im Wechselprozeß verfolgt werden kann.

Eine besondere Rücksicht verdient in dieser Beziehung die
Preußische Gesetzgebung. Wenn wir die allgemeinen Regeln
derselben über die persönliche Handlungsfähigkeit (§ 363
Nr. I.) unbedingt anwenden auf die Wechselfähigkeit, so
finden wir folgendes Ergebniß. Der Inländer ist in seiner
Wechselfähigkeit nach Preußischem Recht (dem Recht seines
Wohnsitzes) zu beurtheilen, er mag im Inland oder Ausland
ein Wechselgeschäft vornehmen. Der Ausländer, der in
Preußen Wechselgeschäfte vornimmt, wird nach dem hei-
mathlichen oder dem Preußischen Rechte beurtheilt, je nach-
dem das eine oder das andere die Gültigkeit des Geschäfts
mehr begünstigt (§ 363 d). -- Bei dieser reinen Anwen-
dung der allgemeinen Grundsätze auf das Wechselgeschäft
ist nun aber unsere Gesetzgebung nicht stehen geblieben, ohne
jedoch stark davon abzuweichen. Zu einiger Abänderung
konnte sie aber auch in der That bewogen werden, nicht
nur durch die oben dargelegte ganz eigenthümliche Natur
des Wechselgeschäfts überhaupt, sondern auch durch die ganz
besonderen Beschränkungen der Wechselfähigkeit, die sie nö-
thig fand, und worin sie einen eigenen Weg, verschieden
von anderen Gesetzgebungen, einschlug. Betrachten wir
zunächst diese Beschränkungen, wie sie bis auf die neueste
Zeit im Preußischen Recht bestanden.


Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
ankommt. Die aus dem ausgeſtellten Wechſel herzuleitende
perſönliche Verbindlichkeit ſelbſt wird dadurch nicht ausge-
ſchloſſen, wenngleich ſie nicht (wenigſtens am Wohnſitz des
Ausſtellers) im Wechſelprozeß verfolgt werden kann.

Eine beſondere Rückſicht verdient in dieſer Beziehung die
Preußiſche Geſetzgebung. Wenn wir die allgemeinen Regeln
derſelben über die perſönliche Handlungsfähigkeit (§ 363
Nr. I.) unbedingt anwenden auf die Wechſelfähigkeit, ſo
finden wir folgendes Ergebniß. Der Inländer iſt in ſeiner
Wechſelfähigkeit nach Preußiſchem Recht (dem Recht ſeines
Wohnſitzes) zu beurtheilen, er mag im Inland oder Ausland
ein Wechſelgeſchäft vornehmen. Der Ausländer, der in
Preußen Wechſelgeſchäfte vornimmt, wird nach dem hei-
mathlichen oder dem Preußiſchen Rechte beurtheilt, je nach-
dem das eine oder das andere die Gültigkeit des Geſchäfts
mehr begünſtigt (§ 363 d). — Bei dieſer reinen Anwen-
dung der allgemeinen Grundſätze auf das Wechſelgeſchäft
iſt nun aber unſere Geſetzgebung nicht ſtehen geblieben, ohne
jedoch ſtark davon abzuweichen. Zu einiger Abänderung
konnte ſie aber auch in der That bewogen werden, nicht
nur durch die oben dargelegte ganz eigenthümliche Natur
des Wechſelgeſchäfts überhaupt, ſondern auch durch die ganz
beſonderen Beſchränkungen der Wechſelfähigkeit, die ſie nö-
thig fand, und worin ſie einen eigenen Weg, verſchieden
von anderen Geſetzgebungen, einſchlug. Betrachten wir
zunächſt dieſe Beſchränkungen, wie ſie bis auf die neueſte
Zeit im Preußiſchen Recht beſtanden.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0174" n="152"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">III.</hi> Herr&#x017F;chaft der Rechtsregeln. Kap. <hi rendition="#aq">I.</hi> Örtliche Gränzen.</fw><lb/>
ankommt. Die aus dem ausge&#x017F;tellten Wech&#x017F;el herzuleitende<lb/>
per&#x017F;önliche Verbindlichkeit &#x017F;elb&#x017F;t wird dadurch nicht ausge-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, wenngleich &#x017F;ie nicht (wenig&#x017F;tens am Wohn&#x017F;itz des<lb/>
Aus&#x017F;tellers) im Wech&#x017F;elprozeß verfolgt werden kann.</p><lb/>
            <p>Eine be&#x017F;ondere Rück&#x017F;icht verdient in die&#x017F;er Beziehung die<lb/>
Preußi&#x017F;che Ge&#x017F;etzgebung. Wenn wir die allgemeinen Regeln<lb/>
der&#x017F;elben über die per&#x017F;önliche Handlungsfähigkeit (§ 363<lb/>
Nr. <hi rendition="#aq">I.</hi>) unbedingt anwenden auf die Wech&#x017F;elfähigkeit, &#x017F;o<lb/>
finden wir folgendes Ergebniß. Der Inländer i&#x017F;t in &#x017F;einer<lb/>
Wech&#x017F;elfähigkeit nach Preußi&#x017F;chem Recht (dem Recht &#x017F;eines<lb/>
Wohn&#x017F;itzes) zu beurtheilen, er mag im Inland oder Ausland<lb/>
ein Wech&#x017F;elge&#x017F;chäft vornehmen. Der Ausländer, der in<lb/>
Preußen Wech&#x017F;elge&#x017F;chäfte vornimmt, wird nach dem hei-<lb/>
mathlichen oder dem Preußi&#x017F;chen Rechte beurtheilt, je nach-<lb/>
dem das eine oder das andere die Gültigkeit des Ge&#x017F;chäfts<lb/>
mehr begün&#x017F;tigt (§ 363 <hi rendition="#aq">d</hi>). &#x2014; Bei die&#x017F;er reinen Anwen-<lb/>
dung der allgemeinen Grund&#x017F;ätze auf das Wech&#x017F;elge&#x017F;chäft<lb/>
i&#x017F;t nun aber un&#x017F;ere Ge&#x017F;etzgebung nicht &#x017F;tehen geblieben, ohne<lb/>
jedoch &#x017F;tark davon abzuweichen. Zu einiger Abänderung<lb/>
konnte &#x017F;ie aber auch in der That bewogen werden, nicht<lb/>
nur durch die oben dargelegte ganz eigenthümliche Natur<lb/>
des Wech&#x017F;elge&#x017F;chäfts überhaupt, &#x017F;ondern auch durch die ganz<lb/>
be&#x017F;onderen Be&#x017F;chränkungen der Wech&#x017F;elfähigkeit, die &#x017F;ie nö-<lb/>
thig fand, und worin &#x017F;ie einen eigenen Weg, ver&#x017F;chieden<lb/>
von anderen Ge&#x017F;etzgebungen, ein&#x017F;chlug. Betrachten wir<lb/>
zunäch&#x017F;t die&#x017F;e Be&#x017F;chränkungen, wie &#x017F;ie bis auf die neue&#x017F;te<lb/>
Zeit im Preußi&#x017F;chen Recht be&#x017F;tanden.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0174] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. ankommt. Die aus dem ausgeſtellten Wechſel herzuleitende perſönliche Verbindlichkeit ſelbſt wird dadurch nicht ausge- ſchloſſen, wenngleich ſie nicht (wenigſtens am Wohnſitz des Ausſtellers) im Wechſelprozeß verfolgt werden kann. Eine beſondere Rückſicht verdient in dieſer Beziehung die Preußiſche Geſetzgebung. Wenn wir die allgemeinen Regeln derſelben über die perſönliche Handlungsfähigkeit (§ 363 Nr. I.) unbedingt anwenden auf die Wechſelfähigkeit, ſo finden wir folgendes Ergebniß. Der Inländer iſt in ſeiner Wechſelfähigkeit nach Preußiſchem Recht (dem Recht ſeines Wohnſitzes) zu beurtheilen, er mag im Inland oder Ausland ein Wechſelgeſchäft vornehmen. Der Ausländer, der in Preußen Wechſelgeſchäfte vornimmt, wird nach dem hei- mathlichen oder dem Preußiſchen Rechte beurtheilt, je nach- dem das eine oder das andere die Gültigkeit des Geſchäfts mehr begünſtigt (§ 363 d). — Bei dieſer reinen Anwen- dung der allgemeinen Grundſätze auf das Wechſelgeſchäft iſt nun aber unſere Geſetzgebung nicht ſtehen geblieben, ohne jedoch ſtark davon abzuweichen. Zu einiger Abänderung konnte ſie aber auch in der That bewogen werden, nicht nur durch die oben dargelegte ganz eigenthümliche Natur des Wechſelgeſchäfts überhaupt, ſondern auch durch die ganz beſonderen Beſchränkungen der Wechſelfähigkeit, die ſie nö- thig fand, und worin ſie einen eigenen Weg, verſchieden von anderen Geſetzgebungen, einſchlug. Betrachten wir zunächſt dieſe Beſchränkungen, wie ſie bis auf die neueſte Zeit im Preußiſchen Recht beſtanden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/174
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/174>, abgerufen am 23.11.2024.