Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. Gerichtsstand darauf zu begründen (f). In den meistenFällen nun wird hierüber kein Zweifel seyn wegen des na- türlichen Zusammenhanges, in welchem die juristische Per- son zu dem Grund und Boden steht; so bei Städten und Dörfern, bei Kirchen, Schulen, Krankenhäusern u. s. w. Zweifelhaft kann es sein besonders bei gewerblichen Gesell- schaften, wenn deren Thätigkeit entweder an gar keine Ört- lichkeit gebunden ist, oder auf größere Räume sich erstreckt, wie z. B. die der Gesellschaften für Eisenbahnen, oder Dampfschiffahrt, oder für den Brückenbau über große Ströme, deren beide Ufer oft verschiedenen Gerichten, ver- schiedener Gesetzgebung, ja selbst verschiedenen Staaten, un- terworfen sind. Hier ist es räthlich, gleich bei der Grün- dung einer solchen juristischen Person einen künstlichen Wohnsitz festzustellen (g); wird dieses versäumt, so muß der Richter den Mittelpunkt der Geschäfte künstlich zu er- mitteln suchen. Wenn wir die beiden, von einander unabhängigen, (f) Vgl. Linde Lehrbuch § 88 Note 14. (g) Beispiele: Statut der Ber-
lin-Sächsischen (Anhaltischen) Ei- senbahn-Gesellschaft § 1: "Berlin ist ihr Domizil und der Sitz ihrer Verwaltung und das Königliche Stadtgericht zu Berlin ihr Ge- richtsstand". -- Statut der Berlin- Stettiner Eisenbahn-Gesellschaft § 3: "Stettin ist das Domizil der Gesellschaft" u. s. w. (Gesetzsamml. für die Preußischen Staaten 1839 S. 178, 1840 S. 306). Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. Gerichtsſtand darauf zu begründen (f). In den meiſtenFällen nun wird hierüber kein Zweifel ſeyn wegen des na- türlichen Zuſammenhanges, in welchem die juriſtiſche Per- ſon zu dem Grund und Boden ſteht; ſo bei Städten und Dörfern, bei Kirchen, Schulen, Krankenhäuſern u. ſ. w. Zweifelhaft kann es ſein beſonders bei gewerblichen Geſell- ſchaften, wenn deren Thätigkeit entweder an gar keine Ört- lichkeit gebunden iſt, oder auf größere Räume ſich erſtreckt, wie z. B. die der Geſellſchaften für Eiſenbahnen, oder Dampfſchiffahrt, oder für den Brückenbau über große Ströme, deren beide Ufer oft verſchiedenen Gerichten, ver- ſchiedener Geſetzgebung, ja ſelbſt verſchiedenen Staaten, un- terworfen ſind. Hier iſt es räthlich, gleich bei der Grün- dung einer ſolchen juriſtiſchen Perſon einen künſtlichen Wohnſitz feſtzuſtellen (g); wird dieſes verſäumt, ſo muß der Richter den Mittelpunkt der Geſchäfte künſtlich zu er- mitteln ſuchen. Wenn wir die beiden, von einander unabhängigen, (f) Vgl. Linde Lehrbuch § 88 Note 14. (g) Beiſpiele: Statut der Ber-
lin-Sächſiſchen (Anhaltiſchen) Ei- ſenbahn-Geſellſchaft § 1: „Berlin iſt ihr Domizil und der Sitz ihrer Verwaltung und das Königliche Stadtgericht zu Berlin ihr Ge- richtsſtand“. — Statut der Berlin- Stettiner Eiſenbahn-Geſellſchaft § 3: „Stettin iſt das Domizil der Geſellſchaft“ u. ſ. w. (Geſetzſamml. für die Preußiſchen Staaten 1839 S. 178, 1840 S. 306). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0088" n="66"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">III.</hi> Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. <hi rendition="#aq">I.</hi> Örtliche Gränzen.</fw><lb/> Gerichtsſtand darauf zu begründen <note place="foot" n="(f)">Vgl. <hi rendition="#g">Linde</hi> Lehrbuch § 88<lb/> Note 14.</note>. In den meiſten<lb/> Fällen nun wird hierüber kein Zweifel ſeyn wegen des na-<lb/> türlichen Zuſammenhanges, in welchem die juriſtiſche Per-<lb/> ſon zu dem Grund und Boden ſteht; ſo bei Städten und<lb/> Dörfern, bei Kirchen, Schulen, Krankenhäuſern u. ſ. w.<lb/> Zweifelhaft kann es ſein beſonders bei gewerblichen Geſell-<lb/> ſchaften, wenn deren Thätigkeit entweder an gar keine Ört-<lb/> lichkeit gebunden iſt, oder auf größere Räume ſich erſtreckt,<lb/> wie z. B. die der Geſellſchaften für Eiſenbahnen, oder<lb/> Dampfſchiffahrt, oder für den Brückenbau über große<lb/> Ströme, deren beide Ufer oft verſchiedenen Gerichten, ver-<lb/> ſchiedener Geſetzgebung, ja ſelbſt verſchiedenen Staaten, un-<lb/> terworfen ſind. Hier iſt es räthlich, gleich bei der Grün-<lb/> dung einer ſolchen juriſtiſchen Perſon einen künſtlichen<lb/> Wohnſitz feſtzuſtellen <note place="foot" n="(g)">Beiſpiele: Statut der Ber-<lb/> lin-Sächſiſchen (Anhaltiſchen) Ei-<lb/> ſenbahn-Geſellſchaft § 1: „Berlin<lb/> iſt ihr Domizil und der Sitz ihrer<lb/> Verwaltung und das Königliche<lb/> Stadtgericht zu Berlin ihr Ge-<lb/> richtsſtand“. — Statut der Berlin-<lb/> Stettiner Eiſenbahn-Geſellſchaft<lb/> § 3: „Stettin iſt das Domizil der<lb/> Geſellſchaft“ u. ſ. w. (Geſetzſamml.<lb/> für die Preußiſchen Staaten 1839<lb/> S. 178, 1840 S. 306).</note>; wird dieſes verſäumt, ſo muß<lb/> der Richter den Mittelpunkt der Geſchäfte künſtlich zu er-<lb/> mitteln ſuchen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Wenn wir die beiden, von einander unabhängigen,<lb/> Gründe der Angehörigkeit an eine beſtimmte Stadtgemeinde,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [66/0088]
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
Gerichtsſtand darauf zu begründen (f). In den meiſten
Fällen nun wird hierüber kein Zweifel ſeyn wegen des na-
türlichen Zuſammenhanges, in welchem die juriſtiſche Per-
ſon zu dem Grund und Boden ſteht; ſo bei Städten und
Dörfern, bei Kirchen, Schulen, Krankenhäuſern u. ſ. w.
Zweifelhaft kann es ſein beſonders bei gewerblichen Geſell-
ſchaften, wenn deren Thätigkeit entweder an gar keine Ört-
lichkeit gebunden iſt, oder auf größere Räume ſich erſtreckt,
wie z. B. die der Geſellſchaften für Eiſenbahnen, oder
Dampfſchiffahrt, oder für den Brückenbau über große
Ströme, deren beide Ufer oft verſchiedenen Gerichten, ver-
ſchiedener Geſetzgebung, ja ſelbſt verſchiedenen Staaten, un-
terworfen ſind. Hier iſt es räthlich, gleich bei der Grün-
dung einer ſolchen juriſtiſchen Perſon einen künſtlichen
Wohnſitz feſtzuſtellen (g); wird dieſes verſäumt, ſo muß
der Richter den Mittelpunkt der Geſchäfte künſtlich zu er-
mitteln ſuchen.
Wenn wir die beiden, von einander unabhängigen,
Gründe der Angehörigkeit an eine beſtimmte Stadtgemeinde,
(f) Vgl. Linde Lehrbuch § 88
Note 14.
(g) Beiſpiele: Statut der Ber-
lin-Sächſiſchen (Anhaltiſchen) Ei-
ſenbahn-Geſellſchaft § 1: „Berlin
iſt ihr Domizil und der Sitz ihrer
Verwaltung und das Königliche
Stadtgericht zu Berlin ihr Ge-
richtsſtand“. — Statut der Berlin-
Stettiner Eiſenbahn-Geſellſchaft
§ 3: „Stettin iſt das Domizil der
Geſellſchaft“ u. ſ. w. (Geſetzſamml.
für die Preußiſchen Staaten 1839
S. 178, 1840 S. 306).
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