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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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Menschen, im rechten Masse, im rechten Winkel zu denken, zu reden und zu handeln, die schwerste aller Künste, die menschliche Kunst. Die Maurerei ist die sittliche Messkunst, der sittliche Massstab, das sittliche Gesetz und Leben. Die Messwerkzeuge, der Zirkel, das Winkelmass, die Bleiwage, der 24zöllige Massstab u. s. w., welche einst der wirkliche Maurer zum Bearbeiten der Steine und zur Ausführung der Bauwerke bedurfte, sind nunmehr die Symbole des sittlichen Lebens, welches der Mensch in sich selbst und in der Menschheit schafft und bauet. Der cubische Stein, an welchem der Maurergeselle arbeitet, ist er selbst, indem er aus seinen Gedanken, Worten und Werken alles Rohe und Unregelmässige ausscheidet und dieselben in das rechte Mass bringet, damit der regelmässige, wohlbehauene Stein eingefügt werden könne in den grossen Bau der Menschheit, in den unsichtbaren Tempel des Lichtes und des Geistes. Die Maurerei ist ein geistiger Tempelbau, die Wiederaufführung des zerstörten salomonischen Tempels der Menschheit und der Gottheit, die Zurückführung der Menschheit durch ein gemessenes und gesetzliches Leben zur Gottheit, zum Himmel. Die Maurerei ist die auf das menschliche Leben angewandte Geometrie, die Symbolisirung der Geometrie. Schon die ältesten Masonen fassten die Geometrie zugleich als Symbolik des menschlichen Lebens und Strebens, betrachteten die Bauwerke als Verherrlichung und Verwirklichung des Geistes, erkannten den Zusammenhang des äusseren und des inneren Lebens, der Natur und des Geistes, und darauf beruht der eigenthümliche Charakter, der geistige und symbolische Zauber, welche über alle maurerischen Urkunden und Schriften der frühern und frühesten Zeit mehr oder weniger ausgegossen sind. Ganz unvermerkt durchdringen sich die wirkliche und die nur symbolische Maurerei; die Messwerkzeuge sind Werkzeuge der Bauleute und Symbole der Menschen; der Maurer will auch ein Mensch sein.

Wie die Dreizahl des Lehrlings sich zur Fünfzahl des Gesellen steigert, in der Fünfzahl das volle Leben erhält, vollendet sich wieder die Fünfzahl des Gesellen in der Siebenzahl des Meisters und die drei ersten unge-

Menschen, im rechten Masse, im rechten Winkel zu denken, zu reden und zu handeln, die schwerste aller Künste, die menschliche Kunst. Die Maurerei ist die sittliche Messkunst, der sittliche Massstab, das sittliche Gesetz und Leben. Die Messwerkzeuge, der Zirkel, das Winkelmass, die Bleiwage, der 24zöllige Massstab u. s. w., welche einst der wirkliche Maurer zum Bearbeiten der Steine und zur Ausführung der Bauwerke bedurfte, sind nunmehr die Symbole des sittlichen Lebens, welches der Mensch in sich selbst und in der Menschheit schafft und bauet. Der cubische Stein, an welchem der Maurergeselle arbeitet, ist er selbst, indem er aus seinen Gedanken, Worten und Werken alles Rohe und Unregelmässige ausscheidet und dieselben in das rechte Mass bringet, damit der regelmässige, wohlbehauene Stein eingefügt werden könne in den grossen Bau der Menschheit, in den unsichtbaren Tempel des Lichtes und des Geistes. Die Maurerei ist ein geistiger Tempelbau, die Wiederaufführung des zerstörten salomonischen Tempels der Menschheit und der Gottheit, die Zurückführung der Menschheit durch ein gemessenes und gesetzliches Leben zur Gottheit, zum Himmel. Die Maurerei ist die auf das menschliche Leben angewandte Geometrie, die Symbolisirung der Geometrie. Schon die ältesten Masonen fassten die Geometrie zugleich als Symbolik des menschlichen Lebens und Strebens, betrachteten die Bauwerke als Verherrlichung und Verwirklichung des Geistes, erkannten den Zusammenhang des äusseren und des inneren Lebens, der Natur und des Geistes, und darauf beruht der eigenthümliche Charakter, der geistige und symbolische Zauber, welche über alle maurerischen Urkunden und Schriften der frühern und frühesten Zeit mehr oder weniger ausgegossen sind. Ganz unvermerkt durchdringen sich die wirkliche und die nur symbolische Maurerei; die Messwerkzeuge sind Werkzeuge der Bauleute und Symbole der Menschen; der Maurer will auch ein Mensch sein.

Wie die Dreizahl des Lehrlings sich zur Fünfzahl des Gesellen steigert, in der Fünfzahl das volle Leben erhält, vollendet sich wieder die Fünfzahl des Gesellen in der Siebenzahl des Meisters und die drei ersten unge-

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 Menschen, im rechten Masse, im rechten Winkel zu denken, zu reden und zu handeln, die schwerste aller Künste, die menschliche Kunst. Die Maurerei ist die sittliche Messkunst, der sittliche Massstab, das sittliche Gesetz und Leben. Die Messwerkzeuge, der Zirkel, das Winkelmass, die Bleiwage, der 24zöllige Massstab u. s. w., welche einst der wirkliche Maurer zum Bearbeiten der Steine und zur Ausführung der Bauwerke bedurfte, sind nunmehr die Symbole des sittlichen Lebens, welches der Mensch in sich selbst und in der Menschheit schafft und bauet. Der cubische Stein, an welchem der Maurergeselle arbeitet, ist er selbst, indem er aus seinen Gedanken, Worten und Werken alles Rohe und Unregelmässige ausscheidet und dieselben in das rechte Mass bringet, damit der regelmässige, wohlbehauene Stein eingefügt werden könne in den grossen Bau der Menschheit, in den unsichtbaren Tempel des Lichtes und des Geistes. Die Maurerei ist ein geistiger Tempelbau, die Wiederaufführung des zerstörten salomonischen Tempels der Menschheit und der Gottheit, die Zurückführung der Menschheit durch ein gemessenes und gesetzliches Leben zur Gottheit, zum Himmel. Die Maurerei ist die auf das menschliche Leben angewandte Geometrie, die Symbolisirung der Geometrie. Schon die ältesten Masonen fassten die Geometrie zugleich als Symbolik des menschlichen Lebens und Strebens, betrachteten die Bauwerke als Verherrlichung und Verwirklichung des Geistes, erkannten den Zusammenhang des äusseren und des inneren Lebens, der Natur und des Geistes, und darauf beruht der eigenthümliche Charakter, der geistige und symbolische Zauber, welche über alle maurerischen Urkunden und Schriften der frühern und frühesten Zeit mehr oder weniger ausgegossen sind. Ganz unvermerkt durchdringen sich die wirkliche und die nur symbolische Maurerei; die Messwerkzeuge sind Werkzeuge der Bauleute und Symbole der Menschen; der Maurer will auch ein Mensch sein.</p>
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[337/0357] Menschen, im rechten Masse, im rechten Winkel zu denken, zu reden und zu handeln, die schwerste aller Künste, die menschliche Kunst. Die Maurerei ist die sittliche Messkunst, der sittliche Massstab, das sittliche Gesetz und Leben. Die Messwerkzeuge, der Zirkel, das Winkelmass, die Bleiwage, der 24zöllige Massstab u. s. w., welche einst der wirkliche Maurer zum Bearbeiten der Steine und zur Ausführung der Bauwerke bedurfte, sind nunmehr die Symbole des sittlichen Lebens, welches der Mensch in sich selbst und in der Menschheit schafft und bauet. Der cubische Stein, an welchem der Maurergeselle arbeitet, ist er selbst, indem er aus seinen Gedanken, Worten und Werken alles Rohe und Unregelmässige ausscheidet und dieselben in das rechte Mass bringet, damit der regelmässige, wohlbehauene Stein eingefügt werden könne in den grossen Bau der Menschheit, in den unsichtbaren Tempel des Lichtes und des Geistes. Die Maurerei ist ein geistiger Tempelbau, die Wiederaufführung des zerstörten salomonischen Tempels der Menschheit und der Gottheit, die Zurückführung der Menschheit durch ein gemessenes und gesetzliches Leben zur Gottheit, zum Himmel. Die Maurerei ist die auf das menschliche Leben angewandte Geometrie, die Symbolisirung der Geometrie. Schon die ältesten Masonen fassten die Geometrie zugleich als Symbolik des menschlichen Lebens und Strebens, betrachteten die Bauwerke als Verherrlichung und Verwirklichung des Geistes, erkannten den Zusammenhang des äusseren und des inneren Lebens, der Natur und des Geistes, und darauf beruht der eigenthümliche Charakter, der geistige und symbolische Zauber, welche über alle maurerischen Urkunden und Schriften der frühern und frühesten Zeit mehr oder weniger ausgegossen sind. Ganz unvermerkt durchdringen sich die wirkliche und die nur symbolische Maurerei; die Messwerkzeuge sind Werkzeuge der Bauleute und Symbole der Menschen; der Maurer will auch ein Mensch sein. Wie die Dreizahl des Lehrlings sich zur Fünfzahl des Gesellen steigert, in der Fünfzahl das volle Leben erhält, vollendet sich wieder die Fünfzahl des Gesellen in der Siebenzahl des Meisters und die drei ersten unge-

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/357>, abgerufen am 22.11.2024.