Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.§. 364. I. Zustand der Person an sich. (Forts.) meinen Grundsatz des § 23 der Einleitung (§ 363. a) ab-geht, und denselben nur noch ausnahmsweise für den Fall gelten läßt, wenn zwei Preußen mit einander ein Wechsel- geschäft abschließen? Der Grund dieser Abweichung liegt, wie ich glaube, in der ganz eigenthümlichen Beschaffenheit der Preußischen Gesetzgebung über die Wechselfähigkeit. Wenn ein Berliner in Paris an einen Franzosen einen Wechsel ausstellt, so wäre es gewiß höchst unbillig, von dem Franzosen, der über die künftige Wechselklage in Ber- lin Gewißheit haben wollte, zu verlangen, nicht nur, daß er jene Gesetze kenne (welches noch etwa auszuführen wäre), sondern auch daß er untersuche, ob der Aussteller Mitglied der Berliner Kaufmannscorporation, oder Rittergutsbesitzer, oder Domänenpächter sei, welche Eigenschaften gewiß nicht leicht erkennbar sind. Eine solche Unbilligkeit würde sich aber sogleich empfindlich bestraft haben, indem dadurch der Wechselcredit der im Ausland befindlichen Preußen unter- graben worden wäre. Daher war es räthlich, ja fast noth- wendig, in diesem Fall den allgemeinen Grundsatz aufzuge- ben (n). Dagegen mußte derselbe ausnahmsweise beibehalten neuerer Zeit ist es allgemein aner- kannt worden. Es spricht dafür: 1. Ein Gutachten des Staatsraths von 1834, 2. Ein Erkenntniß des Obertribunals vom 21. Nov. 1840, Entscheidungen des Obertribunals von Simon B. 6 S. 288--300, wo auch ein Auszug des vorher erwähnten Staatsrathsgutachtens S. 289 abgedruckt ist. (n) Anders wird diese Ab-
weichung erklärt in dem Staats- rathsgutachten und dem Erkennt- niß des Obertribunals (Note m), indem an beiden Orten die Unter- scheidung der allgemeinen und besonderen Bedingungen der Handlungsfähigkeit zum Grunde gelegt wird, gegen welche ich mich im Eingang dieses § ausgesprochen §. 364. I. Zuſtand der Perſon an ſich. (Fortſ.) meinen Grundſatz des § 23 der Einleitung (§ 363. a) ab-geht, und denſelben nur noch ausnahmsweiſe für den Fall gelten läßt, wenn zwei Preußen mit einander ein Wechſel- geſchäft abſchließen? Der Grund dieſer Abweichung liegt, wie ich glaube, in der ganz eigenthümlichen Beſchaffenheit der Preußiſchen Geſetzgebung über die Wechſelfähigkeit. Wenn ein Berliner in Paris an einen Franzoſen einen Wechſel ausſtellt, ſo wäre es gewiß höchſt unbillig, von dem Franzoſen, der über die künftige Wechſelklage in Ber- lin Gewißheit haben wollte, zu verlangen, nicht nur, daß er jene Geſetze kenne (welches noch etwa auszuführen wäre), ſondern auch daß er unterſuche, ob der Ausſteller Mitglied der Berliner Kaufmannscorporation, oder Rittergutsbeſitzer, oder Domänenpächter ſei, welche Eigenſchaften gewiß nicht leicht erkennbar ſind. Eine ſolche Unbilligkeit würde ſich aber ſogleich empfindlich beſtraft haben, indem dadurch der Wechſelcredit der im Ausland befindlichen Preußen unter- graben worden wäre. Daher war es räthlich, ja faſt noth- wendig, in dieſem Fall den allgemeinen Grundſatz aufzuge- ben (n). Dagegen mußte derſelbe ausnahmsweiſe beibehalten neuerer Zeit iſt es allgemein aner- kannt worden. Es ſpricht dafür: 1. Ein Gutachten des Staatsraths von 1834, 2. Ein Erkenntniß des Obertribunals vom 21. Nov. 1840, Entſcheidungen des Obertribunals von Simon B. 6 S. 288—300, wo auch ein Auszug des vorher erwähnten Staatsrathsgutachtens S. 289 abgedruckt iſt. (n) Anders wird dieſe Ab-
weichung erklärt in dem Staats- rathsgutachten und dem Erkennt- niß des Obertribunals (Note m), indem an beiden Orten die Unter- ſcheidung der allgemeinen und beſonderen Bedingungen der Handlungsfähigkeit zum Grunde gelegt wird, gegen welche ich mich im Eingang dieſes § ausgeſprochen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0177" n="155"/><fw place="top" type="header">§. 364. <hi rendition="#aq">I.</hi> Zuſtand der Perſon an ſich. (Fortſ.)</fw><lb/> meinen Grundſatz des § 23 der Einleitung (§ 363. <hi rendition="#aq">a</hi>) ab-<lb/> geht, und denſelben nur noch ausnahmsweiſe für den Fall<lb/> gelten läßt, wenn zwei Preußen mit einander ein Wechſel-<lb/> geſchäft abſchließen? Der Grund dieſer Abweichung liegt,<lb/> wie ich glaube, in der ganz eigenthümlichen Beſchaffenheit<lb/> der Preußiſchen Geſetzgebung über die Wechſelfähigkeit.<lb/> Wenn ein Berliner in Paris an einen Franzoſen einen<lb/> Wechſel ausſtellt, ſo wäre es gewiß höchſt unbillig, von<lb/> dem Franzoſen, der über die künftige Wechſelklage in Ber-<lb/> lin Gewißheit haben wollte, zu verlangen, nicht nur, daß<lb/> er jene Geſetze kenne (welches noch etwa auszuführen wäre),<lb/> ſondern auch daß er unterſuche, ob der Ausſteller Mitglied<lb/> der Berliner Kaufmannscorporation, oder Rittergutsbeſitzer,<lb/> oder Domänenpächter ſei, welche Eigenſchaften gewiß nicht<lb/> leicht erkennbar ſind. Eine ſolche Unbilligkeit würde ſich<lb/> aber ſogleich empfindlich beſtraft haben, indem dadurch der<lb/> Wechſelcredit der im Ausland befindlichen Preußen unter-<lb/> graben worden wäre. Daher war es räthlich, ja faſt noth-<lb/> wendig, in dieſem Fall den allgemeinen Grundſatz aufzuge-<lb/> ben <note xml:id="seg2pn_13_1" next="#seg2pn_13_2" place="foot" n="(n)">Anders wird dieſe Ab-<lb/> weichung erklärt in dem Staats-<lb/> rathsgutachten und dem Erkennt-<lb/> niß des Obertribunals (Note <hi rendition="#aq">m</hi>),<lb/> indem an beiden Orten die Unter-<lb/> ſcheidung der <hi rendition="#g">allgemeinen</hi> und<lb/><hi rendition="#g">beſonderen</hi> Bedingungen der<lb/> Handlungsfähigkeit zum Grunde<lb/> gelegt wird, gegen welche ich mich<lb/> im Eingang dieſes § ausgeſprochen</note>. Dagegen mußte derſelbe ausnahmsweiſe beibehalten<lb/><note xml:id="seg2pn_12_2" prev="#seg2pn_12_1" place="foot" n="(m)">neuerer Zeit iſt es allgemein aner-<lb/> kannt worden. Es ſpricht dafür:<lb/> 1. Ein Gutachten des Staatsraths<lb/> von 1834, 2. Ein Erkenntniß des<lb/> Obertribunals vom 21. Nov. 1840,<lb/> Entſcheidungen des Obertribunals<lb/> von Simon B. 6 S. 288—300,<lb/> wo auch ein Auszug des vorher<lb/> erwähnten Staatsrathsgutachtens<lb/> S. 289 abgedruckt iſt.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [155/0177]
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meinen Grundſatz des § 23 der Einleitung (§ 363. a) ab-
geht, und denſelben nur noch ausnahmsweiſe für den Fall
gelten läßt, wenn zwei Preußen mit einander ein Wechſel-
geſchäft abſchließen? Der Grund dieſer Abweichung liegt,
wie ich glaube, in der ganz eigenthümlichen Beſchaffenheit
der Preußiſchen Geſetzgebung über die Wechſelfähigkeit.
Wenn ein Berliner in Paris an einen Franzoſen einen
Wechſel ausſtellt, ſo wäre es gewiß höchſt unbillig, von
dem Franzoſen, der über die künftige Wechſelklage in Ber-
lin Gewißheit haben wollte, zu verlangen, nicht nur, daß
er jene Geſetze kenne (welches noch etwa auszuführen wäre),
ſondern auch daß er unterſuche, ob der Ausſteller Mitglied
der Berliner Kaufmannscorporation, oder Rittergutsbeſitzer,
oder Domänenpächter ſei, welche Eigenſchaften gewiß nicht
leicht erkennbar ſind. Eine ſolche Unbilligkeit würde ſich
aber ſogleich empfindlich beſtraft haben, indem dadurch der
Wechſelcredit der im Ausland befindlichen Preußen unter-
graben worden wäre. Daher war es räthlich, ja faſt noth-
wendig, in dieſem Fall den allgemeinen Grundſatz aufzuge-
ben (n). Dagegen mußte derſelbe ausnahmsweiſe beibehalten
(m)
(n) Anders wird dieſe Ab-
weichung erklärt in dem Staats-
rathsgutachten und dem Erkennt-
niß des Obertribunals (Note m),
indem an beiden Orten die Unter-
ſcheidung der allgemeinen und
beſonderen Bedingungen der
Handlungsfähigkeit zum Grunde
gelegt wird, gegen welche ich mich
im Eingang dieſes § ausgeſprochen
(m) neuerer Zeit iſt es allgemein aner-
kannt worden. Es ſpricht dafür:
1. Ein Gutachten des Staatsraths
von 1834, 2. Ein Erkenntniß des
Obertribunals vom 21. Nov. 1840,
Entſcheidungen des Obertribunals
von Simon B. 6 S. 288—300,
wo auch ein Auszug des vorher
erwähnten Staatsrathsgutachtens
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