rungen und befreiet haben, ähnlich und aus den gleichen Gründen befreite sich auch die Freimaurerei von den Steinmetzenzünften, denn Freiheit ist das Ziel und Losungswort aller Bildung und Wissenschaft; ein Freimaurer ist nunmehr ein von den Maurern befreiter Gebildeter. Für Den, der Augen hat zu sehen, ist die Geschichte der Freimaurerei keineswegs so ausserordentlich dunkel.
Der Zersetzungs- und Ausscheidungsprocess und Kampf hatte in den Steinmetzbrüderschaften, in den Bauhütten übrigens schon vor dem Ausscheiden der eigentlichen Freimaurer in England insofern längst und jedenfalls seit dem 15. Jahrhundert in Frankreich und in Deutschland1) begonnen als die Meisterverbindungen der Städte, die städtischen Meister in den durch sie gebildeten städtischen Zünften sich ausgeschieden hatten von den wandernden und beweglichen Gesellen, welche für sich eigene Gesellenbrüderschaften mit besonderen Weihen, Beamten und Kassen, sowie Versammlungen und Gelagen bildeten2) und
den Stab zu führen bin ich zu schlecht, ich will erst lernen mein Handwerk recht;
Hierauf sei ihm von seinem Pathen eine launige Aufnahmsrede mit Lehren über sein gutes Verhalten als Geselle gehalten und zuletzt ihm von dem Altgesellen ein leichter Backenstreich mit den Worten versetzt werden: "Dies leide von mir, hinfüro von keinem andern." - Woher Fallou diese höchst interessanten Angaben gesehöpft hat, erfährt man nicht und noch weniger hat er sich zu irgend einer vergleichenden Bemerkung veranlasst gesehen, obgleich das Wegwerfen der Krone in den Mithrasmysterien und der Ritterschlag so nahe lagen. Die Geschichte der Bildung der Städte und Zünfte, wie dieselbe Fallou entworfen hat, hat nicht den geringsten historischen Werth, was jeder Kenner der mittelalterlichen Geschichte und des mittelalterlichen Rechtes bestätigen wird. Dennoch konnte das
1) Vergl. Findel, I. S. 74.
2) Fallou, a. a. O., S. 30 ff. und S. 52, S. 57 ff. Unrichtig hat übrigens Fallou behauptet, dass in Zürich noch eine Gesellenbrüderschaft bestehe. Bei Demjenigen, was Fallou über die Gebräuche der Gesellenbrüderschaften mittheilt, ist zu bedauern, dass weder die Quellen noch die Zeiten, noch die einzelnen Handwerke genau angegeben sind, weshalb seine Mittheilungen auch oben bei den Gesellenweihen unberücksichtigt gelassen werden mussten. Von der Gesellenweihe der Schlosser erzählt z. B. Fallou: Der Altgeselle habe dem Einzuweihenden den Gesellenstab dargereicht, er musste ihn aber mit den Worten zurückweisen:
rungen und befreiet haben, ähnlich und aus den gleichen Gründen befreite sich auch die Freimaurerei von den Steinmetzenzünften, denn Freiheit ist das Ziel und Losungswort aller Bildung und Wissenschaft; ein Freimaurer ist nunmehr ein von den Maurern befreiter Gebildeter. Für Den, der Augen hat zu sehen, ist die Geschichte der Freimaurerei keineswegs so ausserordentlich dunkel.
Der Zersetzungs- und Ausscheidungsprocess und Kampf hatte in den Steinmetzbrüderschaften, in den Bauhütten übrigens schon vor dem Ausscheiden der eigentlichen Freimaurer in England insofern längst und jedenfalls seit dem 15. Jahrhundert in Frankreich und in Deutschland1) begonnen als die Meisterverbindungen der Städte, die städtischen Meister in den durch sie gebildeten städtischen Zünften sich ausgeschieden hatten von den wandernden und beweglichen Gesellen, welche für sich eigene Gesellenbrüderschaften mit besonderen Weihen, Beamten und Kassen, sowie Versammlungen und Gelagen bildeten2) und
den Stab zu führen bin ich zu schlecht, ich will erst lernen mein Handwerk recht;
Hierauf sei ihm von seinem Pathen eine launige Aufnahmsrede mit Lehren über sein gutes Verhalten als Geselle gehalten und zuletzt ihm von dem Altgesellen ein leichter Backenstreich mit den Worten versetzt werden: „Dies leide von mir, hinfüro von keinem andern.“ – Woher Fallou diese höchst interessanten Angaben gesehöpft hat, erfährt man nicht und noch weniger hat er sich zu irgend einer vergleichenden Bemerkung veranlasst gesehen, obgleich das Wegwerfen der Krone in den Mithrasmysterien und der Ritterschlag so nahe lagen. Die Geschichte der Bildung der Städte und Zünfte, wie dieselbe Fallou entworfen hat, hat nicht den geringsten historischen Werth, was jeder Kenner der mittelalterlichen Geschichte und des mittelalterlichen Rechtes bestätigen wird. Dennoch konnte das
1) Vergl. Findel, I. S. 74.
2) Fallou, a. a. O., S. 30 ff. und S. 52, S. 57 ff. Unrichtig hat übrigens Fallou behauptet, dass in Zürich noch eine Gesellenbrüderschaft bestehe. Bei Demjenigen, was Fallou über die Gebräuche der Gesellenbrüderschaften mittheilt, ist zu bedauern, dass weder die Quellen noch die Zeiten, noch die einzelnen Handwerke genau angegeben sind, weshalb seine Mittheilungen auch oben bei den Gesellenweihen unberücksichtigt gelassen werden mussten. Von der Gesellenweihe der Schlosser erzählt z. B. Fallou: Der Altgeselle habe dem Einzuweihenden den Gesellenstab dargereicht, er musste ihn aber mit den Worten zurückweisen:
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rungen und befreiet haben, ähnlich und aus den gleichen Gründen befreite sich auch die Freimaurerei von den Steinmetzenzünften, denn Freiheit ist das Ziel und Losungswort aller Bildung und Wissenschaft; ein Freimaurer ist nunmehr ein von den Maurern befreiter Gebildeter. Für Den, der Augen hat zu sehen, ist die Geschichte der Freimaurerei keineswegs so ausserordentlich dunkel.</p><p>
Der Zersetzungs- und Ausscheidungsprocess und Kampf hatte in den Steinmetzbrüderschaften, in den Bauhütten übrigens schon vor dem Ausscheiden der eigentlichen Freimaurer in England insofern längst und jedenfalls seit dem 15. Jahrhundert in Frankreich und in Deutschland<noteplace="foot"n="1)">Vergl. Findel, I. S. 74.<lb/></note> begonnen als die Meisterverbindungen der Städte, die städtischen Meister in den durch sie gebildeten städtischen Zünften sich ausgeschieden hatten von den wandernden und beweglichen Gesellen, welche für sich eigene Gesellenbrüderschaften mit besonderen Weihen, Beamten und Kassen, sowie Versammlungen und Gelagen bildeten<noteplace="foot"n="2)">Fallou, a. a. O., S. 30 ff. und S. 52, S. 57 ff. Unrichtig hat übrigens Fallou behauptet, dass in Zürich noch eine Gesellenbrüderschaft bestehe. Bei Demjenigen, was Fallou über die Gebräuche der Gesellenbrüderschaften mittheilt, ist zu bedauern, dass weder die Quellen noch die Zeiten, noch die einzelnen Handwerke genau angegeben sind, weshalb seine Mittheilungen auch oben bei den Gesellenweihen unberücksichtigt gelassen werden mussten. Von der Gesellenweihe der Schlosser erzählt z. B. Fallou: Der Altgeselle habe dem Einzuweihenden den Gesellenstab dargereicht, er musste ihn aber mit den Worten zurückweisen:<lb/></note> und
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Hierauf sei ihm von seinem Pathen eine launige Aufnahmsrede mit Lehren über sein gutes Verhalten als Geselle gehalten und zuletzt ihm von dem Altgesellen ein leichter Backenstreich mit den Worten versetzt werden: „Dies leide von mir, hinfüro von keinem andern.“– Woher Fallou diese höchst interessanten Angaben gesehöpft hat, erfährt man nicht und noch weniger hat er sich zu irgend einer vergleichenden Bemerkung veranlasst gesehen, obgleich das Wegwerfen der Krone in den Mithrasmysterien und der Ritterschlag so nahe lagen. Die Geschichte der Bildung der Städte und Zünfte, wie dieselbe Fallou entworfen hat, hat nicht den <hirendition="#g">geringsten historischen</hi> Werth, was jeder Kenner der mittelalterlichen Geschichte und des mittelalterlichen Rechtes bestätigen wird. Dennoch konnte das
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rungen und befreiet haben, ähnlich und aus den gleichen Gründen befreite sich auch die Freimaurerei von den Steinmetzenzünften, denn Freiheit ist das Ziel und Losungswort aller Bildung und Wissenschaft; ein Freimaurer ist nunmehr ein von den Maurern befreiter Gebildeter. Für Den, der Augen hat zu sehen, ist die Geschichte der Freimaurerei keineswegs so ausserordentlich dunkel.
Der Zersetzungs- und Ausscheidungsprocess und Kampf hatte in den Steinmetzbrüderschaften, in den Bauhütten übrigens schon vor dem Ausscheiden der eigentlichen Freimaurer in England insofern längst und jedenfalls seit dem 15. Jahrhundert in Frankreich und in Deutschland 1) begonnen als die Meisterverbindungen der Städte, die städtischen Meister in den durch sie gebildeten städtischen Zünften sich ausgeschieden hatten von den wandernden und beweglichen Gesellen, welche für sich eigene Gesellenbrüderschaften mit besonderen Weihen, Beamten und Kassen, sowie Versammlungen und Gelagen bildeten 2) und den Stab zu führen bin ich zu schlecht,
ich will erst lernen mein Handwerk recht;
Hierauf sei ihm von seinem Pathen eine launige Aufnahmsrede mit Lehren über sein gutes Verhalten als Geselle gehalten und zuletzt ihm von dem Altgesellen ein leichter Backenstreich mit den Worten versetzt werden: „Dies leide von mir, hinfüro von keinem andern.“ – Woher Fallou diese höchst interessanten Angaben gesehöpft hat, erfährt man nicht und noch weniger hat er sich zu irgend einer vergleichenden Bemerkung veranlasst gesehen, obgleich das Wegwerfen der Krone in den Mithrasmysterien und der Ritterschlag so nahe lagen. Die Geschichte der Bildung der Städte und Zünfte, wie dieselbe Fallou entworfen hat, hat nicht den geringsten historischen Werth, was jeder Kenner der mittelalterlichen Geschichte und des mittelalterlichen Rechtes bestätigen wird. Dennoch konnte das
1) Vergl. Findel, I. S. 74.
2) Fallou, a. a. O., S. 30 ff. und S. 52, S. 57 ff. Unrichtig hat übrigens Fallou behauptet, dass in Zürich noch eine Gesellenbrüderschaft bestehe. Bei Demjenigen, was Fallou über die Gebräuche der Gesellenbrüderschaften mittheilt, ist zu bedauern, dass weder die Quellen noch die Zeiten, noch die einzelnen Handwerke genau angegeben sind, weshalb seine Mittheilungen auch oben bei den Gesellenweihen unberücksichtigt gelassen werden mussten. Von der Gesellenweihe der Schlosser erzählt z. B. Fallou: Der Altgeselle habe dem Einzuweihenden den Gesellenstab dargereicht, er musste ihn aber mit den Worten zurückweisen:
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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/324>, abgerufen am 26.06.2024.
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