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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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ältern und neuern maurerischen Werken ausgesprochen finden. Es zerfällt demnach ihre Aufgabe in eine doppelte für das innere geistige Leben ihrer Glieder einer- und für das äussere oder sociale anderseits; oder ich will lieber sagen, für ihre Bildung als freie geistige, zur Unsterblichkeit geschaffene Wesen einer- und für diejenige der für das irdische Leben unter menschlichen Gesetzen bestehenden Gesellschaft anderseits (S. 21)." Die eigenthümliche, innerlich wahre Aufgabe die der Maurerbund auch für alle Zukunft, sie mag sich gestalten wie sie will, mit ruhigem Gewissen festhalten und verfolgen darf, ist und bleibt nach Hottinger (S. 27) diejenige eines erleuchteten, auf allgemeine Menschenliebe begründeten Kosmopolitismus, der weder positive Religiosität, noch Vaterlandsliebe aufhebt; desjenigen Kosmopolitismus, den auch Christus geheiligt hat, als er den Samariter lobte, der die Wunden des fremden Glaubensgenossen verband, während Pharisäer und Levit bei dem eigenen Glaubensgenossen ungerührt vorüberwandelten. Hottinger hält den Grundgedanken der Maurerei für so alt als die Menschheit, ihre Erscheinung im äussern Leben und die Systeme, die unmittelbar nach dieser Erscheinung sich ausbildeten, mögen nun früheren oder spätern Ursprungs sein. In dem gleichen Sinne wird in dem vorangeführten englischen Freimaurerverhöre auf die zweite Frage, woher das Geheimniss der Freimaurerei seine Entstehung habe, geantwortet, dass es zugleich mit den ersten Menschen im Osten, welche früher als die Menschen im Westen gewesen, entstanden und besonders durch die handelfahrenden Phönicier über das rothe Meer, woher sie nach Phönicien gekommen, und über das mittelländische Meer den Abendländern zugetragen worden sei. Das Freimaurerverhör fasst dabei das Geheimniss der Freimaurerei im universalhistorischen Sinne als gleichbedeutend mit der menschlichen Cultur überhaupt und lässt es daher alle menschlichen Wissenschaften von der Architektur an bis auf die Religion in sich begreifen: allein im engern und besonderen Sinne ist ihm die Freimaurerei nur die Kunst, gut und vollkommen zu werden (ars boni et aequi) ohne

ältern und neuern maurerischen Werken ausgesprochen finden. Es zerfällt demnach ihre Aufgabe in eine doppelte für das innere geistige Leben ihrer Glieder einer- und für das äussere oder sociale anderseits; oder ich will lieber sagen, für ihre Bildung als freie geistige, zur Unsterblichkeit geschaffene Wesen einer- und für diejenige der für das irdische Leben unter menschlichen Gesetzen bestehenden Gesellschaft anderseits (S. 21).“ Die eigenthümliche, innerlich wahre Aufgabe die der Maurerbund auch für alle Zukunft, sie mag sich gestalten wie sie will, mit ruhigem Gewissen festhalten und verfolgen darf, ist und bleibt nach Hottinger (S. 27) diejenige eines erleuchteten, auf allgemeine Menschenliebe begründeten Kosmopolitismus, der weder positive Religiosität, noch Vaterlandsliebe aufhebt; desjenigen Kosmopolitismus, den auch Christus geheiligt hat, als er den Samariter lobte, der die Wunden des fremden Glaubensgenossen verband, während Pharisäer und Levit bei dem eigenen Glaubensgenossen ungerührt vorüberwandelten. Hottinger hält den Grundgedanken der Maurerei für so alt als die Menschheit, ihre Erscheinung im äussern Leben und die Systeme, die unmittelbar nach dieser Erscheinung sich ausbildeten, mögen nun früheren oder spätern Ursprungs sein. In dem gleichen Sinne wird in dem vorangeführten englischen Freimaurerverhöre auf die zweite Frage, woher das Geheimniss der Freimaurerei seine Entstehung habe, geantwortet, dass es zugleich mit den ersten Menschen im Osten, welche früher als die Menschen im Westen gewesen, entstanden und besonders durch die handelfahrenden Phönicier über das rothe Meer, woher sie nach Phönicien gekommen, und über das mittelländische Meer den Abendländern zugetragen worden sei. Das Freimaurerverhör fasst dabei das Geheimniss der Freimaurerei im universalhistorischen Sinne als gleichbedeutend mit der menschlichen Cultur überhaupt und lässt es daher alle menschlichen Wissenschaften von der Architektur an bis auf die Religion in sich begreifen: allein im engern und besonderen Sinne ist ihm die Freimaurerei nur die Kunst, gut und vollkommen zu werden (ars boni et aequi) ohne

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[377/0393] ältern und neuern maurerischen Werken ausgesprochen finden. Es zerfällt demnach ihre Aufgabe in eine doppelte für das innere geistige Leben ihrer Glieder einer- und für das äussere oder sociale anderseits; oder ich will lieber sagen, für ihre Bildung als freie geistige, zur Unsterblichkeit geschaffene Wesen einer- und für diejenige der für das irdische Leben unter menschlichen Gesetzen bestehenden Gesellschaft anderseits (S. 21).“ Die eigenthümliche, innerlich wahre Aufgabe die der Maurerbund auch für alle Zukunft, sie mag sich gestalten wie sie will, mit ruhigem Gewissen festhalten und verfolgen darf, ist und bleibt nach Hottinger (S. 27) diejenige eines erleuchteten, auf allgemeine Menschenliebe begründeten Kosmopolitismus, der weder positive Religiosität, noch Vaterlandsliebe aufhebt; desjenigen Kosmopolitismus, den auch Christus geheiligt hat, als er den Samariter lobte, der die Wunden des fremden Glaubensgenossen verband, während Pharisäer und Levit bei dem eigenen Glaubensgenossen ungerührt vorüberwandelten. Hottinger hält den Grundgedanken der Maurerei für so alt als die Menschheit, ihre Erscheinung im äussern Leben und die Systeme, die unmittelbar nach dieser Erscheinung sich ausbildeten, mögen nun früheren oder spätern Ursprungs sein. In dem gleichen Sinne wird in dem vorangeführten englischen Freimaurerverhöre auf die zweite Frage, woher das Geheimniss der Freimaurerei seine Entstehung habe, geantwortet, dass es zugleich mit den ersten Menschen im Osten, welche früher als die Menschen im Westen gewesen, entstanden und besonders durch die handelfahrenden Phönicier über das rothe Meer, woher sie nach Phönicien gekommen, und über das mittelländische Meer den Abendländern zugetragen worden sei. Das Freimaurerverhör fasst dabei das Geheimniss der Freimaurerei im universalhistorischen Sinne als gleichbedeutend mit der menschlichen Cultur überhaupt und lässt es daher alle menschlichen Wissenschaften von der Architektur an bis auf die Religion in sich begreifen: allein im engern und besonderen Sinne ist ihm die Freimaurerei nur die Kunst, gut und vollkommen zu werden (ars boni et aequi) ohne

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/393>, abgerufen am 13.06.2024.