Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

mit der rückkehrenden Sonne nicht mehr zurückkehren oder aufleben, sondern musste seine Rückkehr als die Rückkehr der Weltunschuld und Weltvollkommenheit in einer andern Welt fassen.1) Wie das neue Jahr, die neue Sonne,. das Frühjahr, der neue Mai, den trüben und hässlichen Winter von der Erde hinwegnimmt und dieser neues Leben verleiht, so wird auch einstens eine neue Sonne kommen, um die Welt von ihren dermaligen Leiden, Fehlern und Unvollkommenheiten zu befreien und zu erlösen. Doch bevor die neue Sonne, der Erlöser erscheint, muss die alte Sonne und alte Welt untergehen, und dieser Untergang wird herbeigeführt durch den Winter, die Finsterniss, die Nacht, das Böse, welche letztere aber der neuen Sonne und dem kommenden Erlöser wieder weichen werden. Das natürliche und sittliche Gebiet durchdringen sich dabei und theilen das gleiche Schicksal, unterliegen demselben Verlaufe, Untergang und Tode; Baldur ist die neue Sonne und das heilige reine Licht, - die Heiligkeit, die Reinheit und Unschuld der Götter. 2)

Der die Urgeschichte der Menschheit durchdringende und besonders bei dem Zendvolke, bei den Indern, bei den Hebräern und Germanen sich findende Gedanke an einen kommenden Erlöser der Menschheit, der dem Bösen wehrt, Tugend und Gerechtigkeit wieder herrschend macht und das Reich der bösen Geister zerstört, indem er das Reich Gottes verherrlicht,3) ist die auf die sittliche Welt von der natürlichen übertragene und angewandte Hoffnung der neuen Sonne. Ehe das Ende der gegenwärtigen Welt durch den allgemeinen Weltbrand herbeigeführt wird und in der letzten schrecklichen Zeit, wenn Religion, Tugend und Gerechtigkeit verschwunden sein werden, wird nach dem Zendavesta Ormuzd unvermuthet durch den Propheten Sosiosch, Caoshyanc, d. i. nach Spiegel, Avesta I. S. 244, der Nützliche, welcher aus dem Wasser Kanse von einer Jungfrau geboren werden soll, als einen Erlöser der Menschen diese in Schutz nehmen, durch ihn eine

1) Simroh, deutsche Mythologie, S. 99 u. 331.
2) Simrok, a. a. O., S. 91 ff.
3) Rhode, a. a. O., S. 166 u. 466 ff.

mit der rückkehrenden Sonne nicht mehr zurückkehren oder aufleben, sondern musste seine Rückkehr als die Rückkehr der Weltunschuld und Weltvollkommenheit in einer andern Welt fassen.1) Wie das neue Jahr, die neue Sonne,. das Frühjahr, der neue Mai, den trüben und hässlichen Winter von der Erde hinwegnimmt und dieser neues Leben verleiht, so wird auch einstens eine neue Sonne kommen, um die Welt von ihren dermaligen Leiden, Fehlern und Unvollkommenheiten zu befreien und zu erlösen. Doch bevor die neue Sonne, der Erlöser erscheint, muss die alte Sonne und alte Welt untergehen, und dieser Untergang wird herbeigeführt durch den Winter, die Finsterniss, die Nacht, das Böse, welche letztere aber der neuen Sonne und dem kommenden Erlöser wieder weichen werden. Das natürliche und sittliche Gebiet durchdringen sich dabei und theilen das gleiche Schicksal, unterliegen demselben Verlaufe, Untergang und Tode; Baldur ist die neue Sonne und das heilige reine Licht, – die Heiligkeit, die Reinheit und Unschuld der Götter. 2)

Der die Urgeschichte der Menschheit durchdringende und besonders bei dem Zendvolke, bei den Indern, bei den Hebräern und Germanen sich findende Gedanke an einen kommenden Erlöser der Menschheit, der dem Bösen wehrt, Tugend und Gerechtigkeit wieder herrschend macht und das Reich der bösen Geister zerstört, indem er das Reich Gottes verherrlicht,3) ist die auf die sittliche Welt von der natürlichen übertragene und angewandte Hoffnung der neuen Sonne. Ehe das Ende der gegenwärtigen Welt durch den allgemeinen Weltbrand herbeigeführt wird und in der letzten schrecklichen Zeit, wenn Religion, Tugend und Gerechtigkeit verschwunden sein werden, wird nach dem Zendavesta Ormuzd unvermuthet durch den Propheten Sosiosch, Caoshyanc, d. i. nach Spiegel, Avesta I. S. 244, der Nützliche, welcher aus dem Wasser Kanse von einer Jungfrau geboren werden soll, als einen Erlöser der Menschen diese in Schutz nehmen, durch ihn eine

1) Simroh, deutsche Mythologie, S. 99 u. 331.
2) Simrok, a. a. O., S. 91 ff.
3) Rhode, a. a. O., S. 166 u. 466 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0201" n="185"/>
mit der rückkehrenden Sonne nicht mehr zurückkehren
 oder aufleben, sondern musste seine Rückkehr als die Rückkehr der Weltunschuld und
 Weltvollkommenheit in einer andern Welt fassen.<note place="foot" n="1)">Simroh, deutsche
 Mythologie, S. 99 u. 331. </note> Wie das neue Jahr, die neue Sonne,. das Frühjahr, der neue Mai,
 den trüben und hässlichen Winter von der Erde hinwegnimmt und dieser neues Leben verleiht, so wird
 auch einstens eine neue Sonne kommen, um die Welt von ihren dermaligen Leiden, Fehlern und
 Unvollkommenheiten zu befreien und zu erlösen. Doch bevor die neue Sonne, der Erlöser erscheint,
 muss die alte Sonne und alte Welt untergehen, und dieser Untergang wird herbeigeführt durch den
 Winter, die Finsterniss, die Nacht, das Böse, welche letztere aber der neuen Sonne und dem kommenden
 Erlöser wieder weichen werden. Das natürliche und sittliche Gebiet durchdringen sich dabei und
 theilen das gleiche Schicksal, unterliegen demselben Verlaufe, Untergang und Tode; Baldur ist die
 neue Sonne und das heilige reine Licht, &#x2013; die Heiligkeit, die Reinheit und Unschuld der Götter.
 <note place="foot" n="2)">Simrok, a. a. O., S. 91 ff.</note></p>
        <p> Der die Urgeschichte der Menschheit durchdringende und besonders bei dem Zendvolke, bei den
 Indern, bei den Hebräern und Germanen sich findende Gedanke an einen kommenden Erlöser der
 Menschheit, der dem Bösen wehrt, Tugend und Gerechtigkeit wieder herrschend macht und das Reich der
 bösen Geister zerstört, indem er das Reich Gottes verherrlicht,<note place="foot" n="3)">Rhode, a.
 a. O., S. 166 u. 466 ff. </note> ist die auf die sittliche Welt von der natürlichen übertragene und
 angewandte Hoffnung der neuen Sonne. Ehe das Ende der gegenwärtigen Welt durch den allgemeinen
 Weltbrand herbeigeführt wird und in der letzten schrecklichen Zeit, wenn Religion, Tugend und
 Gerechtigkeit verschwunden sein werden, wird nach dem Zendavesta Ormuzd unvermuthet durch den
 Propheten Sosiosch, Caoshyanc, d. i. nach Spiegel, Avesta I. S. 244, der Nützliche, welcher aus dem
 Wasser Kanse von einer Jungfrau geboren werden soll, als einen Erlöser der Menschen diese in Schutz
 nehmen, durch ihn eine
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[185/0201] mit der rückkehrenden Sonne nicht mehr zurückkehren oder aufleben, sondern musste seine Rückkehr als die Rückkehr der Weltunschuld und Weltvollkommenheit in einer andern Welt fassen. 1) Wie das neue Jahr, die neue Sonne,. das Frühjahr, der neue Mai, den trüben und hässlichen Winter von der Erde hinwegnimmt und dieser neues Leben verleiht, so wird auch einstens eine neue Sonne kommen, um die Welt von ihren dermaligen Leiden, Fehlern und Unvollkommenheiten zu befreien und zu erlösen. Doch bevor die neue Sonne, der Erlöser erscheint, muss die alte Sonne und alte Welt untergehen, und dieser Untergang wird herbeigeführt durch den Winter, die Finsterniss, die Nacht, das Böse, welche letztere aber der neuen Sonne und dem kommenden Erlöser wieder weichen werden. Das natürliche und sittliche Gebiet durchdringen sich dabei und theilen das gleiche Schicksal, unterliegen demselben Verlaufe, Untergang und Tode; Baldur ist die neue Sonne und das heilige reine Licht, – die Heiligkeit, die Reinheit und Unschuld der Götter. 2) Der die Urgeschichte der Menschheit durchdringende und besonders bei dem Zendvolke, bei den Indern, bei den Hebräern und Germanen sich findende Gedanke an einen kommenden Erlöser der Menschheit, der dem Bösen wehrt, Tugend und Gerechtigkeit wieder herrschend macht und das Reich der bösen Geister zerstört, indem er das Reich Gottes verherrlicht, 3) ist die auf die sittliche Welt von der natürlichen übertragene und angewandte Hoffnung der neuen Sonne. Ehe das Ende der gegenwärtigen Welt durch den allgemeinen Weltbrand herbeigeführt wird und in der letzten schrecklichen Zeit, wenn Religion, Tugend und Gerechtigkeit verschwunden sein werden, wird nach dem Zendavesta Ormuzd unvermuthet durch den Propheten Sosiosch, Caoshyanc, d. i. nach Spiegel, Avesta I. S. 244, der Nützliche, welcher aus dem Wasser Kanse von einer Jungfrau geboren werden soll, als einen Erlöser der Menschen diese in Schutz nehmen, durch ihn eine 1) Simroh, deutsche Mythologie, S. 99 u. 331. 2) Simrok, a. a. O., S. 91 ff. 3) Rhode, a. a. O., S. 166 u. 466 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/201
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/201>, abgerufen am 22.11.2024.