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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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wachsenden germanischen Völker, ihre schöne und kräftige Jugendzeit ist.

Wenn nunmehr der innigste Zusammenhang zwischen der griechisch-römischen und der christlich-germanischen Zeit, der Uebergang und Fortgang der einen in die andere begriffen ist, wird auch nicht darüber gestritten werden können ob die christlich-germanische Baukunst mit der griechisch-römischen, die Kirchenbaukunst mit der Tempelbaukunst, die wirkliche und symbolische Maurerei mit dem Alterthume unmittelbar zusammenhänge, dennoch aber eine jede wieder verschieden und nicht die andere sei.1) Der allgemeine Zusammenhang der Weltgeschichte bewährt sich hier darin, dass die germanischen Christen die griechischen Künste und Wissenschaften, vorzüglich die Baukunst mit ihren Hülfswissenschaften, der Arithmetik, Geometrie, Mechanik, Chemie u. s. w. durchaus bedurft haben, um schon im 12. und 13. Jahrhundert die grossen und ausgezeichneten Kirchenbauten und weltlichen Gebäude, unter den letztern die Rathhäuser und Paläste, z. B. Friedrichs I. in Hagenau und Gelnhausen, die Brücken, z. B. in Regensburg und Venedig, u. s. w. aufführen zu können. Die Baukunst mit ihren Hülfswissenschaften und Hülfskünsten, namentlich der Malerei , Skulptur und Giesserei,

1) Ueber die Kirchenbaukunst vergl. auch die schätzenswerthen Beiträge zur Kunstgeschichte vom 10. - 16. Jahrhundert von Mone, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, III. S. 3 ff., woselbst zugleich die hierher gehörige allgemeine Literatur in den Noten theilweise angegeben ist. Auch verdient der ganz kurze Versuch von Schildener über die Bedeutung des Kirchenbaues als Erzeugnisses deutscher Sinnesart, in dem zweiten Stücke seiner Beiträge zur Kenntniss des germanischen Rechts, Greifswald 1837, S. 9 ff. nachgelesen zu werden. Daran reiht sich eine etwas grössere Abhandlung von Schildener, das Gottesbewusstsein im Volksrechte der Germanen, Greifswald 1839. Schildener sagt namentlich in der letztern Abhandlung: "Das instinktmässige Lebensprinzip des ganzen germanischen Volkes war Genossenschaft, Verbrüderung, Association, an welche es als sein höchstes sociales Princip glaubte und welcher Glaube mächtiger war als der Trieb zur Geltendmachung der Persönlichkeit." - Otte, Geschichte der deutschen Baukunst, Leipzig 1861, ist noch nicht vollendet, berücksichtigt aber, wie er in der Vorrede hervorhebt, die Archäologie und die bürgerliche Baukunst zugleich und glaubt dadurch eine Lücke auszufüllen.

wachsenden germanischen Völker, ihre schöne und kräftige Jugendzeit ist.

Wenn nunmehr der innigste Zusammenhang zwischen der griechisch-römischen und der christlich-germanischen Zeit, der Uebergang und Fortgang der einen in die andere begriffen ist, wird auch nicht darüber gestritten werden können ob die christlich-germanische Baukunst mit der griechisch-römischen, die Kirchenbaukunst mit der Tempelbaukunst, die wirkliche und symbolische Maurerei mit dem Alterthume unmittelbar zusammenhänge, dennoch aber eine jede wieder verschieden und nicht die andere sei.1) Der allgemeine Zusammenhang der Weltgeschichte bewährt sich hier darin, dass die germanischen Christen die griechischen Künste und Wissenschaften, vorzüglich die Baukunst mit ihren Hülfswissenschaften, der Arithmetik, Geometrie, Mechanik, Chemie u. s. w. durchaus bedurft haben, um schon im 12. und 13. Jahrhundert die grossen und ausgezeichneten Kirchenbauten und weltlichen Gebäude, unter den letztern die Rathhäuser und Paläste, z. B. Friedrichs I. in Hagenau und Gelnhausen, die Brücken, z. B. in Regensburg und Venedig, u. s. w. aufführen zu können. Die Baukunst mit ihren Hülfswissenschaften und Hülfskünsten, namentlich der Malerei , Skulptur und Giesserei,

1) Ueber die Kirchenbaukunst vergl. auch die schätzenswerthen Beiträge zur Kunstgeschichte vom 10. – 16. Jahrhundert von Mone, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, III. S. 3 ff., woselbst zugleich die hierher gehörige allgemeine Literatur in den Noten theilweise angegeben ist. Auch verdient der ganz kurze Versuch von Schildener über die Bedeutung des Kirchenbaues als Erzeugnisses deutscher Sinnesart, in dem zweiten Stücke seiner Beiträge zur Kenntniss des germanischen Rechts, Greifswald 1837, S. 9 ff. nachgelesen zu werden. Daran reiht sich eine etwas grössere Abhandlung von Schildener, das Gottesbewusstsein im Volksrechte der Germanen, Greifswald 1839. Schildener sagt namentlich in der letztern Abhandlung: „Das instinktmässige Lebensprinzip des ganzen germanischen Volkes war Genossenschaft, Verbrüderung, Association, an welche es als sein höchstes sociales Princip glaubte und welcher Glaube mächtiger war als der Trieb zur Geltendmachung der Persönlichkeit.“ – Otte, Geschichte der deutschen Baukunst, Leipzig 1861, ist noch nicht vollendet, berücksichtigt aber, wie er in der Vorrede hervorhebt, die Archäologie und die bürgerliche Baukunst zugleich und glaubt dadurch eine Lücke auszufüllen.
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 auch nicht darüber gestritten werden können ob die christlich-germanische Baukunst mit der
 griechisch-römischen, die Kirchenbaukunst mit der Tempelbaukunst, die wirkliche und symbolische
 Maurerei mit dem Alterthume unmittelbar zusammenhänge, dennoch aber eine jede wieder verschieden und
 nicht die andere sei.<note place="foot" n="1)">Ueber die Kirchenbaukunst vergl. auch die
 schätzenswerthen Beiträge zur Kunstgeschichte vom 10. &#x2013; 16. Jahrhundert von Mone, Zeitschrift für
 die Geschichte des Oberrheins, III. S. 3 ff., woselbst zugleich die hierher gehörige allgemeine
 Literatur in den Noten theilweise angegeben ist. Auch verdient der ganz kurze Versuch von Schildener
 über die Bedeutung des Kirchenbaues als Erzeugnisses deutscher Sinnesart, in dem zweiten Stücke
 seiner Beiträge zur Kenntniss des germanischen Rechts, Greifswald 1837, S. 9 ff. nachgelesen zu
 werden. Daran reiht sich eine etwas grössere Abhandlung von Schildener, das Gottesbewusstsein im
 Volksrechte der Germanen, Greifswald 1839. Schildener sagt namentlich in der letztern Abhandlung:
 &#x201E;Das instinktmässige Lebensprinzip des ganzen germanischen Volkes war Genossenschaft, Verbrüderung,
 Association, an welche es als sein höchstes sociales Princip glaubte und welcher Glaube mächtiger
 war als der Trieb zur Geltendmachung der Persönlichkeit.&#x201C; &#x2013; Otte, Geschichte der deutschen Baukunst,
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 Archäologie und die bürgerliche Baukunst zugleich und glaubt dadurch eine Lücke auszufüllen. </note>
 Der allgemeine Zusammenhang der Weltgeschichte bewährt sich hier darin, dass die germanischen
 Christen die griechischen Künste und Wissenschaften, vorzüglich die Baukunst mit ihren
 Hülfswissenschaften, der Arithmetik, Geometrie, Mechanik, Chemie u. s. w. durchaus bedurft haben, um
 schon im 12. und 13. Jahrhundert die grossen und ausgezeichneten Kirchenbauten und weltlichen
 Gebäude, unter den letztern die Rathhäuser und Paläste, z. B. Friedrichs I. in Hagenau und
 Gelnhausen, die Brücken, z. B. in Regensburg und Venedig, u. s. w. aufführen zu können. Die Baukunst
 mit ihren Hülfswissenschaften und Hülfskünsten, namentlich der Malerei , Skulptur und Giesserei,
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[359/0375] wachsenden germanischen Völker, ihre schöne und kräftige Jugendzeit ist. Wenn nunmehr der innigste Zusammenhang zwischen der griechisch-römischen und der christlich-germanischen Zeit, der Uebergang und Fortgang der einen in die andere begriffen ist, wird auch nicht darüber gestritten werden können ob die christlich-germanische Baukunst mit der griechisch-römischen, die Kirchenbaukunst mit der Tempelbaukunst, die wirkliche und symbolische Maurerei mit dem Alterthume unmittelbar zusammenhänge, dennoch aber eine jede wieder verschieden und nicht die andere sei. 1) Der allgemeine Zusammenhang der Weltgeschichte bewährt sich hier darin, dass die germanischen Christen die griechischen Künste und Wissenschaften, vorzüglich die Baukunst mit ihren Hülfswissenschaften, der Arithmetik, Geometrie, Mechanik, Chemie u. s. w. durchaus bedurft haben, um schon im 12. und 13. Jahrhundert die grossen und ausgezeichneten Kirchenbauten und weltlichen Gebäude, unter den letztern die Rathhäuser und Paläste, z. B. Friedrichs I. in Hagenau und Gelnhausen, die Brücken, z. B. in Regensburg und Venedig, u. s. w. aufführen zu können. Die Baukunst mit ihren Hülfswissenschaften und Hülfskünsten, namentlich der Malerei , Skulptur und Giesserei, 1) Ueber die Kirchenbaukunst vergl. auch die schätzenswerthen Beiträge zur Kunstgeschichte vom 10. – 16. Jahrhundert von Mone, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, III. S. 3 ff., woselbst zugleich die hierher gehörige allgemeine Literatur in den Noten theilweise angegeben ist. Auch verdient der ganz kurze Versuch von Schildener über die Bedeutung des Kirchenbaues als Erzeugnisses deutscher Sinnesart, in dem zweiten Stücke seiner Beiträge zur Kenntniss des germanischen Rechts, Greifswald 1837, S. 9 ff. nachgelesen zu werden. Daran reiht sich eine etwas grössere Abhandlung von Schildener, das Gottesbewusstsein im Volksrechte der Germanen, Greifswald 1839. Schildener sagt namentlich in der letztern Abhandlung: „Das instinktmässige Lebensprinzip des ganzen germanischen Volkes war Genossenschaft, Verbrüderung, Association, an welche es als sein höchstes sociales Princip glaubte und welcher Glaube mächtiger war als der Trieb zur Geltendmachung der Persönlichkeit.“ – Otte, Geschichte der deutschen Baukunst, Leipzig 1861, ist noch nicht vollendet, berücksichtigt aber, wie er in der Vorrede hervorhebt, die Archäologie und die bürgerliche Baukunst zugleich und glaubt dadurch eine Lücke auszufüllen.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/375>, abgerufen am 01.06.2024.