Bösen zu bewahren und zu dem Guten anzuspornen. Insofern war die Aufnahme zum Meister nur die Lehre oder Anweisung zum guten und vernünftigen, zum göttlich-menschlichen Leben; der Meister erhielt als sein Meisterdiplom nur einen Lehrbrief. Vernehmen Sie aus dem Munde unsers in den ewigen Osten vorausgegangenen Bruders Goethe Ihren Lehrbrief:
"Die Kunst ist lang, das Leben kurz, das Urtheil schwierig, die Gelegenheit flüchtig. Handeln ist leicht, denken schwer; nach dem Gedachten handeln unbequem. Aller Anfang ist heiter, die Schwelle ist der Platz der Erwartung. Der Knabe staunt, der Eindruck bestimmt ihn, er lernt spielend, der Ernst überrascht ihn, die Nachahmung ist uns angeboren, das Nachzuahmende wird nicht leicht erkannt. Selten wird das Treffliche gefunden, seltener geschätzt. Die Höhe reizt uns, nicht die Stufen, den Gipfel im Auge wandern wir gerne in der Ebene. Nur ein Theil der Kunst kann gelehrt werden, der Künstler braucht sie ganz. Wer sie halb kennt, ist immer irre und redet viel; wer sie ganz besitzt, mag nur thun und redet selten oder spät. Jene haben keine Geheimnisse und keine Kraft, ihre Lehre ist wie gebackenes Brod, schmackhaft und sättigend für einen Tag; aber Mehl kann man nicht säen und die Saatfrüchte sollen nicht vermahlen werden. Die Worte sind gut, sie sind aber nicht das Beste. Das Beste wird nicht deutlich durch Worte. Der Geist, aus dem wir handeln, ist das Höchste. Die Handlung wird nur vom Geiste begriffen und wieder dargestellt. Niemand weiss, was er thut, wenn er recht handelt; aber des Unrechten sind wir uns immer bewusst!"
Jetzt frage ich Sie nochmals: Warum haben Sie sich zum Maurermeister aufnehmen lassen?
Um Lehrlinge zu werden, um den Lehrbrief zu empfangen und zu erfüllen.
Gottes Segen walte über Ihnen und über Ihrem Bestreben!
Bedenke, dass ein Gott in deinem Leibe wohnt, Und vor Entweihung sei der Tempel stets verschont!
Bösen zu bewahren und zu dem Guten anzuspornen. Insofern war die Aufnahme zum Meister nur die Lehre oder Anweisung zum guten und vernünftigen, zum göttlich-menschlichen Leben; der Meister erhielt als sein Meisterdiplom nur einen Lehrbrief. Vernehmen Sie aus dem Munde unsers in den ewigen Osten vorausgegangenen Bruders Goethe Ihren Lehrbrief:
„Die Kunst ist lang, das Leben kurz, das Urtheil schwierig, die Gelegenheit flüchtig. Handeln ist leicht, denken schwer; nach dem Gedachten handeln unbequem. Aller Anfang ist heiter, die Schwelle ist der Platz der Erwartung. Der Knabe staunt, der Eindruck bestimmt ihn, er lernt spielend, der Ernst überrascht ihn, die Nachahmung ist uns angeboren, das Nachzuahmende wird nicht leicht erkannt. Selten wird das Treffliche gefunden, seltener geschätzt. Die Höhe reizt uns, nicht die Stufen, den Gipfel im Auge wandern wir gerne in der Ebene. Nur ein Theil der Kunst kann gelehrt werden, der Künstler braucht sie ganz. Wer sie halb kennt, ist immer irre und redet viel; wer sie ganz besitzt, mag nur thun und redet selten oder spät. Jene haben keine Geheimnisse und keine Kraft, ihre Lehre ist wie gebackenes Brod, schmackhaft und sättigend für einen Tag; aber Mehl kann man nicht säen und die Saatfrüchte sollen nicht vermahlen werden. Die Worte sind gut, sie sind aber nicht das Beste. Das Beste wird nicht deutlich durch Worte. Der Geist, aus dem wir handeln, ist das Höchste. Die Handlung wird nur vom Geiste begriffen und wieder dargestellt. Niemand weiss, was er thut, wenn er recht handelt; aber des Unrechten sind wir uns immer bewusst!“
Jetzt frage ich Sie nochmals: Warum haben Sie sich zum Maurermeister aufnehmen lassen?
Um Lehrlinge zu werden, um den Lehrbrief zu empfangen und zu erfüllen.
Gottes Segen walte über Ihnen und über Ihrem Bestreben!
Bedenke, dass ein Gott in deinem Leibe wohnt, Und vor Entweihung sei der Tempel stets verschont!
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Bösen zu bewahren und zu dem Guten anzuspornen. Insofern war die Aufnahme zum Meister nur die Lehre oder Anweisung zum guten und vernünftigen, zum göttlich-menschlichen Leben; der Meister erhielt als sein Meisterdiplom nur einen Lehrbrief. Vernehmen Sie aus dem Munde unsers in den ewigen Osten vorausgegangenen Bruders Goethe Ihren Lehrbrief:</p><p>„Die Kunst ist lang, das Leben kurz, das Urtheil schwierig, die Gelegenheit flüchtig. Handeln ist leicht, denken schwer; nach dem Gedachten handeln unbequem. Aller Anfang ist heiter, die Schwelle ist der Platz der Erwartung. Der Knabe staunt, der Eindruck bestimmt ihn, er lernt spielend, der Ernst überrascht ihn, die Nachahmung ist uns angeboren, das Nachzuahmende wird nicht leicht erkannt. Selten wird das Treffliche gefunden, seltener geschätzt. Die Höhe reizt uns, nicht die Stufen, den Gipfel im Auge wandern wir gerne in der Ebene. Nur ein Theil der Kunst kann gelehrt werden, der Künstler braucht sie ganz. Wer sie halb kennt, ist immer irre und redet viel; wer sie ganz besitzt, mag nur thun und redet selten oder spät. Jene haben keine Geheimnisse und keine Kraft, ihre Lehre ist wie gebackenes Brod, schmackhaft und sättigend für einen Tag; aber Mehl kann man nicht säen und die Saatfrüchte sollen nicht vermahlen werden. Die Worte sind gut, sie sind aber nicht das Beste. Das Beste wird nicht deutlich durch Worte. Der Geist, aus dem wir handeln, ist das Höchste. Die Handlung wird nur vom Geiste begriffen und wieder dargestellt. Niemand weiss, was er thut, wenn er recht handelt; aber des Unrechten sind wir uns immer bewusst!“</p><p>
Jetzt frage ich Sie nochmals: Warum haben Sie sich zum Maurermeister aufnehmen lassen?</p><p>
Um Lehrlinge zu werden, um den Lehrbrief zu empfangen und zu erfüllen.</p><p>
Gottes Segen walte über Ihnen und über Ihrem Bestreben!</p><citrendition="#c"><quote><p>
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Bösen zu bewahren und zu dem Guten anzuspornen. Insofern war die Aufnahme zum Meister nur die Lehre oder Anweisung zum guten und vernünftigen, zum göttlich-menschlichen Leben; der Meister erhielt als sein Meisterdiplom nur einen Lehrbrief. Vernehmen Sie aus dem Munde unsers in den ewigen Osten vorausgegangenen Bruders Goethe Ihren Lehrbrief:
„Die Kunst ist lang, das Leben kurz, das Urtheil schwierig, die Gelegenheit flüchtig. Handeln ist leicht, denken schwer; nach dem Gedachten handeln unbequem. Aller Anfang ist heiter, die Schwelle ist der Platz der Erwartung. Der Knabe staunt, der Eindruck bestimmt ihn, er lernt spielend, der Ernst überrascht ihn, die Nachahmung ist uns angeboren, das Nachzuahmende wird nicht leicht erkannt. Selten wird das Treffliche gefunden, seltener geschätzt. Die Höhe reizt uns, nicht die Stufen, den Gipfel im Auge wandern wir gerne in der Ebene. Nur ein Theil der Kunst kann gelehrt werden, der Künstler braucht sie ganz. Wer sie halb kennt, ist immer irre und redet viel; wer sie ganz besitzt, mag nur thun und redet selten oder spät. Jene haben keine Geheimnisse und keine Kraft, ihre Lehre ist wie gebackenes Brod, schmackhaft und sättigend für einen Tag; aber Mehl kann man nicht säen und die Saatfrüchte sollen nicht vermahlen werden. Die Worte sind gut, sie sind aber nicht das Beste. Das Beste wird nicht deutlich durch Worte. Der Geist, aus dem wir handeln, ist das Höchste. Die Handlung wird nur vom Geiste begriffen und wieder dargestellt. Niemand weiss, was er thut, wenn er recht handelt; aber des Unrechten sind wir uns immer bewusst!“
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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/144>, abgerufen am 24.02.2025.
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