Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
in untergeordneter, mitwirkender Weise vorkommt. Ferner durch den inneren Zusammenhang des örtlichen Rechts mit dem Gerichtsstand, welcher letzte stets auf die Person des Beklagten, hier also des Schuldners, sich bezieht.
Endlich entsteht noch eine Schwierigkeit aus der Gegen- seitigkeit, welche, wenn auch nicht bei allen, doch bei vielen Obligationen vorkommt. Wo diese vorhanden ist, da ist jede der beiden Personen als Schuldner anzusehen, nur in Beziehung auf verschiedene Handlungen, weshalb die so eben aufgestellte Regel der überwiegenden Berücksichtigung des Schuldners nicht mehr auszureichen scheint. Allein in jeder gegenseitigen Obligation lassen sich die beiden getrenn- ten Schuldverhältnisse stets als getrennte behandeln, so daß uns auch hier Nichts hindert, für jede der beiden, durch diese Trennung entstehenden, Hälften, den Gerichtsstand und das örtliche Recht nach der Person des Schuldners zu be- stimmen. Ja sogar ist diese absondernde Auffassung als die ursprüngliche und natürliche anzusehen, die zusammen- fassende Behandlung und Bezeichnung als eine abgeleitete und künstliche, welche jedoch in der innigen Verbindung der beiden Obligationen ihre Rechtfertigung findet. Die Rich- tigkeit der hier aufgestellten Ansicht wird bestätigt durch die bei den Römern sehr gewöhnliche Abschließung eines Kauf- vertrags u. s. w. durch zwei getrennte Stipulationen (b).
(b) Es soll dabei nicht geleugnet werden, daß in manchen Fällen diese absondernde Behandlung bei- der Hälften einer zweiseitigen Obli- gation, namentlich in Beziehung auf das örtliche Recht, Zweifel und
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
in untergeordneter, mitwirkender Weiſe vorkommt. Ferner durch den inneren Zuſammenhang des örtlichen Rechts mit dem Gerichtsſtand, welcher letzte ſtets auf die Perſon des Beklagten, hier alſo des Schuldners, ſich bezieht.
Endlich entſteht noch eine Schwierigkeit aus der Gegen- ſeitigkeit, welche, wenn auch nicht bei allen, doch bei vielen Obligationen vorkommt. Wo dieſe vorhanden iſt, da iſt jede der beiden Perſonen als Schuldner anzuſehen, nur in Beziehung auf verſchiedene Handlungen, weshalb die ſo eben aufgeſtellte Regel der überwiegenden Berückſichtigung des Schuldners nicht mehr auszureichen ſcheint. Allein in jeder gegenſeitigen Obligation laſſen ſich die beiden getrenn- ten Schuldverhältniſſe ſtets als getrennte behandeln, ſo daß uns auch hier Nichts hindert, für jede der beiden, durch dieſe Trennung entſtehenden, Hälften, den Gerichtsſtand und das örtliche Recht nach der Perſon des Schuldners zu be- ſtimmen. Ja ſogar iſt dieſe abſondernde Auffaſſung als die urſprüngliche und natürliche anzuſehen, die zuſammen- faſſende Behandlung und Bezeichnung als eine abgeleitete und künſtliche, welche jedoch in der innigen Verbindung der beiden Obligationen ihre Rechtfertigung findet. Die Rich- tigkeit der hier aufgeſtellten Anſicht wird beſtätigt durch die bei den Römern ſehr gewöhnliche Abſchließung eines Kauf- vertrags u. ſ. w. durch zwei getrennte Stipulationen (b).
(b) Es ſoll dabei nicht geleugnet werden, daß in manchen Fällen dieſe abſondernde Behandlung bei- der Hälften einer zweiſeitigen Obli- gation, namentlich in Beziehung auf das örtliche Recht, Zweifel und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0224"n="202"/><fwplace="top"type="header">Buch <hirendition="#aq">III.</hi> Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. <hirendition="#aq">I.</hi> Örtliche Gränzen.</fw><lb/>
in untergeordneter, mitwirkender Weiſe vorkommt. Ferner<lb/>
durch den inneren Zuſammenhang des örtlichen Rechts mit<lb/>
dem Gerichtsſtand, welcher letzte ſtets auf die Perſon des<lb/>
Beklagten, hier alſo des Schuldners, ſich bezieht.</p><lb/><p>Endlich entſteht noch eine Schwierigkeit aus der Gegen-<lb/>ſeitigkeit, welche, wenn auch nicht bei allen, doch bei vielen<lb/>
Obligationen vorkommt. Wo dieſe vorhanden iſt, da iſt<lb/>
jede der beiden Perſonen als Schuldner anzuſehen, nur in<lb/>
Beziehung auf verſchiedene Handlungen, weshalb die ſo<lb/>
eben aufgeſtellte Regel der überwiegenden Berückſichtigung<lb/>
des Schuldners nicht mehr auszureichen ſcheint. Allein in<lb/>
jeder gegenſeitigen Obligation laſſen ſich die beiden getrenn-<lb/>
ten Schuldverhältniſſe ſtets als getrennte behandeln, ſo daß<lb/>
uns auch hier Nichts hindert, für jede der beiden, durch<lb/>
dieſe Trennung entſtehenden, Hälften, den Gerichtsſtand und<lb/>
das örtliche Recht nach der Perſon des Schuldners zu be-<lb/>ſtimmen. Ja ſogar iſt dieſe abſondernde Auffaſſung als<lb/>
die urſprüngliche und natürliche anzuſehen, die zuſammen-<lb/>
faſſende Behandlung und Bezeichnung als eine abgeleitete<lb/>
und künſtliche, welche jedoch in der innigen Verbindung der<lb/>
beiden Obligationen ihre Rechtfertigung findet. Die Rich-<lb/>
tigkeit der hier aufgeſtellten Anſicht wird beſtätigt durch die<lb/>
bei den Römern ſehr gewöhnliche Abſchließung eines Kauf-<lb/>
vertrags u. ſ. w. durch zwei getrennte Stipulationen <notexml:id="seg2pn_17_1"next="#seg2pn_17_2"place="foot"n="(b)">Es ſoll dabei nicht geleugnet<lb/>
werden, daß in manchen Fällen<lb/>
dieſe abſondernde Behandlung bei-<lb/>
der Hälften einer zweiſeitigen Obli-<lb/>
gation, namentlich in Beziehung<lb/>
auf das örtliche Recht, Zweifel und</note>.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[202/0224]
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
in untergeordneter, mitwirkender Weiſe vorkommt. Ferner
durch den inneren Zuſammenhang des örtlichen Rechts mit
dem Gerichtsſtand, welcher letzte ſtets auf die Perſon des
Beklagten, hier alſo des Schuldners, ſich bezieht.
Endlich entſteht noch eine Schwierigkeit aus der Gegen-
ſeitigkeit, welche, wenn auch nicht bei allen, doch bei vielen
Obligationen vorkommt. Wo dieſe vorhanden iſt, da iſt
jede der beiden Perſonen als Schuldner anzuſehen, nur in
Beziehung auf verſchiedene Handlungen, weshalb die ſo
eben aufgeſtellte Regel der überwiegenden Berückſichtigung
des Schuldners nicht mehr auszureichen ſcheint. Allein in
jeder gegenſeitigen Obligation laſſen ſich die beiden getrenn-
ten Schuldverhältniſſe ſtets als getrennte behandeln, ſo daß
uns auch hier Nichts hindert, für jede der beiden, durch
dieſe Trennung entſtehenden, Hälften, den Gerichtsſtand und
das örtliche Recht nach der Perſon des Schuldners zu be-
ſtimmen. Ja ſogar iſt dieſe abſondernde Auffaſſung als
die urſprüngliche und natürliche anzuſehen, die zuſammen-
faſſende Behandlung und Bezeichnung als eine abgeleitete
und künſtliche, welche jedoch in der innigen Verbindung der
beiden Obligationen ihre Rechtfertigung findet. Die Rich-
tigkeit der hier aufgeſtellten Anſicht wird beſtätigt durch die
bei den Römern ſehr gewöhnliche Abſchließung eines Kauf-
vertrags u. ſ. w. durch zwei getrennte Stipulationen (b).
(b) Es ſoll dabei nicht geleugnet
werden, daß in manchen Fällen
dieſe abſondernde Behandlung bei-
der Hälften einer zweiſeitigen Obli-
gation, namentlich in Beziehung
auf das örtliche Recht, Zweifel und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/224>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.