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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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Kirchgange vorangetragen.1) So viel Lebensjahre das Kind zählt, so viele Lichtlein stellt man ihm auf den Geburtstagkuchen; nur darf man diese nicht ausblasen, sondern lässt sie ruhig zu Ende brennen.2) Die Christnacht oder vielmehr der Christtagsmorgen ist das wahre Lampen- und Lebensfest Christi bei den Katholiken, indem alsdann nicht nur Jedermann in der Christmette eine Wachskerze vor sich entzündet und brennt, sondern auch in allen Häusern beim ersten Erwachen der Kinder die Christbäume entzündet und den Kindern die Christgeschenke dargebracht werden. Sinniger könnte der beglückende Morgen des Geburtstages des Herrn nicht gefeiert werden und ähnlich wurde einst im alten Aegypten zu Sais und durch ganz Aegypten an dem Feste der Neith die Wiederauferstehung des zu Sais begrabenen Osiris begangen.3) - Die wendisch-preussischen Hochzeitsjungfrauen müssen noch jetzt brennende Lichter tragen. Bei elsässischen Hochzeiten dauert der Tanz so lange, als eine eigens dazu aufgestellte Festkerze brennt. Sobald dieses Licht erlischt, ruft der Ceremonienmeister "Todt" und damit hat das neue Ehepaar nun zum letzten Mal mit Andern getanzt. Dieser Lichtausblaser, Puut de Lamp aut, reitet bei den wendisch-preussischen Hochzeiten mit einem Breithute auf einem Schimmel und Müllenhof hat darin die ursprüngliche Gestalt des Odhin erkannt. Die Hochzeitsfackeln sind die Symbole des Lebens und berühren sich mit den Weihnachts-, Jul- oder Sonnenwendlichtern, - mit den brennenden Kerzen der katholischen Konfirmanden, - mit dem Julblocke und mit der Osterkerze und noch mehr mit den leuchtenden Fackeln und Lichtern, welche in der Sage von Hero und Leander und in vielen ähnlichen Sagen die Geliebte dem zu ihr schwimmenden Geliebten brennt und deren Erlöschen dem kühnen Schwimmer Verderben und Tod bringt.4) Auch gehört hierher das finnische Symbol, dass das Brautpaar einge-

1) Rochholz, Schweizersagen, I. S. 350.
2) Kuhn, norddeutsche Sagen, S. 431.
3) Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, II. S. 176.
4) Rochholz, Schweizersagen, I. S. 33 ff.

Kirchgange vorangetragen.1) So viel Lebensjahre das Kind zählt, so viele Lichtlein stellt man ihm auf den Geburtstagkuchen; nur darf man diese nicht ausblasen, sondern lässt sie ruhig zu Ende brennen.2) Die Christnacht oder vielmehr der Christtagsmorgen ist das wahre Lampen- und Lebensfest Christi bei den Katholiken, indem alsdann nicht nur Jedermann in der Christmette eine Wachskerze vor sich entzündet und brennt, sondern auch in allen Häusern beim ersten Erwachen der Kinder die Christbäume entzündet und den Kindern die Christgeschenke dargebracht werden. Sinniger könnte der beglückende Morgen des Geburtstages des Herrn nicht gefeiert werden und ähnlich wurde einst im alten Aegypten zu Sais und durch ganz Aegypten an dem Feste der Neith die Wiederauferstehung des zu Sais begrabenen Osiris begangen.3) – Die wendisch-preussischen Hochzeitsjungfrauen müssen noch jetzt brennende Lichter tragen. Bei elsässischen Hochzeiten dauert der Tanz so lange, als eine eigens dazu aufgestellte Festkerze brennt. Sobald dieses Licht erlischt, ruft der Ceremonienmeister „Todt“ und damit hat das neue Ehepaar nun zum letzten Mal mit Andern getanzt. Dieser Lichtausblaser, Puut de Lamp ût, reitet bei den wendisch-preussischen Hochzeiten mit einem Breithute auf einem Schimmel und Müllenhof hat darin die ursprüngliche Gestalt des Odhin erkannt. Die Hochzeitsfackeln sind die Symbole des Lebens und berühren sich mit den Weihnachts-, Jul- oder Sonnenwendlichtern, – mit den brennenden Kerzen der katholischen Konfirmanden, – mit dem Julblocke und mit der Osterkerze und noch mehr mit den leuchtenden Fackeln und Lichtern, welche in der Sage von Hero und Leander und in vielen ähnlichen Sagen die Geliebte dem zu ihr schwimmenden Geliebten brennt und deren Erlöschen dem kühnen Schwimmer Verderben und Tod bringt.4) Auch gehört hierher das finnische Symbol, dass das Brautpaar einge-

1) Rochholz, Schweizersagen, I. S. 350.
2) Kuhn, norddeutsche Sagen, S. 431.
3) Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, II. S. 176.
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[369/0389] Kirchgange vorangetragen. 1) So viel Lebensjahre das Kind zählt, so viele Lichtlein stellt man ihm auf den Geburtstagkuchen; nur darf man diese nicht ausblasen, sondern lässt sie ruhig zu Ende brennen. 2) Die Christnacht oder vielmehr der Christtagsmorgen ist das wahre Lampen- und Lebensfest Christi bei den Katholiken, indem alsdann nicht nur Jedermann in der Christmette eine Wachskerze vor sich entzündet und brennt, sondern auch in allen Häusern beim ersten Erwachen der Kinder die Christbäume entzündet und den Kindern die Christgeschenke dargebracht werden. Sinniger könnte der beglückende Morgen des Geburtstages des Herrn nicht gefeiert werden und ähnlich wurde einst im alten Aegypten zu Sais und durch ganz Aegypten an dem Feste der Neith die Wiederauferstehung des zu Sais begrabenen Osiris begangen. 3) – Die wendisch-preussischen Hochzeitsjungfrauen müssen noch jetzt brennende Lichter tragen. Bei elsässischen Hochzeiten dauert der Tanz so lange, als eine eigens dazu aufgestellte Festkerze brennt. Sobald dieses Licht erlischt, ruft der Ceremonienmeister „Todt“ und damit hat das neue Ehepaar nun zum letzten Mal mit Andern getanzt. Dieser Lichtausblaser, Puut de Lamp ût, reitet bei den wendisch-preussischen Hochzeiten mit einem Breithute auf einem Schimmel und Müllenhof hat darin die ursprüngliche Gestalt des Odhin erkannt. Die Hochzeitsfackeln sind die Symbole des Lebens und berühren sich mit den Weihnachts-, Jul- oder Sonnenwendlichtern, – mit den brennenden Kerzen der katholischen Konfirmanden, – mit dem Julblocke und mit der Osterkerze und noch mehr mit den leuchtenden Fackeln und Lichtern, welche in der Sage von Hero und Leander und in vielen ähnlichen Sagen die Geliebte dem zu ihr schwimmenden Geliebten brennt und deren Erlöschen dem kühnen Schwimmer Verderben und Tod bringt. 4) Auch gehört hierher das finnische Symbol, dass das Brautpaar einge- 1) Rochholz, Schweizersagen, I. S. 350. 2) Kuhn, norddeutsche Sagen, S. 431. 3) Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, II. S. 176. 4) Rochholz, Schweizersagen, I. S. 33 ff.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/389>, abgerufen am 22.11.2024.