Bruder des Todes nennt, dürfte man das Gebet der himmlischen Seligkeit verschwistert nennen, wie es auch die Mystiker thun und daher diese durch die Versenkung in Gott oder die Vereinigung mit ihm suchen. Das Gebet des Unglücklichen und Bedrängten aber, der leidenden und gebeugten Menschheit ist der Klageruf, der Seufzer, die Hoffnung des Erdensohnes an den himmlischen Vater, an die himmlische Gerechtigkeit und Gnade, an die jenseits kommende Erlösung und Vergeltung. Man muss unglücklich gewesen sein oder noch sein, man muss schon gottvertrauend gebetet haben und noch beten, um zu fühlen und zu wissen, worin die Natur und die Kraft des Gebetes bestehe; man muss als Gotteskind und Sohn sich fühlen und wissen, um von Gott dem Vater Schutz, Hülfe und Gnade erflehen und hoffen zu können. Der Vaterlose wird nicht nach dem Vater rufen; wie aber das Kind dem Schutz und der Hülfe des nahen und wachenden Vaters und Freundes ruhig vertrauet, so auch vertrauet und bauet der Betende auf den Angebeteten. Das Beten hilft schon, weil es Hoffnung, Vertrauen und Stärke gibt, weil göttlich ist, wer mit und in Gott sein will. Unendlich wichtig und bedeutungsvoll, ja als das grösste geoffenbarte göttliche Geheimniss erscheint aber das gemeinsame Gebet, der gemeinsame Gottesdienst, denn in ihm fühlen, denken und nennen sich alle Menschen als des gleichen göttlichen Geistes, als die Kinder des Einen Gottes und Geistes und deshalb reden sie auch Eine Sprache, beten Ein Gebet. Die Menschen allein können miteinander reden und beten, verstehen und begreifen sich als Dieselben und die Gleichen, weil in allen Menschen nur Ein Geist und Ein Gott lebt und durch die Eine Sprache sich verkündet. Die gleiche Sprache umschliesst überall den gleichen Glauben und das gleiche Wissen, denselben Geist und Gott, die nämliche Erde und den nämlichen Himmel; in dem mit ihm dieselbe Sprache Sprechenden, mit der gleichen Zunge Redenden erkennt der Mensch froh bewegt in der weitesten Ferne den Bruder aus dem gleichen irdischen und himmlischen Vaterhause und Vaterlande. Die Sprachen, die Religionen, die Kirchen, die Logen sind die Gottheit in der Menschheit, - die laute Verkündigung und Anbetung
Bruder des Todes nennt, dürfte man das Gebet der himmlischen Seligkeit verschwistert nennen, wie es auch die Mystiker thun und daher diese durch die Versenkung in Gott oder die Vereinigung mit ihm suchen. Das Gebet des Unglücklichen und Bedrängten aber, der leidenden und gebeugten Menschheit ist der Klageruf, der Seufzer, die Hoffnung des Erdensohnes an den himmlischen Vater, an die himmlische Gerechtigkeit und Gnade, an die jenseits kommende Erlösung und Vergeltung. Man muss unglücklich gewesen sein oder noch sein, man muss schon gottvertrauend gebetet haben und noch beten, um zu fühlen und zu wissen, worin die Natur und die Kraft des Gebetes bestehe; man muss als Gotteskind und Sohn sich fühlen und wissen, um von Gott dem Vater Schutz, Hülfe und Gnade erflehen und hoffen zu können. Der Vaterlose wird nicht nach dem Vater rufen; wie aber das Kind dem Schutz und der Hülfe des nahen und wachenden Vaters und Freundes ruhig vertrauet, so auch vertrauet und bauet der Betende auf den Angebeteten. Das Beten hilft schon, weil es Hoffnung, Vertrauen und Stärke gibt, weil göttlich ist, wer mit und in Gott sein will. Unendlich wichtig und bedeutungsvoll, ja als das grösste geoffenbarte göttliche Geheimniss erscheint aber das gemeinsame Gebet, der gemeinsame Gottesdienst, denn in ihm fühlen, denken und nennen sich alle Menschen als des gleichen göttlichen Geistes, als die Kinder des Einen Gottes und Geistes und deshalb reden sie auch Eine Sprache, beten Ein Gebet. Die Menschen allein können miteinander reden und beten, verstehen und begreifen sich als Dieselben und die Gleichen, weil in allen Menschen nur Ein Geist und Ein Gott lebt und durch die Eine Sprache sich verkündet. Die gleiche Sprache umschliesst überall den gleichen Glauben und das gleiche Wissen, denselben Geist und Gott, die nämliche Erde und den nämlichen Himmel; in dem mit ihm dieselbe Sprache Sprechenden, mit der gleichen Zunge Redenden erkennt der Mensch froh bewegt in der weitesten Ferne den Bruder aus dem gleichen irdischen und himmlischen Vaterhause und Vaterlande. Die Sprachen, die Religionen, die Kirchen, die Logen sind die Gottheit in der Menschheit, – die laute Verkündigung und Anbetung
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Bruder des Todes nennt, dürfte man das Gebet der himmlischen Seligkeit verschwistert nennen, wie es auch die Mystiker thun und daher diese durch die Versenkung in Gott oder die Vereinigung mit ihm suchen. Das Gebet des Unglücklichen und Bedrängten aber, der leidenden und gebeugten Menschheit ist der Klageruf, der Seufzer, die Hoffnung des Erdensohnes an den himmlischen Vater, an die himmlische Gerechtigkeit und Gnade, an die jenseits kommende Erlösung und Vergeltung. Man muss unglücklich gewesen sein oder noch sein, man muss schon gottvertrauend gebetet haben und noch beten, um zu fühlen und zu wissen, worin die Natur und die Kraft des Gebetes bestehe; man muss als Gotteskind und Sohn sich fühlen und wissen, um von Gott dem Vater Schutz, Hülfe und Gnade erflehen und hoffen zu können. Der Vaterlose wird nicht nach dem Vater rufen; wie aber das Kind dem Schutz und der Hülfe des nahen und wachenden Vaters und Freundes ruhig vertrauet, so auch vertrauet und bauet der Betende auf den Angebeteten. Das Beten hilft schon, weil es Hoffnung, Vertrauen und Stärke gibt, weil göttlich ist, wer mit und in Gott sein will. Unendlich wichtig und bedeutungsvoll, ja als das grösste geoffenbarte göttliche Geheimniss erscheint aber das gemeinsame Gebet, der gemeinsame Gottesdienst, denn in ihm fühlen, denken und nennen sich alle Menschen als des gleichen göttlichen Geistes, als die Kinder des Einen Gottes und Geistes und deshalb reden sie auch Eine Sprache, beten Ein Gebet. Die Menschen allein können miteinander reden und beten, verstehen und begreifen sich als Dieselben und die Gleichen, weil in allen Menschen nur Ein Geist und Ein Gott lebt und durch die Eine Sprache sich verkündet. Die gleiche Sprache umschliesst überall den gleichen Glauben und das gleiche Wissen, denselben Geist und Gott, die nämliche Erde und den nämlichen Himmel; in dem mit ihm dieselbe Sprache Sprechenden, mit der gleichen Zunge Redenden erkennt der Mensch froh bewegt in der weitesten Ferne den Bruder aus dem gleichen irdischen und himmlischen Vaterhause und Vaterlande. Die Sprachen, die Religionen, die Kirchen, die Logen sind die Gottheit in der Menschheit, – die laute Verkündigung und Anbetung
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Bruder des Todes nennt, dürfte man das Gebet der himmlischen Seligkeit verschwistert nennen, wie es auch die Mystiker thun und daher diese durch die Versenkung in Gott oder die Vereinigung mit ihm suchen. Das Gebet des Unglücklichen und Bedrängten aber, der leidenden und gebeugten Menschheit ist der Klageruf, der Seufzer, die Hoffnung des Erdensohnes an den himmlischen Vater, an die himmlische Gerechtigkeit und Gnade, an die jenseits kommende Erlösung und Vergeltung. Man muss unglücklich gewesen sein oder noch sein, man muss schon gottvertrauend gebetet haben und noch beten, um zu fühlen und zu wissen, worin die Natur und die Kraft des Gebetes bestehe; man muss als Gotteskind und Sohn sich fühlen und wissen, um von Gott dem Vater Schutz, Hülfe und Gnade erflehen und hoffen zu können. Der Vaterlose wird nicht nach dem Vater rufen; wie aber das Kind dem Schutz und der Hülfe des nahen und wachenden Vaters und Freundes ruhig vertrauet, so auch vertrauet und bauet der Betende auf den Angebeteten. Das Beten hilft schon, weil es Hoffnung, Vertrauen und Stärke gibt, weil göttlich ist, wer mit und in Gott sein will. Unendlich wichtig und bedeutungsvoll, ja als das grösste geoffenbarte göttliche Geheimniss erscheint aber das gemeinsame Gebet, der gemeinsame Gottesdienst, denn in ihm fühlen, denken und nennen sich alle Menschen als des gleichen göttlichen Geistes, als die Kinder des Einen Gottes und Geistes und deshalb reden sie auch Eine Sprache, beten Ein Gebet. Die Menschen allein können miteinander reden und beten, verstehen und begreifen sich als Dieselben und die Gleichen, weil in allen Menschen nur Ein Geist und Ein Gott lebt und durch die Eine Sprache sich verkündet. Die gleiche Sprache umschliesst überall den gleichen Glauben und das gleiche Wissen, denselben Geist und Gott, die nämliche Erde und den nämlichen Himmel; in dem mit ihm dieselbe Sprache Sprechenden, mit der gleichen Zunge Redenden erkennt der Mensch froh bewegt in der weitesten Ferne den Bruder aus dem gleichen irdischen und himmlischen Vaterhause und Vaterlande. Die Sprachen, die Religionen, die Kirchen, die Logen sind die Gottheit in der Menschheit, – die laute Verkündigung und Anbetung
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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/122>, abgerufen am 24.02.2025.
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