Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

symbole, Naturgötter und Naturdämonen fand aber die stärkste Pflege und Stütze in den Mysterienanstalten und deshalb muss das Mysteriensymbol des Strickes und der Schlange auch rein ethisch, geistig und sittlich ausgelegt und erklärt werden. Der Strick oder die Schlange, welche der Geweihte der Isis am Halse trug und der Maurer noch trägt, ist die Schlange der Leidenschaften, die er im eigenen Busen trägt und deren umschlingenden Banden er sich nur durch das Licht, durch die Reinheit in Gedanken, Worten und Werken zu entreissen vermag; die Finsterniss muss durch das Licht, das Böse durch das Gute, die Selbstsucht durch die Gottesfurcht überwunden werden. Da, so lang der Mensch hienieden lebt und kämpft, die Schlange des Bösen und der Leidenschaften ihm auf dem Fusse folgt, hat auch das uralte ägyptische Symbol von der Bekämpfung und Besiegung der Schlange seine tiefe und stets praktische Bedeutung und wohl der Gegenwart, wenn sie in dem Symbole den Geist erhält und wiederfindet, welchen längst untergegangene Völker hineingelegt hatten. Die Gegenwart ist nur dann die würdige Nachfolgerin der Vergangenheit, wenn sie deren Lehren, versteht und benützt. Dass aber, wenn auch zertrümmert und verkümmert und fast vergraben unter den hohlen Phrasen und Formeln des 18. Jahrhunderts, sich bis auf diesen Tag in der Maurerei das uralte Mysteriensymbol der Schlange und des Strickes forterhalten hat, beweiset schon für sich allein, dass die Maurerei der grosse Geist des Alterthums, besonders der Aegypter und der Griechen, durchwehe, - dass die Maurerei auf dem festen Grunde der Mysterien ruhe und mit ihnen unsichtbar zusammenhänge, dass die Maurerei ein Mysterium selbst jetzt noch sei, weil so viele ihrer eigenen Jünger sie, ihre Symbole, Gebräuche und Geschichte nicht einmal verstehen.

Liebe Freunde! Es gab schön're Zeiten,
Als die unsern - das ist nicht zu streiten!
Und ein edler Volk hat einst gelebt.
Könnte die Geschichte davon schweigen,
Tausend Steine würden redend zeugen,
Die man aus dem Schoss der Erde gräbt.

symbole, Naturgötter und Naturdämonen fand aber die stärkste Pflege und Stütze in den Mysterienanstalten und deshalb muss das Mysteriensymbol des Strickes und der Schlange auch rein ethisch, geistig und sittlich ausgelegt und erklärt werden. Der Strick oder die Schlange, welche der Geweihte der Isis am Halse trug und der Maurer noch trägt, ist die Schlange der Leidenschaften, die er im eigenen Busen trägt und deren umschlingenden Banden er sich nur durch das Licht, durch die Reinheit in Gedanken, Worten und Werken zu entreissen vermag; die Finsterniss muss durch das Licht, das Böse durch das Gute, die Selbstsucht durch die Gottesfurcht überwunden werden. Da, so lang der Mensch hienieden lebt und kämpft, die Schlange des Bösen und der Leidenschaften ihm auf dem Fusse folgt, hat auch das uralte ägyptische Symbol von der Bekämpfung und Besiegung der Schlange seine tiefe und stets praktische Bedeutung und wohl der Gegenwart, wenn sie in dem Symbole den Geist erhält und wiederfindet, welchen längst untergegangene Völker hineingelegt hatten. Die Gegenwart ist nur dann die würdige Nachfolgerin der Vergangenheit, wenn sie deren Lehren, versteht und benützt. Dass aber, wenn auch zertrümmert und verkümmert und fast vergraben unter den hohlen Phrasen und Formeln des 18. Jahrhunderts, sich bis auf diesen Tag in der Maurerei das uralte Mysteriensymbol der Schlange und des Strickes forterhalten hat, beweiset schon für sich allein, dass die Maurerei der grosse Geist des Alterthums, besonders der Aegypter und der Griechen, durchwehe, – dass die Maurerei auf dem festen Grunde der Mysterien ruhe und mit ihnen unsichtbar zusammenhänge, dass die Maurerei ein Mysterium selbst jetzt noch sei, weil so viele ihrer eigenen Jünger sie, ihre Symbole, Gebräuche und Geschichte nicht einmal verstehen.

Liebe Freunde! Es gab schön’re Zeiten,
Als die unsern – das ist nicht zu streiten!
Und ein edler Volk hat einst gelebt.
Könnte die Geschichte davon schweigen,
Tausend Steine würden redend zeugen,
Die man aus dem Schoss der Erde gräbt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0356" n="340"/>
symbole, Naturgötter und
 Naturdämonen fand aber die stärkste Pflege und Stütze in den Mysterienanstalten und deshalb muss das
 Mysteriensymbol des Strickes und der Schlange auch rein ethisch, geistig und sittlich ausgelegt und
 erklärt werden. Der Strick oder die Schlange, welche der Geweihte der Isis am Halse trug und der
 Maurer noch trägt, ist die Schlange der Leidenschaften, die er im eigenen Busen trägt und deren
 umschlingenden Banden er sich nur durch das Licht, durch die Reinheit in Gedanken, Worten und Werken
 zu entreissen vermag; die Finsterniss muss durch das Licht, das Böse durch das Gute, die Selbstsucht
 durch die Gottesfurcht überwunden werden. Da, so lang der Mensch hienieden lebt und kämpft, die
 Schlange des Bösen und der Leidenschaften ihm auf dem Fusse folgt, hat auch das uralte ägyptische
 Symbol von der Bekämpfung und Besiegung der Schlange seine tiefe und stets praktische Bedeutung und
 wohl der Gegenwart, wenn sie in dem Symbole den Geist erhält und wiederfindet, welchen längst
 untergegangene Völker hineingelegt hatten. Die Gegenwart ist nur dann die würdige Nachfolgerin der
 Vergangenheit, wenn sie deren Lehren, versteht und benützt. Dass aber, wenn auch zertrümmert und
 verkümmert und fast vergraben unter den hohlen Phrasen und Formeln des 18. Jahrhunderts, sich bis
 auf diesen Tag in der Maurerei das uralte Mysteriensymbol der Schlange und des Strickes forterhalten
 hat, beweiset schon für sich allein, dass die Maurerei der grosse Geist des Alterthums, besonders
 der Aegypter und der Griechen, durchwehe, &#x2013; dass die Maurerei auf dem festen Grunde der Mysterien
 ruhe und mit ihnen unsichtbar zusammenhänge, dass die Maurerei ein Mysterium selbst jetzt noch sei,
 weil so viele ihrer eigenen Jünger sie, ihre Symbole, Gebräuche und Geschichte nicht einmal
 verstehen.</p>
        <cit rendition="#et">
          <quote> Liebe Freunde! Es gab schön&#x2019;re Zeiten,<lb/>
Als die unsern &#x2013; das ist nicht zu streiten!<lb/>
Und ein edler Volk hat einst gelebt.<lb/>
Könnte die Geschichte davon schweigen,<lb/>
Tausend
 Steine würden redend zeugen,<lb/>
Die man aus dem Schoss der Erde gräbt.</quote>
        </cit><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[340/0356] symbole, Naturgötter und Naturdämonen fand aber die stärkste Pflege und Stütze in den Mysterienanstalten und deshalb muss das Mysteriensymbol des Strickes und der Schlange auch rein ethisch, geistig und sittlich ausgelegt und erklärt werden. Der Strick oder die Schlange, welche der Geweihte der Isis am Halse trug und der Maurer noch trägt, ist die Schlange der Leidenschaften, die er im eigenen Busen trägt und deren umschlingenden Banden er sich nur durch das Licht, durch die Reinheit in Gedanken, Worten und Werken zu entreissen vermag; die Finsterniss muss durch das Licht, das Böse durch das Gute, die Selbstsucht durch die Gottesfurcht überwunden werden. Da, so lang der Mensch hienieden lebt und kämpft, die Schlange des Bösen und der Leidenschaften ihm auf dem Fusse folgt, hat auch das uralte ägyptische Symbol von der Bekämpfung und Besiegung der Schlange seine tiefe und stets praktische Bedeutung und wohl der Gegenwart, wenn sie in dem Symbole den Geist erhält und wiederfindet, welchen längst untergegangene Völker hineingelegt hatten. Die Gegenwart ist nur dann die würdige Nachfolgerin der Vergangenheit, wenn sie deren Lehren, versteht und benützt. Dass aber, wenn auch zertrümmert und verkümmert und fast vergraben unter den hohlen Phrasen und Formeln des 18. Jahrhunderts, sich bis auf diesen Tag in der Maurerei das uralte Mysteriensymbol der Schlange und des Strickes forterhalten hat, beweiset schon für sich allein, dass die Maurerei der grosse Geist des Alterthums, besonders der Aegypter und der Griechen, durchwehe, – dass die Maurerei auf dem festen Grunde der Mysterien ruhe und mit ihnen unsichtbar zusammenhänge, dass die Maurerei ein Mysterium selbst jetzt noch sei, weil so viele ihrer eigenen Jünger sie, ihre Symbole, Gebräuche und Geschichte nicht einmal verstehen. Liebe Freunde! Es gab schön’re Zeiten, Als die unsern – das ist nicht zu streiten! Und ein edler Volk hat einst gelebt. Könnte die Geschichte davon schweigen, Tausend Steine würden redend zeugen, Die man aus dem Schoss der Erde gräbt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/356
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/356>, abgerufen am 13.06.2024.