Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

murre und klage auch Keiner über die ihm gerade zugefallene Stelle, da ein Jeder doch Mitarbeiter ist an dem Einen grossen Baue der Menschheit und der Gottheit und alle Stellen besetzt werden mussten, sollte der Bau aufgeführt werden. Darauf beruht die sittliche Weltordnung, die Harmonie des Weltganzen, dass Alle an ihrer Stelle stehen und dort recht bauen; deshalb ist auch der Staat, die Vereinigung der Menschen zu einem organischen Ganzen, eine Vernunftnothwendigkeit, ein göttliches Gesetz und nur in dem Staate kann sich das wahre menschheitliche Leben entwickeln und gestalten. Auch verleiht nicht die Stelle an sich das Verdienst, sondern die Pflichttreue, mit welcher ein Jeder seiner Stelle obliegt. Also Nicht um deine Mitgesellen sorge, wie sie mögen bau'n;
Dafür lass den Meister sorgen, deine Stelle baue recht!

Auch kann es den ächten Maurer nicht kümmern, wenn, was er so mühsam und lange gebauet, der Sturm der Zeiten umtobet und bald wieder zerstört. Vergänglichkeit ist das Loos der menschlichen Werke und der Menschen selbst, wie Homer so schön singt: Gleich wie die Blätter im Walde, so sind die Geschlechter der Menschen:
Blätter verweht zur Erde der Wind nun, andere treibt dann
Wieder der knospende Wald, wenn neu aufblühet der Frühling:
So des Menschen Geschlecht, das wächst und jenes verschwindet.

Ob auch die Menschen und ihre Geschlechter vergehen, die Menschheit selbst bleibt unvergänglich bestehen und wird die zerstörten Bauten bald wieder dauerhafter und schöner auferbauen. - Nicht die Zukunft, blos das Heute gehört dem Lebenden, weshalb nur lebt, wer heute stets erfüllt, was ihm die Pflicht gebietet; über die Zukunft wird aber der Himmel wachen. In den Gedanken des unerforschlichen Gottes dringt kein sterbliches Auge, daher wir beruhigt zu dem Himmel aufblicken sollen, wie auch Alles um uns stürzt und fällt. In der Ilia. I. 216 bis 219 sagt daher Achilleus: Eurem Gebote, o Götter, soll willig der Sterbliche folgen,
Wenn auch im Sturme das Herz sich empört, denn so ist es besser;
Ja, wer den Göttern sich füget, ihn hören sie gerne auch wieder.

murre und klage auch Keiner über die ihm gerade zugefallene Stelle, da ein Jeder doch Mitarbeiter ist an dem Einen grossen Baue der Menschheit und der Gottheit und alle Stellen besetzt werden mussten, sollte der Bau aufgeführt werden. Darauf beruht die sittliche Weltordnung, die Harmonie des Weltganzen, dass Alle an ihrer Stelle stehen und dort recht bauen; deshalb ist auch der Staat, die Vereinigung der Menschen zu einem organischen Ganzen, eine Vernunftnothwendigkeit, ein göttliches Gesetz und nur in dem Staate kann sich das wahre menschheitliche Leben entwickeln und gestalten. Auch verleiht nicht die Stelle an sich das Verdienst, sondern die Pflichttreue, mit welcher ein Jeder seiner Stelle obliegt. Also Nicht um deine Mitgesellen sorge, wie sie mögen bau’n;
Dafür lass den Meister sorgen, deine Stelle baue recht!

Auch kann es den ächten Maurer nicht kümmern, wenn, was er so mühsam und lange gebauet, der Sturm der Zeiten umtobet und bald wieder zerstört. Vergänglichkeit ist das Loos der menschlichen Werke und der Menschen selbst, wie Homer so schön singt: Gleich wie die Blätter im Walde, so sind die Geschlechter der Menschen:
Blätter verweht zur Erde der Wind nun, andere treibt dann
Wieder der knospende Wald, wenn neu aufblühet der Frühling:
So des Menschen Geschlecht, das wächst und jenes verschwindet.

Ob auch die Menschen und ihre Geschlechter vergehen, die Menschheit selbst bleibt unvergänglich bestehen und wird die zerstörten Bauten bald wieder dauerhafter und schöner auferbauen. – Nicht die Zukunft, blos das Heute gehört dem Lebenden, weshalb nur lebt, wer heute stets erfüllt, was ihm die Pflicht gebietet; über die Zukunft wird aber der Himmel wachen. In den Gedanken des unerforschlichen Gottes dringt kein sterbliches Auge, daher wir beruhigt zu dem Himmel aufblicken sollen, wie auch Alles um uns stürzt und fällt. In der Ilia. I. 216 bis 219 sagt daher Achilleus: Eurem Gebote, o Götter, soll willig der Sterbliche folgen,
Wenn auch im Sturme das Herz sich empört, denn so ist es besser;
Ja, wer den Göttern sich füget, ihn hören sie gerne auch wieder.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0398" n="382"/>
murre und klage auch Keiner über die ihm
 gerade zugefallene Stelle, da ein Jeder doch Mitarbeiter ist an dem Einen grossen Baue der
 Menschheit und der Gottheit und alle Stellen besetzt werden mussten, sollte der Bau aufgeführt
 werden. Darauf beruht die sittliche Weltordnung, die Harmonie des Weltganzen, dass Alle an ihrer
 Stelle stehen und dort recht bauen; deshalb ist auch der Staat, die Vereinigung der Menschen zu
 einem organischen Ganzen, eine Vernunftnothwendigkeit, ein göttliches Gesetz und nur in dem Staate
 kann sich das wahre menschheitliche Leben entwickeln und gestalten. Auch verleiht nicht die Stelle
 an sich das Verdienst, sondern die Pflichttreue, mit welcher ein Jeder seiner Stelle obliegt. Also
 <cit rendition="#et"><quote> Nicht um deine Mitgesellen sorge, wie sie mögen bau&#x2019;n;<lb/>
Dafür lass den Meister sorgen,
 deine Stelle baue recht!</quote></cit></p>
        <p> Auch kann es den ächten Maurer nicht kümmern, wenn, was er so mühsam und lange gebauet, der
 Sturm der Zeiten umtobet und bald wieder zerstört. Vergänglichkeit ist das Loos der menschlichen
 Werke und der Menschen selbst, wie Homer so schön singt: <cit rendition="#et"><quote> Gleich wie die Blätter im Walde, so sind die Geschlechter der Menschen:<lb/>
Blätter verweht
 zur Erde der Wind nun, andere treibt dann<lb/>
Wieder der knospende Wald, wenn neu aufblühet der
 Frühling:<lb/>
So des Menschen Geschlecht, das wächst und jenes verschwindet.</quote></cit></p>
        <p> Ob auch die Menschen und ihre Geschlechter vergehen, die Menschheit selbst bleibt unvergänglich
 bestehen und wird die zerstörten Bauten bald wieder dauerhafter und schöner auferbauen. &#x2013; Nicht die
 Zukunft, blos das Heute gehört dem Lebenden, weshalb nur lebt, wer heute stets erfüllt, was ihm die
 Pflicht gebietet; über die Zukunft wird aber der Himmel wachen. In den Gedanken des unerforschlichen
 Gottes dringt kein sterbliches Auge, daher wir beruhigt zu dem Himmel aufblicken sollen, wie auch
 Alles um uns stürzt und fällt. In der Ilia. I. 216 bis 219 sagt daher Achilleus: <cit rendition="#et"><quote> Eurem Gebote, o Götter, soll willig der Sterbliche folgen,<lb/>
Wenn auch im Sturme das Herz
 sich empört, denn so ist es besser;<lb/>
Ja, wer den Göttern sich füget, ihn hören sie gerne auch
 wieder.</quote></cit>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[382/0398] murre und klage auch Keiner über die ihm gerade zugefallene Stelle, da ein Jeder doch Mitarbeiter ist an dem Einen grossen Baue der Menschheit und der Gottheit und alle Stellen besetzt werden mussten, sollte der Bau aufgeführt werden. Darauf beruht die sittliche Weltordnung, die Harmonie des Weltganzen, dass Alle an ihrer Stelle stehen und dort recht bauen; deshalb ist auch der Staat, die Vereinigung der Menschen zu einem organischen Ganzen, eine Vernunftnothwendigkeit, ein göttliches Gesetz und nur in dem Staate kann sich das wahre menschheitliche Leben entwickeln und gestalten. Auch verleiht nicht die Stelle an sich das Verdienst, sondern die Pflichttreue, mit welcher ein Jeder seiner Stelle obliegt. Also Nicht um deine Mitgesellen sorge, wie sie mögen bau’n; Dafür lass den Meister sorgen, deine Stelle baue recht! Auch kann es den ächten Maurer nicht kümmern, wenn, was er so mühsam und lange gebauet, der Sturm der Zeiten umtobet und bald wieder zerstört. Vergänglichkeit ist das Loos der menschlichen Werke und der Menschen selbst, wie Homer so schön singt: Gleich wie die Blätter im Walde, so sind die Geschlechter der Menschen: Blätter verweht zur Erde der Wind nun, andere treibt dann Wieder der knospende Wald, wenn neu aufblühet der Frühling: So des Menschen Geschlecht, das wächst und jenes verschwindet. Ob auch die Menschen und ihre Geschlechter vergehen, die Menschheit selbst bleibt unvergänglich bestehen und wird die zerstörten Bauten bald wieder dauerhafter und schöner auferbauen. – Nicht die Zukunft, blos das Heute gehört dem Lebenden, weshalb nur lebt, wer heute stets erfüllt, was ihm die Pflicht gebietet; über die Zukunft wird aber der Himmel wachen. In den Gedanken des unerforschlichen Gottes dringt kein sterbliches Auge, daher wir beruhigt zu dem Himmel aufblicken sollen, wie auch Alles um uns stürzt und fällt. In der Ilia. I. 216 bis 219 sagt daher Achilleus: Eurem Gebote, o Götter, soll willig der Sterbliche folgen, Wenn auch im Sturme das Herz sich empört, denn so ist es besser; Ja, wer den Göttern sich füget, ihn hören sie gerne auch wieder.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/398
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/398>, abgerufen am 22.11.2024.