liche Geist und das göttliche Wort in den Menschen, Gott Brahma, Vak, Ila1)
Auch die prophetische Gabe,2) das Wissen des in
Raum und Zeit Entfernten, welche das ganze Alterthum der Seele beilegte, gehört hierher. Nach Plato waren die menschlichen Seelen, weil sie göttlicher Natur sind, anfänglich von dem Zwange der Zeit nicht umschlossen; erst seit sie in einem vorirdischen Leben gesündigt haben, in die irdische Geburt herabgestürzt und mit Körpern verbunden und vermischt sind, sei ihre ursprüngliche Sehkraft getrübt; gänzlich verloren aber haben sie dieselbe nicht, denn sie ist ihnen eingeboren und unverlierbar. Plutarch sagt: "Wie die Sonne nicht erst dann, wenn sie aus den Wolken hervortritt, glänzend wird, sondern es immer ist, und nur wegen der Dünste, die sie umgeben, uns finster vorkommt, so erhält auch die Seele nicht erst dann, wenn sie aus dem Körper wie aus einer Wolke hervorgeht, das Vermögen in die Zukunft zu sehen, sondern besitzt dieses schon jetzt, ist aber durch ihre gegenwärtige Vermischung mit dem Sterblichen gleichsam. geblendet." Da ihr also die manifestirende Kraft angeboren und unvertilgbar inwohne und im gewöhnlichen Zustand des Lebens nur verborgen oder verdeckt sei: so könne sie auch, erregt von einer höhern Macht, oder wenn wodurch immer die Macht des Körpers geschwächt und vermindert sei, in einzelnen lichten Momenten des gegenwärtigen Lebens manifest werden, vorzüglich in solchen, in denen die Seele am wenigsten Gemeinschaft mit dem Körper habe, von seinen hemmenden Fesseln so viel möglich befreit und fähig sei, das Wesen der Dinge zu schauen. Solche lucida intervalla in der Nacht des gegenwärtigen Lebens treten
oft im Schlaf und Traum, in der Nähe des Todes, und in den verschiedenen ekstatischen Zuständen ein: welche letzteren theils durch göttliche Einwirkung, theils durch
1) Vergl. auch Nägelsbach, nachhomerische Theologie, Seite 211 - 221; Welker, griech. Götterlehre, II. S. 61 ff.
2) Vergl. Lasaulx, die prophetische Gabe der menschlichen Seele in Dichtern und Denkern, München 1858; Leibnitz, deutsche Schriften, II. S. 48 und 49.
liche Geist und das göttliche Wort in den Menschen, Gott Brahma, Vâk, Ilâ1)
Auch die prophetische Gabe,2) das Wissen des in
Raum und Zeit Entfernten, welche das ganze Alterthum der Seele beilegte, gehört hierher. Nach Plato waren die menschlichen Seelen, weil sie göttlicher Natur sind, anfänglich von dem Zwange der Zeit nicht umschlossen; erst seit sie in einem vorirdischen Leben gesündigt haben, in die irdische Geburt herabgestürzt und mit Körpern verbunden und vermischt sind, sei ihre ursprüngliche Sehkraft getrübt; gänzlich verloren aber haben sie dieselbe nicht, denn sie ist ihnen eingeboren und unverlierbar. Plutarch sagt: „Wie die Sonne nicht erst dann, wenn sie aus den Wolken hervortritt, glänzend wird, sondern es immer ist, und nur wegen der Dünste, die sie umgeben, uns finster vorkommt, so erhält auch die Seele nicht erst dann, wenn sie aus dem Körper wie aus einer Wolke hervorgeht, das Vermögen in die Zukunft zu sehen, sondern besitzt dieses schon jetzt, ist aber durch ihre gegenwärtige Vermischung mit dem Sterblichen gleichsam. geblendet.“ Da ihr also die manifestirende Kraft angeboren und unvertilgbar inwohne und im gewöhnlichen Zustand des Lebens nur verborgen oder verdeckt sei: so könne sie auch, erregt von einer höhern Macht, oder wenn wodurch immer die Macht des Körpers geschwächt und vermindert sei, in einzelnen lichten Momenten des gegenwärtigen Lebens manifest werden, vorzüglich in solchen, in denen die Seele am wenigsten Gemeinschaft mit dem Körper habe, von seinen hemmenden Fesseln so viel möglich befreit und fähig sei, das Wesen der Dinge zu schauen. Solche lucida intervalla in der Nacht des gegenwärtigen Lebens treten
oft im Schlaf und Traum, in der Nähe des Todes, und in den verschiedenen ekstatischen Zuständen ein: welche letzteren theils durch göttliche Einwirkung, theils durch
1) Vergl. auch Nägelsbach, nachhomerische Theologie, Seite 211 – 221; Welker, griech. Götterlehre, II. S. 61 ff.
2) Vergl. Lasaulx, die prophetische Gabe der menschlichen Seele in Dichtern und Denkern, München 1858; Leibnitz, deutsche Schriften, II. S. 48 und 49.
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liche Geist und das göttliche Wort in den Menschen, Gott Brahma, Vâk, Ilâ<noteplace="foot"n="1)">Vergl. auch Nägelsbach, nachhomerische Theologie, Seite 211 – 221; Welker, griech. Götterlehre, II. S. 61 ff.<lb/></note></p><p>Auch die prophetische Gabe,<noteplace="foot"n="2)">Vergl. Lasaulx, die prophetische Gabe der menschlichen Seele in Dichtern und Denkern, München 1858; Leibnitz, deutsche Schriften, II. S. 48 und 49.<lb/></note> das Wissen des in
Raum und Zeit Entfernten, welche das ganze Alterthum der Seele beilegte, gehört hierher. Nach Plato waren die menschlichen Seelen, weil sie göttlicher Natur sind, anfänglich von dem Zwange der Zeit nicht umschlossen; erst seit sie in einem vorirdischen Leben gesündigt haben, in die irdische Geburt herabgestürzt und mit Körpern verbunden und vermischt sind, sei ihre ursprüngliche Sehkraft getrübt; gänzlich verloren aber haben sie dieselbe nicht, denn sie ist ihnen eingeboren und unverlierbar. Plutarch sagt: „Wie die Sonne nicht erst dann, wenn sie aus den Wolken hervortritt, glänzend wird, sondern es immer ist, und nur wegen der Dünste, die sie umgeben, uns finster vorkommt, so erhält auch die Seele nicht erst dann, wenn sie aus dem Körper wie aus einer Wolke hervorgeht, das Vermögen in die Zukunft zu sehen, sondern besitzt dieses schon jetzt, ist aber durch ihre gegenwärtige Vermischung mit dem Sterblichen gleichsam. geblendet.“ Da ihr also die manifestirende Kraft angeboren und unvertilgbar inwohne und im gewöhnlichen Zustand des Lebens nur verborgen oder verdeckt sei: so könne sie auch, erregt von einer höhern Macht, oder wenn wodurch immer die Macht des Körpers geschwächt und vermindert sei, in einzelnen lichten Momenten des gegenwärtigen Lebens manifest werden, vorzüglich in solchen, in denen die Seele am wenigsten Gemeinschaft mit dem Körper habe, von seinen hemmenden Fesseln so viel möglich befreit und fähig sei, das Wesen der Dinge zu schauen. Solche lucida intervalla in der Nacht des gegenwärtigen Lebens treten
oft im Schlaf und Traum, in der Nähe des Todes, und in den verschiedenen ekstatischen Zuständen ein: welche letzteren theils durch göttliche Einwirkung, theils durch
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liche Geist und das göttliche Wort in den Menschen, Gott Brahma, Vâk, Ilâ 1)
Auch die prophetische Gabe, 2) das Wissen des in Raum und Zeit Entfernten, welche das ganze Alterthum der Seele beilegte, gehört hierher. Nach Plato waren die menschlichen Seelen, weil sie göttlicher Natur sind, anfänglich von dem Zwange der Zeit nicht umschlossen; erst seit sie in einem vorirdischen Leben gesündigt haben, in die irdische Geburt herabgestürzt und mit Körpern verbunden und vermischt sind, sei ihre ursprüngliche Sehkraft getrübt; gänzlich verloren aber haben sie dieselbe nicht, denn sie ist ihnen eingeboren und unverlierbar. Plutarch sagt: „Wie die Sonne nicht erst dann, wenn sie aus den Wolken hervortritt, glänzend wird, sondern es immer ist, und nur wegen der Dünste, die sie umgeben, uns finster vorkommt, so erhält auch die Seele nicht erst dann, wenn sie aus dem Körper wie aus einer Wolke hervorgeht, das Vermögen in die Zukunft zu sehen, sondern besitzt dieses schon jetzt, ist aber durch ihre gegenwärtige Vermischung mit dem Sterblichen gleichsam. geblendet.“ Da ihr also die manifestirende Kraft angeboren und unvertilgbar inwohne und im gewöhnlichen Zustand des Lebens nur verborgen oder verdeckt sei: so könne sie auch, erregt von einer höhern Macht, oder wenn wodurch immer die Macht des Körpers geschwächt und vermindert sei, in einzelnen lichten Momenten des gegenwärtigen Lebens manifest werden, vorzüglich in solchen, in denen die Seele am wenigsten Gemeinschaft mit dem Körper habe, von seinen hemmenden Fesseln so viel möglich befreit und fähig sei, das Wesen der Dinge zu schauen. Solche lucida intervalla in der Nacht des gegenwärtigen Lebens treten oft im Schlaf und Traum, in der Nähe des Todes, und in den verschiedenen ekstatischen Zuständen ein: welche letzteren theils durch göttliche Einwirkung, theils durch
1) Vergl. auch Nägelsbach, nachhomerische Theologie, Seite 211 – 221; Welker, griech. Götterlehre, II. S. 61 ff.
2) Vergl. Lasaulx, die prophetische Gabe der menschlichen Seele in Dichtern und Denkern, München 1858; Leibnitz, deutsche Schriften, II. S. 48 und 49.
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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/125>, abgerufen am 24.02.2025.
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