Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.allgemeine Bekehrung zu dem Gesetz des Ormuzd und die Auferstehung aller Todten bewirken. Höchst beachtenswerth ist, dass bei dem Zendvolke der Erlöser Sosiosch als Sohn einer Jungfrau erwartet wurde. Nach dem Bun-Dehesch, freilich einer jüngern Zendschrift, ist Sosiosch einer der drei Söhne Zoroasters, welche dieser mit der Huo zeugte. Dreimal, heisst es, wohnte Zoroaster der Huo bei, aber jedesmal senkte sich der Menschenkeim, den sie empfangen, in das Wasser Kanse, wenn sie sich in demselben reinigte. Hier bewahren himmlische Izeds diese Keime, bis sie wirklich als Menschen geboren werden sollen. Drei Mädchen werden sich dann in diesem Wasser baden, die Keime aufnehmen und sie als Kinder zur Welt bringen.1) Im Vendidad wird Sosiosch nur als Ueberwinder und Zertreter der Devs oder der Teufel, als der Erlöser der Menschen dargestellt. Im Bun-Dehesch aber erscheint sein Wirkungskreis noch viel erhabener. Er wird nicht allein Ueberwinder der Devs, sondern auch Ueberwinder des Todes und Richter der Welt sein. Er wird die Todten durch Ormuzd Macht auferwecken, ihnen weissen Hom (Haoma, Homa) und was vom Stiere Sareseok kommt, zu trinken geben, wodurch sie auch dem auferstandenen Leibe nach Unsterblichkeit erlangen, und dann an einem erhabenen Orte über sie Gericht halten. Die Erwartung eines solchen Weltheilandes liegt auch in den Schriften und dem ganzen Religionssystem der Hindus, wenn auch hier ganz anders ausgebildet. Bei dem Zendvolke ist der Erlöser ein Mensch, durch welchen Ormuzd wirkt; bei den Hindus ist es eine Avatar, eine Menschwerdung der Gottheit (des Vischnu), welche das Werk vollführen wird, wie bei den Christen. Auch die Chinesen glauben nach Confucius, dass am Ende der Tage ein Erlöser und Erretter von dem Bösen kommen werde.2) Die Sendung Christi wurde ausserordentlich dadurch erleichtert, dass zur Zeit seines Auftretens bei dem jüdischen Volke unter den schweren politischen oder staatlichen Leiden die Sehnsucht nach dem verheissenen Erlöser verbreitet 1) Rhode, a. a. O., S. 463. 2) Stuhr, die chinesische Reichsreligion, Berlin 1835, S.
6 u. 30.
allgemeine Bekehrung zu dem Gesetz des Ormuzd und die Auferstehung aller Todten bewirken. Höchst beachtenswerth ist, dass bei dem Zendvolke der Erlöser Sosiosch als Sohn einer Jungfrau erwartet wurde. Nach dem Bun-Dehesch, freilich einer jüngern Zendschrift, ist Sosiosch einer der drei Söhne Zoroasters, welche dieser mit der Huo zeugte. Dreimal, heisst es, wohnte Zoroaster der Huo bei, aber jedesmal senkte sich der Menschenkeim, den sie empfangen, in das Wasser Kanse, wenn sie sich in demselben reinigte. Hier bewahren himmlische Izeds diese Keime, bis sie wirklich als Menschen geboren werden sollen. Drei Mädchen werden sich dann in diesem Wasser baden, die Keime aufnehmen und sie als Kinder zur Welt bringen.1) Im Vendidad wird Sosiosch nur als Ueberwinder und Zertreter der Devs oder der Teufel, als der Erlöser der Menschen dargestellt. Im Bun-Dehesch aber erscheint sein Wirkungskreis noch viel erhabener. Er wird nicht allein Ueberwinder der Devs, sondern auch Ueberwinder des Todes und Richter der Welt sein. Er wird die Todten durch Ormuzd Macht auferwecken, ihnen weissen Hom (Haoma, Homa) und was vom Stiere Sareseok kommt, zu trinken geben, wodurch sie auch dem auferstandenen Leibe nach Unsterblichkeit erlangen, und dann an einem erhabenen Orte über sie Gericht halten. Die Erwartung eines solchen Weltheilandes liegt auch in den Schriften und dem ganzen Religionssystem der Hindus, wenn auch hier ganz anders ausgebildet. Bei dem Zendvolke ist der Erlöser ein Mensch, durch welchen Ormuzd wirkt; bei den Hindus ist es eine Avatar, eine Menschwerdung der Gottheit (des Vischnu), welche das Werk vollführen wird, wie bei den Christen. Auch die Chinesen glauben nach Confucius, dass am Ende der Tage ein Erlöser und Erretter von dem Bösen kommen werde.2) Die Sendung Christi wurde ausserordentlich dadurch erleichtert, dass zur Zeit seines Auftretens bei dem jüdischen Volke unter den schweren politischen oder staatlichen Leiden die Sehnsucht nach dem verheissenen Erlöser verbreitet 1) Rhode, a. a. O., S. 463. 2) Stuhr, die chinesische Reichsreligion, Berlin 1835, S.
6 u. 30.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0202" n="186"/> allgemeine Bekehrung zu dem Gesetz des Ormuzd und die Auferstehung aller Todten bewirken. Höchst beachtenswerth ist, dass bei dem Zendvolke der Erlöser Sosiosch als Sohn einer Jungfrau erwartet wurde. Nach dem Bun-Dehesch, freilich einer jüngern Zendschrift, ist Sosiosch einer der drei Söhne Zoroasters, welche dieser mit der Huo zeugte. Dreimal, heisst es, wohnte Zoroaster der Huo bei, aber jedesmal senkte sich der Menschenkeim, den sie empfangen, in das Wasser Kanse, wenn sie sich in demselben reinigte. Hier bewahren himmlische Izeds diese Keime, bis sie wirklich als Menschen geboren werden sollen. Drei Mädchen werden sich dann in diesem Wasser baden, die Keime aufnehmen und sie als Kinder zur Welt bringen.<note place="foot" n="1)">Rhode, a. a. O., S. 463.</note> Im Vendidad wird Sosiosch nur als Ueberwinder und Zertreter der Devs oder der Teufel, als der Erlöser der Menschen dargestellt. Im Bun-Dehesch aber erscheint sein Wirkungskreis noch viel erhabener. Er wird nicht allein Ueberwinder der Devs, sondern auch Ueberwinder des Todes und Richter der Welt sein. Er wird die Todten durch Ormuzd Macht auferwecken, ihnen weissen Hom (Haoma, Homa) und was vom Stiere Sareseok kommt, zu trinken geben, wodurch sie auch dem auferstandenen Leibe nach Unsterblichkeit erlangen, und dann an einem erhabenen Orte über sie Gericht halten. Die Erwartung eines solchen Weltheilandes liegt auch in den Schriften und dem ganzen Religionssystem der Hindus, wenn auch hier ganz anders ausgebildet. Bei dem Zendvolke ist der Erlöser ein Mensch, durch welchen Ormuzd wirkt; bei den Hindus ist es eine Avatar, eine Menschwerdung der Gottheit (des Vischnu), welche das Werk vollführen wird, wie bei den Christen. Auch die Chinesen glauben nach Confucius, dass am Ende der Tage ein Erlöser und Erretter von dem Bösen kommen werde.<note place="foot" n="2)">Stuhr, die chinesische Reichsreligion, Berlin 1835, S. 6 u. 30. </note> Die Sendung Christi wurde ausserordentlich dadurch erleichtert, dass zur Zeit seines Auftretens bei dem jüdischen Volke unter den schweren politischen oder staatlichen Leiden die Sehnsucht nach dem verheissenen Erlöser verbreitet </p> </div> </body> </text> </TEI> [186/0202]
allgemeine Bekehrung zu dem Gesetz des Ormuzd und die Auferstehung aller Todten bewirken. Höchst beachtenswerth ist, dass bei dem Zendvolke der Erlöser Sosiosch als Sohn einer Jungfrau erwartet wurde. Nach dem Bun-Dehesch, freilich einer jüngern Zendschrift, ist Sosiosch einer der drei Söhne Zoroasters, welche dieser mit der Huo zeugte. Dreimal, heisst es, wohnte Zoroaster der Huo bei, aber jedesmal senkte sich der Menschenkeim, den sie empfangen, in das Wasser Kanse, wenn sie sich in demselben reinigte. Hier bewahren himmlische Izeds diese Keime, bis sie wirklich als Menschen geboren werden sollen. Drei Mädchen werden sich dann in diesem Wasser baden, die Keime aufnehmen und sie als Kinder zur Welt bringen. 1) Im Vendidad wird Sosiosch nur als Ueberwinder und Zertreter der Devs oder der Teufel, als der Erlöser der Menschen dargestellt. Im Bun-Dehesch aber erscheint sein Wirkungskreis noch viel erhabener. Er wird nicht allein Ueberwinder der Devs, sondern auch Ueberwinder des Todes und Richter der Welt sein. Er wird die Todten durch Ormuzd Macht auferwecken, ihnen weissen Hom (Haoma, Homa) und was vom Stiere Sareseok kommt, zu trinken geben, wodurch sie auch dem auferstandenen Leibe nach Unsterblichkeit erlangen, und dann an einem erhabenen Orte über sie Gericht halten. Die Erwartung eines solchen Weltheilandes liegt auch in den Schriften und dem ganzen Religionssystem der Hindus, wenn auch hier ganz anders ausgebildet. Bei dem Zendvolke ist der Erlöser ein Mensch, durch welchen Ormuzd wirkt; bei den Hindus ist es eine Avatar, eine Menschwerdung der Gottheit (des Vischnu), welche das Werk vollführen wird, wie bei den Christen. Auch die Chinesen glauben nach Confucius, dass am Ende der Tage ein Erlöser und Erretter von dem Bösen kommen werde. 2) Die Sendung Christi wurde ausserordentlich dadurch erleichtert, dass zur Zeit seines Auftretens bei dem jüdischen Volke unter den schweren politischen oder staatlichen Leiden die Sehnsucht nach dem verheissenen Erlöser verbreitet
1) Rhode, a. a. O., S. 463.
2) Stuhr, die chinesische Reichsreligion, Berlin 1835, S. 6 u. 30.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/202 |
Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/202>, abgerufen am 20.07.2024. |