Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

grade, welcher sich mit der Weltschöpfung und dem Weltbaumeister, gleichsam mit der Weltbaukunst beschäftigt, den Menschen als den Schöpfer und Baumeister seines eigenen Lebens, die menschliche Baukunst zum Gegenstande hat, ist in dem Gesellengrade die vorherrschende Rücksicht auf die menschlichen Erfindungen (die Metalle) und die dadurch geweckten Leidenschaften und Kämpfe, sowie überhaupt auf die Geschichte der Menschen und Völker begreiflich. Der Geselle ist der eigentliche Arbeiter, der thätige und handelnde Mensch, der Mensch in seinem Streben und Leben, der Mensch mit seinen Tugenden und Fehlern, der Mensch auf dem doppelten Schicksalswege zu dem lohnenden Himmel oder zur strafenden Hölle.

Um unterrichtet zu werden über die französische Maurerei, maurerische Schriftstellerei und Geschichtforschung, mag man z. B. die Instruction oder Belehrung nachlesen, welche Ragon, cours philosophique et interpretatif des iniations anciennes et modernes, Paris 1841, S. 111-138 über den Gesellengrad ertheilt. In dieser Instruction wird unter Anderem die Seelenwanderungslehre des Pythagoras, welcher auch nach Ragon S. 122 bei den Chaldäern mit dem zweiten Zoroaster zusammengetroffen sein soll, vorgetragen und für eine blosse Allegorie erklärt, indem die menschliche Seele nach der eigentlichen Ansicht des Pythagaras niemals wandere.1) Ueber die fünf Reisen, welche der Geselle eigentlich bei seiner Aufnahme machen sollte, sagt nicht unwahr Ragon: "Voila pour quoi vos cinq voyages symbolisent, dans l'allegorie astronomique, les cinq mois de production de la nature. Ce rapprochement ingenieux qui, sans doute, eclaire votre esprit d'une lumiere inattendue, doit deja vous donner la cle d'une partie de nos mysteres." - - "Les cinq voyages rappellent philosophiquement les cinq sens, qui sont les fideles compagnons de l'homme, et ses meilleurs conseillers dans les jugements qu'il doit porter."

Die Maurerloge wird zur Lichtstätte, zur Loge eingeweiht, indem zum ersten Mal in ihr das Licht, wie in den christlichen Kirchen entzündet wird, was schon früher

1) Dagegen sehe nur Röth, Geschichte unserer abendländischen Philos., II. S. 867.

grade, welcher sich mit der Weltschöpfung und dem Weltbaumeister, gleichsam mit der Weltbaukunst beschäftigt, den Menschen als den Schöpfer und Baumeister seines eigenen Lebens, die menschliche Baukunst zum Gegenstande hat, ist in dem Gesellengrade die vorherrschende Rücksicht auf die menschlichen Erfindungen (die Metalle) und die dadurch geweckten Leidenschaften und Kämpfe, sowie überhaupt auf die Geschichte der Menschen und Völker begreiflich. Der Geselle ist der eigentliche Arbeiter, der thätige und handelnde Mensch, der Mensch in seinem Streben und Leben, der Mensch mit seinen Tugenden und Fehlern, der Mensch auf dem doppelten Schicksalswege zu dem lohnenden Himmel oder zur strafenden Hölle.

Um unterrichtet zu werden über die französische Maurerei, maurerische Schriftstellerei und Geschichtforschung, mag man z. B. die Instruction oder Belehrung nachlesen, welche Ragon, cours philosophique et interprétatif des iniations anciennes et modernes, Paris 1841, S. 111-138 über den Gesellengrad ertheilt. In dieser Instruction wird unter Anderem die Seelenwanderungslehre des Pythagoras, welcher auch nach Ragon S. 122 bei den Chaldäern mit dem zweiten Zoroaster zusammengetroffen sein soll, vorgetragen und für eine blosse Allegorie erklärt, indem die menschliche Seele nach der eigentlichen Ansicht des Pythagaras niemals wandere.1) Ueber die fünf Reisen, welche der Geselle eigentlich bei seiner Aufnahme machen sollte, sagt nicht unwahr Ragon: „Voilà pour quoi vos cinq voyages symbolisent, dans l’allégorie astronomique, les cinq mois de production de la nature. Ce rapprochement ingénieux qui, sans doute, éclaire votre esprit d’une lumière inattendue, doit deja vous donner la clé d’une partie de nos mystères.“ – – „Les cinq voyages rappellent philosophiquement les cinq sens, qui sont les fidèles compagnons de l’homme, et ses meilleurs conseillers dans les jugements qu’il doit porter.“

Die Maurerloge wird zur Lichtstätte, zur Loge eingeweiht, indem zum ersten Mal in ihr das Licht, wie in den christlichen Kirchen entzündet wird, was schon früher

1) Dagegen sehe nur Röth, Geschichte unserer abendländischen Philos., II. S. 867.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0438" n="422"/>
grade, welcher
 sich mit der Weltschöpfung und dem Weltbaumeister, gleichsam mit der Weltbaukunst beschäftigt, den
 Menschen als den Schöpfer und Baumeister seines eigenen Lebens, die menschliche Baukunst zum
 Gegenstande hat, ist in dem Gesellengrade die vorherrschende Rücksicht auf die menschlichen
 Erfindungen (die Metalle) und die dadurch geweckten Leidenschaften und Kämpfe, sowie überhaupt auf
 die Geschichte der Menschen und Völker begreiflich. Der Geselle ist der eigentliche Arbeiter, der
 thätige und handelnde Mensch, der Mensch in seinem Streben und Leben, der Mensch mit seinen Tugenden
 und Fehlern, der Mensch auf dem doppelten Schicksalswege zu dem lohnenden Himmel oder zur strafenden
 Hölle.</p>
        <p> Um unterrichtet zu werden über die französische Maurerei, maurerische Schriftstellerei und
 Geschichtforschung, mag man z. B. die Instruction oder Belehrung nachlesen, welche Ragon, cours
 philosophique et interprétatif des iniations anciennes et modernes, Paris 1841, S. 111-138 über den
 Gesellengrad ertheilt. In dieser Instruction wird unter Anderem die Seelenwanderungslehre des
 Pythagoras, welcher auch nach Ragon S. 122 bei den Chaldäern mit dem zweiten Zoroaster
 zusammengetroffen sein soll, vorgetragen und für eine blosse Allegorie erklärt, indem die
 menschliche Seele nach der eigentlichen Ansicht des Pythagaras niemals wandere.<note place="foot" n="1)">Dagegen sehe nur Röth, Geschichte unserer abendländischen Philos., II. S. 867. </note> Ueber
 die fünf Reisen, welche der Geselle eigentlich bei seiner Aufnahme machen sollte, sagt nicht unwahr
 Ragon: &#x201E;Voilà pour quoi vos cinq voyages symbolisent, dans l&#x2019;allégorie astronomique, les cinq mois
 de production de la nature. Ce rapprochement ingénieux qui, sans doute, éclaire votre esprit d&#x2019;une
 lumière inattendue, doit deja vous donner la clé d&#x2019;une partie de nos mystères.&#x201C; &#x2013; &#x2013; &#x201E;Les cinq
 voyages rappellent philosophiquement les cinq sens, qui sont les fidèles compagnons de l&#x2019;homme, et
 ses meilleurs conseillers dans les jugements qu&#x2019;il doit porter.&#x201C;</p>
        <p> Die Maurerloge wird zur Lichtstätte, zur Loge eingeweiht, indem zum ersten Mal in ihr das Licht,
 wie in den christlichen Kirchen entzündet wird, was schon früher
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[422/0438] grade, welcher sich mit der Weltschöpfung und dem Weltbaumeister, gleichsam mit der Weltbaukunst beschäftigt, den Menschen als den Schöpfer und Baumeister seines eigenen Lebens, die menschliche Baukunst zum Gegenstande hat, ist in dem Gesellengrade die vorherrschende Rücksicht auf die menschlichen Erfindungen (die Metalle) und die dadurch geweckten Leidenschaften und Kämpfe, sowie überhaupt auf die Geschichte der Menschen und Völker begreiflich. Der Geselle ist der eigentliche Arbeiter, der thätige und handelnde Mensch, der Mensch in seinem Streben und Leben, der Mensch mit seinen Tugenden und Fehlern, der Mensch auf dem doppelten Schicksalswege zu dem lohnenden Himmel oder zur strafenden Hölle. Um unterrichtet zu werden über die französische Maurerei, maurerische Schriftstellerei und Geschichtforschung, mag man z. B. die Instruction oder Belehrung nachlesen, welche Ragon, cours philosophique et interprétatif des iniations anciennes et modernes, Paris 1841, S. 111-138 über den Gesellengrad ertheilt. In dieser Instruction wird unter Anderem die Seelenwanderungslehre des Pythagoras, welcher auch nach Ragon S. 122 bei den Chaldäern mit dem zweiten Zoroaster zusammengetroffen sein soll, vorgetragen und für eine blosse Allegorie erklärt, indem die menschliche Seele nach der eigentlichen Ansicht des Pythagaras niemals wandere. 1) Ueber die fünf Reisen, welche der Geselle eigentlich bei seiner Aufnahme machen sollte, sagt nicht unwahr Ragon: „Voilà pour quoi vos cinq voyages symbolisent, dans l’allégorie astronomique, les cinq mois de production de la nature. Ce rapprochement ingénieux qui, sans doute, éclaire votre esprit d’une lumière inattendue, doit deja vous donner la clé d’une partie de nos mystères.“ – – „Les cinq voyages rappellent philosophiquement les cinq sens, qui sont les fidèles compagnons de l’homme, et ses meilleurs conseillers dans les jugements qu’il doit porter.“ Die Maurerloge wird zur Lichtstätte, zur Loge eingeweiht, indem zum ersten Mal in ihr das Licht, wie in den christlichen Kirchen entzündet wird, was schon früher 1) Dagegen sehe nur Röth, Geschichte unserer abendländischen Philos., II. S. 867.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/438
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/438>, abgerufen am 22.11.2024.