physische Einflüsse, begeisternde Quellen und Erddünste hervorgebracht werden könnten. Ihren letzten Grund haben alle diese erhöhten Seelenzustände nach dem Glauben der Vorwelt in dem Willen der Gottheit, welche darin die Seele an ihrem eigenen göttlichen Wesen Theil nehmen lässt, sie je nach dem Grade ihrer Fähigkeit bewegt und ihr Bilder der Zukunft zeigt. Die göttliche Mania, sagt Aristides, besteht darin, dass erstlich der Geist von den gewöhnlichen und gemeinen Dingen abgewendet werde, und dass der abgewendete und darüber hinausdenkende Geist mit Gott zusammenkomme und eben darum die gewöhnliche Denkweise überrage. Zur Erklärung des anscheinend Widersprechenden, wie das Zukünftige als ein noch nicht Seiendes vorhergewusst werden könne, hat schon Cieero mit Recht bemerkt, dass es sich hier nicht um ein schlechthin Nichtseiendes handle, sondern nur von einem noch nicht manifest Seienden; denn es ist, sagt er, Alles, nur ist es noch nicht in die Zeit getreten und zeitlich gegenwärtig. Gleichwie aber im Samen die Potenz der Dinge liegt, die daraus erzeugt werden, so liegt in den Ursachen das Zukünftige verborgen und dass dieses kommen wird, schauet eben der innerlich erregte oder im Schlafe entbundene Geist, oder Vernunft und Muthmassung fühlen es voraus. Lasaulx, die prophetische Gabe, S. 33, sagt: "Wie das Leben des Menschen, vom ersten Augenblicke seiner Empfängniss bis zum letzten Hauche des sterbenden Greises, nur ein Ganzes ist, welches jeden Tag in periodischem Wechsel von Schlafen und Wachen sich involvirt und evolvirt: so ist die Zeit durch alle ihre Stadien, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, deren jede, sobald man sie fixirt, wieder in alle drei sich erschliesst, nur ein einziges zusammenhängendes Ganzes. Was implicite in ihrem Anfange ist, erscheint explicite in ihrem Fortgange, der seinerseits wieder den impliciten Beginn jedes folgenden Momentes in sich hat: so dass zwischen Anfang und Ende eine continuirliche Spannung herrscht. Das Gegenwärtige, von dem Vergangenen geschwängert, gebiert das Zukünftige; die Gegenwart, wie sie die Tochter ihrer Vergangenheit ist, ist selbst wieder die Mutter ihrer Zukunft: sie hat, wie jede Mitte, ihrer Natur nach an
physische Einflüsse, begeisternde Quellen und Erddünste hervorgebracht werden könnten. Ihren letzten Grund haben alle diese erhöhten Seelenzustände nach dem Glauben der Vorwelt in dem Willen der Gottheit, welche darin die Seele an ihrem eigenen göttlichen Wesen Theil nehmen lässt, sie je nach dem Grade ihrer Fähigkeit bewegt und ihr Bilder der Zukunft zeigt. Die göttliche Mania, sagt Aristides, besteht darin, dass erstlich der Geist von den gewöhnlichen und gemeinen Dingen abgewendet werde, und dass der abgewendete und darüber hinausdenkende Geist mit Gott zusammenkomme und eben darum die gewöhnliche Denkweise überrage. Zur Erklärung des anscheinend Widersprechenden, wie das Zukünftige als ein noch nicht Seiendes vorhergewusst werden könne, hat schon Cieero mit Recht bemerkt, dass es sich hier nicht um ein schlechthin Nichtseiendes handle, sondern nur von einem noch nicht manifest Seienden; denn es ist, sagt er, Alles, nur ist es noch nicht in die Zeit getreten und zeitlich gegenwärtig. Gleichwie aber im Samen die Potenz der Dinge liegt, die daraus erzeugt werden, so liegt in den Ursachen das Zukünftige verborgen und dass dieses kommen wird, schauet eben der innerlich erregte oder im Schlafe entbundene Geist, oder Vernunft und Muthmassung fühlen es voraus. Lasaulx, die prophetische Gabe, S. 33, sagt: „Wie das Leben des Menschen, vom ersten Augenblicke seiner Empfängniss bis zum letzten Hauche des sterbenden Greises, nur ein Ganzes ist, welches jeden Tag in periodischem Wechsel von Schlafen und Wachen sich involvirt und evolvirt: so ist die Zeit durch alle ihre Stadien, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, deren jede, sobald man sie fixirt, wieder in alle drei sich erschliesst, nur ein einziges zusammenhängendes Ganzes. Was implicite in ihrem Anfange ist, erscheint explicite in ihrem Fortgange, der seinerseits wieder den impliciten Beginn jedes folgenden Momentes in sich hat: so dass zwischen Anfang und Ende eine continuirliche Spannung herrscht. Das Gegenwärtige, von dem Vergangenen geschwängert, gebiert das Zukünftige; die Gegenwart, wie sie die Tochter ihrer Vergangenheit ist, ist selbst wieder die Mutter ihrer Zukunft: sie hat, wie jede Mitte, ihrer Natur nach an
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physische Einflüsse, begeisternde Quellen und Erddünste hervorgebracht werden könnten. Ihren letzten Grund haben alle diese erhöhten Seelenzustände nach dem Glauben der Vorwelt in dem Willen der Gottheit, welche darin die Seele an ihrem eigenen göttlichen Wesen Theil nehmen lässt, sie je nach dem Grade ihrer Fähigkeit bewegt und ihr Bilder der Zukunft zeigt. Die göttliche Mania, sagt Aristides, besteht darin, dass erstlich der Geist von den gewöhnlichen und gemeinen Dingen abgewendet werde, und dass der abgewendete und darüber hinausdenkende Geist mit Gott zusammenkomme und eben darum die gewöhnliche Denkweise überrage. Zur Erklärung des anscheinend Widersprechenden, wie das Zukünftige als ein noch nicht Seiendes vorhergewusst werden könne, hat schon Cieero mit Recht bemerkt, dass es sich hier nicht um ein schlechthin Nichtseiendes handle, sondern nur von einem noch nicht manifest Seienden; denn es ist, sagt er, Alles, nur ist es noch nicht in die Zeit getreten und zeitlich gegenwärtig. Gleichwie aber im Samen die Potenz der Dinge liegt, die daraus erzeugt werden, so liegt in den Ursachen das Zukünftige verborgen und dass dieses kommen wird, schauet eben der innerlich erregte oder im Schlafe entbundene Geist, oder Vernunft und Muthmassung fühlen es voraus. Lasaulx, die prophetische Gabe, S. 33, sagt: „Wie das Leben des Menschen, vom ersten Augenblicke seiner Empfängniss bis zum letzten Hauche des sterbenden Greises, nur ein Ganzes ist, welches jeden Tag in periodischem Wechsel von Schlafen und Wachen sich involvirt und evolvirt: so ist die Zeit durch alle ihre Stadien, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, deren <hirendition="#g">jede</hi>, sobald man sie fixirt, wieder in alle drei sich erschliesst, nur ein einziges zusammenhängendes Ganzes. Was implicite in ihrem Anfange ist, erscheint explicite in ihrem Fortgange, der seinerseits wieder den impliciten Beginn jedes folgenden Momentes in sich hat: so dass zwischen Anfang und Ende eine continuirliche Spannung herrscht. Das Gegenwärtige, von dem Vergangenen geschwängert, gebiert das Zukünftige; die Gegenwart, wie sie die Tochter ihrer Vergangenheit ist, ist selbst wieder die Mutter ihrer Zukunft: sie hat, wie jede Mitte, ihrer Natur nach an
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physische Einflüsse, begeisternde Quellen und Erddünste hervorgebracht werden könnten. Ihren letzten Grund haben alle diese erhöhten Seelenzustände nach dem Glauben der Vorwelt in dem Willen der Gottheit, welche darin die Seele an ihrem eigenen göttlichen Wesen Theil nehmen lässt, sie je nach dem Grade ihrer Fähigkeit bewegt und ihr Bilder der Zukunft zeigt. Die göttliche Mania, sagt Aristides, besteht darin, dass erstlich der Geist von den gewöhnlichen und gemeinen Dingen abgewendet werde, und dass der abgewendete und darüber hinausdenkende Geist mit Gott zusammenkomme und eben darum die gewöhnliche Denkweise überrage. Zur Erklärung des anscheinend Widersprechenden, wie das Zukünftige als ein noch nicht Seiendes vorhergewusst werden könne, hat schon Cieero mit Recht bemerkt, dass es sich hier nicht um ein schlechthin Nichtseiendes handle, sondern nur von einem noch nicht manifest Seienden; denn es ist, sagt er, Alles, nur ist es noch nicht in die Zeit getreten und zeitlich gegenwärtig. Gleichwie aber im Samen die Potenz der Dinge liegt, die daraus erzeugt werden, so liegt in den Ursachen das Zukünftige verborgen und dass dieses kommen wird, schauet eben der innerlich erregte oder im Schlafe entbundene Geist, oder Vernunft und Muthmassung fühlen es voraus. Lasaulx, die prophetische Gabe, S. 33, sagt: „Wie das Leben des Menschen, vom ersten Augenblicke seiner Empfängniss bis zum letzten Hauche des sterbenden Greises, nur ein Ganzes ist, welches jeden Tag in periodischem Wechsel von Schlafen und Wachen sich involvirt und evolvirt: so ist die Zeit durch alle ihre Stadien, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, deren jede, sobald man sie fixirt, wieder in alle drei sich erschliesst, nur ein einziges zusammenhängendes Ganzes. Was implicite in ihrem Anfange ist, erscheint explicite in ihrem Fortgange, der seinerseits wieder den impliciten Beginn jedes folgenden Momentes in sich hat: so dass zwischen Anfang und Ende eine continuirliche Spannung herrscht. Das Gegenwärtige, von dem Vergangenen geschwängert, gebiert das Zukünftige; die Gegenwart, wie sie die Tochter ihrer Vergangenheit ist, ist selbst wieder die Mutter ihrer Zukunft: sie hat, wie jede Mitte, ihrer Natur nach an
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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/126>, abgerufen am 24.02.2025.
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