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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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verjüngten Natur. Alle, welche an dem hohen Feste Theil nehmen wollten, mussten ebenfalls mit Rosen geschmückt erscheinen. Die Feier dieses schönen Blumenfestes, welches mit wenigen Veränderungen noch heute unter seinem Namen fortbesteht, wurde nach der Einführung des Christenthums in Armenien auf den Jahrestag der Verklärung unseres Heilandes verlegt, und wie das zu Ehren der Göttin Anahid gehaltene Warthavar drei Tage lang dauerte, so wird auch das Fest der Verklärung Christi immer drei Tage hindurch mit grosser Pracht und Feierlichkeit begangen."

Wie hier die Rose der armenischen Anahid als Göttin des Erdensegens geweiht ist und deren Symbol bildet, war dieses auch bei der ägyptischen Isis und der griechischen Aphrodite der Fall, da auch sie Göttinnen der Erdfruchtbarkeit und des blühenden Erdenlebens sind. Die Sonne mit dem ganzen Naturleben hat ihre höchste Höhe erreicht und muss bald wieder abnehmen, wenn die herrlichsten Blumen, die schönsten Rosen blühen und ach! nur zu schnell wieder welken und sich entblättern. Die Blume und besonders die Rose ist daher das nahe liegende und von den Dichtern aller Völker und aller Zeiten vielgebrauchte Symbol der auf der Spitze ihrer Bahn angekommenen Sonne und Natur, des vollkommenen und höchsten Sonnen- und Naturlebens, der natürlichen Vollkommenheit und Schönheit, des grünenden Jahressegens, des blühenden und glücklichen Gottes- und Menschenlebens, aber auch zugleich des schnellen Vergehens und Todes, des das vollste Leben plötzlich ereilenden Verderbens und Endes. Das maurerische Johannis- und Rosenfest ist deshalb, schärfer und sinniger betrachtet, mehr ein Trauerfest über den nun unaufhaltsam nahenden Tod der Sonne und Natur, über das Leiden und Sterben des untergehenden Johannes, als ein Freudenfest über das blühende und glänzende Sonnen- und Naturleben; die Rose ist dem Maurer eigentlicher das Symbol des Todes und des Schmerzes, als des Lebens und der Freude. Das maurerische Johannis- und Rosenfest in dieser Bedeutung eines Trauer- und Todtenfestes erinnert besonders an die griechischen Hyakinthien, welche zu Sparta und Amyklä

verjüngten Natur. Alle, welche an dem hohen Feste Theil nehmen wollten, mussten ebenfalls mit Rosen geschmückt erscheinen. Die Feier dieses schönen Blumenfestes, welches mit wenigen Veränderungen noch heute unter seinem Namen fortbesteht, wurde nach der Einführung des Christenthums in Armenien auf den Jahrestag der Verklärung unseres Heilandes verlegt, und wie das zu Ehren der Göttin Anahid gehaltene Warthavar drei Tage lang dauerte, so wird auch das Fest der Verklärung Christi immer drei Tage hindurch mit grosser Pracht und Feierlichkeit begangen.“

Wie hier die Rose der armenischen Anahid als Göttin des Erdensegens geweiht ist und deren Symbol bildet, war dieses auch bei der ägyptischen Isis und der griechischen Aphrodite der Fall, da auch sie Göttinnen der Erdfruchtbarkeit und des blühenden Erdenlebens sind. Die Sonne mit dem ganzen Naturleben hat ihre höchste Höhe erreicht und muss bald wieder abnehmen, wenn die herrlichsten Blumen, die schönsten Rosen blühen und ach! nur zu schnell wieder welken und sich entblättern. Die Blume und besonders die Rose ist daher das nahe liegende und von den Dichtern aller Völker und aller Zeiten vielgebrauchte Symbol der auf der Spitze ihrer Bahn angekommenen Sonne und Natur, des vollkommenen und höchsten Sonnen- und Naturlebens, der natürlichen Vollkommenheit und Schönheit, des grünenden Jahressegens, des blühenden und glücklichen Gottes- und Menschenlebens, aber auch zugleich des schnellen Vergehens und Todes, des das vollste Leben plötzlich ereilenden Verderbens und Endes. Das maurerische Johannis- und Rosenfest ist deshalb, schärfer und sinniger betrachtet, mehr ein Trauerfest über den nun unaufhaltsam nahenden Tod der Sonne und Natur, über das Leiden und Sterben des untergehenden Johannes, als ein Freudenfest über das blühende und glänzende Sonnen- und Naturleben; die Rose ist dem Maurer eigentlicher das Symbol des Todes und des Schmerzes, als des Lebens und der Freude. Das maurerische Johannis- und Rosenfest in dieser Bedeutung eines Trauer- und Todtenfestes erinnert besonders an die griechischen Hyakinthien, welche zu Sparta und Amyklä

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 Naturleben hat ihre höchste Höhe erreicht und muss bald wieder abnehmen, wenn die herrlichsten
 Blumen, die schönsten Rosen blühen und ach! nur zu schnell wieder welken und sich entblättern. Die
 Blume und besonders die Rose ist daher das nahe liegende und von den Dichtern aller Völker und aller
 Zeiten vielgebrauchte Symbol der auf der Spitze ihrer Bahn angekommenen Sonne und Natur, des
 vollkommenen und höchsten Sonnen- und Naturlebens, der natürlichen Vollkommenheit und Schönheit, des
 grünenden Jahressegens, des blühenden und glücklichen Gottes- und Menschenlebens, aber auch zugleich
 des schnellen Vergehens und Todes, des das vollste Leben plötzlich ereilenden Verderbens und Endes.
 Das maurerische Johannis- und Rosenfest ist deshalb, schärfer und sinniger betrachtet, mehr ein
 Trauerfest über den nun unaufhaltsam nahenden Tod der Sonne und Natur, über das Leiden und Sterben
 des untergehenden Johannes, als ein Freudenfest über das blühende und glänzende Sonnen- und
 Naturleben; die Rose ist dem Maurer eigentlicher das Symbol des Todes und des Schmerzes, als des
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[194/0210] verjüngten Natur. Alle, welche an dem hohen Feste Theil nehmen wollten, mussten ebenfalls mit Rosen geschmückt erscheinen. Die Feier dieses schönen Blumenfestes, welches mit wenigen Veränderungen noch heute unter seinem Namen fortbesteht, wurde nach der Einführung des Christenthums in Armenien auf den Jahrestag der Verklärung unseres Heilandes verlegt, und wie das zu Ehren der Göttin Anahid gehaltene Warthavar drei Tage lang dauerte, so wird auch das Fest der Verklärung Christi immer drei Tage hindurch mit grosser Pracht und Feierlichkeit begangen.“ Wie hier die Rose der armenischen Anahid als Göttin des Erdensegens geweiht ist und deren Symbol bildet, war dieses auch bei der ägyptischen Isis und der griechischen Aphrodite der Fall, da auch sie Göttinnen der Erdfruchtbarkeit und des blühenden Erdenlebens sind. Die Sonne mit dem ganzen Naturleben hat ihre höchste Höhe erreicht und muss bald wieder abnehmen, wenn die herrlichsten Blumen, die schönsten Rosen blühen und ach! nur zu schnell wieder welken und sich entblättern. Die Blume und besonders die Rose ist daher das nahe liegende und von den Dichtern aller Völker und aller Zeiten vielgebrauchte Symbol der auf der Spitze ihrer Bahn angekommenen Sonne und Natur, des vollkommenen und höchsten Sonnen- und Naturlebens, der natürlichen Vollkommenheit und Schönheit, des grünenden Jahressegens, des blühenden und glücklichen Gottes- und Menschenlebens, aber auch zugleich des schnellen Vergehens und Todes, des das vollste Leben plötzlich ereilenden Verderbens und Endes. Das maurerische Johannis- und Rosenfest ist deshalb, schärfer und sinniger betrachtet, mehr ein Trauerfest über den nun unaufhaltsam nahenden Tod der Sonne und Natur, über das Leiden und Sterben des untergehenden Johannes, als ein Freudenfest über das blühende und glänzende Sonnen- und Naturleben; die Rose ist dem Maurer eigentlicher das Symbol des Todes und des Schmerzes, als des Lebens und der Freude. Das maurerische Johannis- und Rosenfest in dieser Bedeutung eines Trauer- und Todtenfestes erinnert besonders an die griechischen Hyakinthien, welche zu Sparta und Amyklä

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/210>, abgerufen am 23.11.2024.