Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.es in Jesus den Gott-Menschen, das Vorbild des Maurers verehrt. Der einzelne Mensch endlich ist, wie die Bibel lehrt, das Ebenbild Gottes, ist göttlichen Ursprungs; der Mensch ist der Mensch gewordene, der sich in der Menschheit offenbarende, der sich nach der Vorstellung der Alterthums für die Menschheit oder vielmehr zur Menschheit opfernde Gott. Gott opfert sich für die Menschheit, stirbt für die Menschheit, indem er aufhört, der unendliche Gott zu sein, als Mensch aus dem Himmel zur Erde, zur Endlichkeit herabsteigt, um menschlich zu fühlen und zu leiden. Der Mensch gewordene Gott oder Gottesgeist ist der eingeborene Sohn Gottes. In dieser biblischen Vorstellung ist nur die andere Vorstellung verborgen und ausgesprochen, dass aller Geist von der Gottheit stamme, dass des Menschen Geist göttlich, gottähnlich sei, und alle Menschen geistig die Söhne, die Kinder Gottes seien, dass der schaffende Gott die ewige Liebe, der zur That gewordene Gedanke seiner selbst sei. Gott ist die ewige Liebe und die ewige That, weil Gott der ewige Geist oder Gedanke ist und Gott nicht sein kann, ohne sich zu denken d. h. zu lieben und zu schaffen. Der Gedanke des Allmächtigen ist seine That, seine Schöpfung. "Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht worden und ohne dasselbe ist auch nicht Eines geworden, das gemacht worden ist," sagt mit allem Rechte der Evangelist Johannes. Der einfache, uralte asiatische Lichtglaube ist wesentlich der Glaube, dass des Menschen Geist ein Licht, ein Lichtfunken sei, ausgestrahlt von der Sonne Gottes, von dem ewigen Lichte und zu ihm dereinst wieder zurückkehrend. Schon in den indischen Vedas ist dieses in folgendem, ausserordentlich schönem Bilde ausgedrückt: "Man denke sich Millionen grosser Gefässe, alle mit Wasser gefüllt, alle von dem Lichtstrahle der Sonne beschienen; dieses Tagesgestirn vervielfältigt sich gewissermassen und malt sich in einem Augenblicke auf allen diesen Gefässen und zwar in jedem einzelnen ganz und vollständig, jedes stellt das Bild der Sonne dar. Unsere Körper sind es in Jesus den Gott-Menschen, das Vorbild des Maurers verehrt. Der einzelne Mensch endlich ist, wie die Bibel lehrt, das Ebenbild Gottes, ist göttlichen Ursprungs; der Mensch ist der Mensch gewordene, der sich in der Menschheit offenbarende, der sich nach der Vorstellung der Alterthums für die Menschheit oder vielmehr zur Menschheit opfernde Gott. Gott opfert sich für die Menschheit, stirbt für die Menschheit, indem er aufhört, der unendliche Gott zu sein, als Mensch aus dem Himmel zur Erde, zur Endlichkeit herabsteigt, um menschlich zu fühlen und zu leiden. Der Mensch gewordene Gott oder Gottesgeist ist der eingeborene Sohn Gottes. In dieser biblischen Vorstellung ist nur die andere Vorstellung verborgen und ausgesprochen, dass aller Geist von der Gottheit stamme, dass des Menschen Geist göttlich, gottähnlich sei, und alle Menschen geistig die Söhne, die Kinder Gottes seien, dass der schaffende Gott die ewige Liebe, der zur That gewordene Gedanke seiner selbst sei. Gott ist die ewige Liebe und die ewige That, weil Gott der ewige Geist oder Gedanke ist und Gott nicht sein kann, ohne sich zu denken d. h. zu lieben und zu schaffen. Der Gedanke des Allmächtigen ist seine That, seine Schöpfung. „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht worden und ohne dasselbe ist auch nicht Eines geworden, das gemacht worden ist,“ sagt mit allem Rechte der Evangelist Johannes. Der einfache, uralte asiatische Lichtglaube ist wesentlich der Glaube, dass des Menschen Geist ein Licht, ein Lichtfunken sei, ausgestrahlt von der Sonne Gottes, von dem ewigen Lichte und zu ihm dereinst wieder zurückkehrend. Schon in den indischen Vedas ist dieses in folgendem, ausserordentlich schönem Bilde ausgedrückt: „Man denke sich Millionen grosser Gefässe, alle mit Wasser gefüllt, alle von dem Lichtstrahle der Sonne beschienen; dieses Tagesgestirn vervielfältigt sich gewissermassen und malt sich in einem Augenblicke auf allen diesen Gefässen und zwar in jedem einzelnen ganz und vollständig, jedes stellt das Bild der Sonne dar. Unsere Körper sind <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0305" n="289"/> es in Jesus den Gott-Menschen, das Vorbild des Maurers verehrt.</p> <p> Der einzelne Mensch endlich ist, wie die Bibel lehrt, das Ebenbild Gottes, ist göttlichen Ursprungs; der Mensch ist der Mensch gewordene, der sich in der Menschheit offenbarende, der sich nach der Vorstellung der Alterthums für die Menschheit oder vielmehr zur Menschheit opfernde Gott. Gott opfert sich für die Menschheit, stirbt für die Menschheit, indem er aufhört, der unendliche Gott zu sein, als Mensch aus dem Himmel zur Erde, zur Endlichkeit herabsteigt, um menschlich zu fühlen und zu leiden. Der Mensch gewordene Gott oder Gottesgeist ist der eingeborene Sohn Gottes. In dieser biblischen Vorstellung ist nur die andere Vorstellung verborgen und ausgesprochen, dass aller Geist von der Gottheit stamme, dass des Menschen Geist göttlich, gottähnlich sei, und alle Menschen geistig die Söhne, die Kinder Gottes seien, dass der schaffende Gott die ewige Liebe, der zur That gewordene Gedanke seiner selbst sei. Gott ist die ewige Liebe und die ewige That, weil Gott der ewige Geist oder Gedanke ist und Gott nicht sein kann, ohne sich zu denken d. h. zu lieben und zu schaffen. Der Gedanke des Allmächtigen ist seine That, seine Schöpfung. „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht worden und ohne dasselbe ist auch nicht Eines geworden, das gemacht worden ist,“ sagt mit allem Rechte der Evangelist Johannes. Der einfache, uralte asiatische Lichtglaube ist wesentlich der Glaube, dass des Menschen Geist ein Licht, ein Lichtfunken sei, ausgestrahlt von der Sonne Gottes, von dem ewigen Lichte und zu ihm dereinst wieder zurückkehrend. Schon in den indischen Vedas ist dieses in folgendem, ausserordentlich schönem Bilde ausgedrückt: „Man denke sich Millionen grosser Gefässe, alle mit Wasser gefüllt, alle von dem Lichtstrahle der Sonne beschienen; dieses Tagesgestirn vervielfältigt sich gewissermassen und malt sich in einem Augenblicke auf allen diesen Gefässen und zwar in jedem einzelnen ganz und vollständig, jedes stellt das Bild der Sonne dar. Unsere Körper sind </p> </div> </body> </text> </TEI> [289/0305]
es in Jesus den Gott-Menschen, das Vorbild des Maurers verehrt.
Der einzelne Mensch endlich ist, wie die Bibel lehrt, das Ebenbild Gottes, ist göttlichen Ursprungs; der Mensch ist der Mensch gewordene, der sich in der Menschheit offenbarende, der sich nach der Vorstellung der Alterthums für die Menschheit oder vielmehr zur Menschheit opfernde Gott. Gott opfert sich für die Menschheit, stirbt für die Menschheit, indem er aufhört, der unendliche Gott zu sein, als Mensch aus dem Himmel zur Erde, zur Endlichkeit herabsteigt, um menschlich zu fühlen und zu leiden. Der Mensch gewordene Gott oder Gottesgeist ist der eingeborene Sohn Gottes. In dieser biblischen Vorstellung ist nur die andere Vorstellung verborgen und ausgesprochen, dass aller Geist von der Gottheit stamme, dass des Menschen Geist göttlich, gottähnlich sei, und alle Menschen geistig die Söhne, die Kinder Gottes seien, dass der schaffende Gott die ewige Liebe, der zur That gewordene Gedanke seiner selbst sei. Gott ist die ewige Liebe und die ewige That, weil Gott der ewige Geist oder Gedanke ist und Gott nicht sein kann, ohne sich zu denken d. h. zu lieben und zu schaffen. Der Gedanke des Allmächtigen ist seine That, seine Schöpfung. „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht worden und ohne dasselbe ist auch nicht Eines geworden, das gemacht worden ist,“ sagt mit allem Rechte der Evangelist Johannes. Der einfache, uralte asiatische Lichtglaube ist wesentlich der Glaube, dass des Menschen Geist ein Licht, ein Lichtfunken sei, ausgestrahlt von der Sonne Gottes, von dem ewigen Lichte und zu ihm dereinst wieder zurückkehrend. Schon in den indischen Vedas ist dieses in folgendem, ausserordentlich schönem Bilde ausgedrückt: „Man denke sich Millionen grosser Gefässe, alle mit Wasser gefüllt, alle von dem Lichtstrahle der Sonne beschienen; dieses Tagesgestirn vervielfältigt sich gewissermassen und malt sich in einem Augenblicke auf allen diesen Gefässen und zwar in jedem einzelnen ganz und vollständig, jedes stellt das Bild der Sonne dar. Unsere Körper sind
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/305>, abgerufen am 16.07.2024. |