Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.Naturphilosophemen beigemengt geblieben, ursprünglich indisch sei. Müller in der Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft, Bd. VI. S. 18, meint, wenn die griechische Tradition von den Reisen der ältesten Philosophen nach Indien1) sich auf irgend eine Autorität stützte, würde eine solche Annahme viel für sich haben, besonders in Bezug auf die Fünfzahl der Elemente. Aehnlich wie Pythagoras bringen übrigens auch die Inder die fünf Elemente mit den fünf Sinnen in Zusammenhang, indem sie glauben, dass die Organe der sinnlichen Wahrnehmung aus denselben Substanzen bestehen wie die wahrgenommenen Dinge. Unter den fünf Sinnen bot sich den Indern das Licht (oder das Feuer) für das Sehen des Auges, Wasser für das Schmecken der Zunge, Luft für das Fühlen der Haut und Erde für das Riechen der Nase dar. Nun war aber noch ein fünftes Element für das Gehör nöthig. Am natürlichsten wäre es wohl gewesen, die Luft für das Medium des Hörens zu erklären. Die Inder hatten aber offenbar die Beobachtung gemacht, dass der Schall durch die dichtesten Gegenstände dringen könne, welche der Luft vollkommen undurchdringlich sind. Der Schall durchdringt nicht nur das Licht, sondern auch das Wasser und selbst die dichtesten Materien, z. B. das Gold, setzen ihm keinen Widerstand entgegen. Das fünfte Element der Inder, Akaca, hat daher die Eigenschaft des Tones, es ist einfach, alldurchdringend und ewig. Den Tod betrachten die Inder als eine Auflösung, als ein Zurückgehen des Menschen in die fünf Elemente; "zur Fünfheit gegangen" heisst gestorben.2) Das Todtengericht erscheint daher als das Gericht der fünf Elemente oder bei den fünf Elementen, denn, wenn der indische Todtenrichter 1) Vergl. darüber Lassen, a. a. O., III. S. 3 79 ff. Jedenfalls hat weder Lykorgos noch Pythagoras Indien besucht; auch von Demokritos ist es zu bezweifeln; nur Pyrrhon, der Gründer einer ältern skeptischen Schule, möchte in Indien gewesen sein, ohne dass sich jedoch in seinen Lehren eine Spur von indischen wahrnehmen liesse. Dagegen ist eine Einwirkung der indischen theologischen und philosophischen Ansichten auf die Ausbildung der Gnosis nicht nur möglieh, sondern auch wahrscheinlich. 2) Müller in der Zeitschrift d. d. in. G., Bd. VI. S. 24.
Naturphilosophemen beigemengt geblieben, ursprünglich indisch sei. Müller in der Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft, Bd. VI. S. 18, meint, wenn die griechische Tradition von den Reisen der ältesten Philosophen nach Indien1) sich auf irgend eine Autorität stützte, würde eine solche Annahme viel für sich haben, besonders in Bezug auf die Fünfzahl der Elemente. Aehnlich wie Pythagoras bringen übrigens auch die Inder die fünf Elemente mit den fünf Sinnen in Zusammenhang, indem sie glauben, dass die Organe der sinnlichen Wahrnehmung aus denselben Substanzen bestehen wie die wahrgenommenen Dinge. Unter den fünf Sinnen bot sich den Indern das Licht (oder das Feuer) für das Sehen des Auges, Wasser für das Schmecken der Zunge, Luft für das Fühlen der Haut und Erde für das Riechen der Nase dar. Nun war aber noch ein fünftes Element für das Gehör nöthig. Am natürlichsten wäre es wohl gewesen, die Luft für das Medium des Hörens zu erklären. Die Inder hatten aber offenbar die Beobachtung gemacht, dass der Schall durch die dichtesten Gegenstände dringen könne, welche der Luft vollkommen undurchdringlich sind. Der Schall durchdringt nicht nur das Licht, sondern auch das Wasser und selbst die dichtesten Materien, z. B. das Gold, setzen ihm keinen Widerstand entgegen. Das fünfte Element der Inder, Akâça, hat daher die Eigenschaft des Tones, es ist einfach, alldurchdringend und ewig. Den Tod betrachten die Inder als eine Auflösung, als ein Zurückgehen des Menschen in die fünf Elemente; „zur Fünfheit gegangen“ heisst gestorben.2) Das Todtengericht erscheint daher als das Gericht der fünf Elemente oder bei den fünf Elementen, denn, wenn der indische Todtenrichter 1) Vergl. darüber Lassen, a. a. O., III. S. 3 79 ff. Jedenfalls hat weder Lykorgos noch Pythagoras Indien besucht; auch von Demokritos ist es zu bezweifeln; nur Pyrrhon, der Gründer einer ältern skeptischen Schule, möchte in Indien gewesen sein, ohne dass sich jedoch in seinen Lehren eine Spur von indischen wahrnehmen liesse. Dagegen ist eine Einwirkung der indischen theologischen und philosophischen Ansichten auf die Ausbildung der Gnosis nicht nur möglieh, sondern auch wahrscheinlich. 2) Müller in der Zeitschrift d. d. in. G., Bd. VI. S. 24.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0414" n="394"/> Naturphilosophemen beigemengt geblieben, ursprünglich indisch sei. Müller in der Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft, Bd. VI. S. 18, meint, wenn die griechische Tradition von den Reisen der ältesten Philosophen nach Indien<note place="foot" n="1)">Vergl. darüber Lassen, a. a. O., III. S. 3 79 ff. Jedenfalls hat weder Lykorgos noch Pythagoras Indien besucht; auch von Demokritos ist es zu bezweifeln; nur Pyrrhon, der Gründer einer ältern skeptischen Schule, möchte in Indien gewesen sein, ohne dass sich jedoch in seinen Lehren eine Spur von indischen wahrnehmen liesse. Dagegen ist eine Einwirkung der indischen theologischen und philosophischen Ansichten auf die Ausbildung der <hi rendition="#g">Gnosis</hi> nicht nur möglieh, sondern auch wahrscheinlich.<lb/></note> sich auf irgend eine Autorität stützte, würde eine solche Annahme viel für sich haben, besonders in Bezug auf die Fünfzahl der Elemente. Aehnlich wie Pythagoras bringen übrigens auch die Inder die fünf Elemente mit den fünf Sinnen in Zusammenhang, indem sie glauben, dass die Organe der sinnlichen Wahrnehmung aus denselben Substanzen bestehen wie die wahrgenommenen Dinge. Unter den fünf Sinnen bot sich den Indern das Licht (oder das Feuer) für das Sehen des Auges, Wasser für das Schmecken der Zunge, Luft für das Fühlen der Haut und Erde für das Riechen der Nase dar. Nun war aber noch ein fünftes Element für das Gehör nöthig. Am natürlichsten wäre es wohl gewesen, die Luft für das Medium des Hörens zu erklären. Die Inder hatten aber offenbar die Beobachtung gemacht, dass der Schall durch die dichtesten Gegenstände dringen könne, welche der Luft vollkommen undurchdringlich sind. Der Schall durchdringt nicht nur das Licht, sondern auch das Wasser und selbst die dichtesten Materien, z. B. das Gold, setzen ihm keinen Widerstand entgegen. Das fünfte Element der Inder, Akâça, hat daher die Eigenschaft des Tones, es ist einfach, alldurchdringend und ewig. Den Tod betrachten die Inder als eine Auflösung, als ein Zurückgehen des Menschen in die fünf Elemente; „zur Fünfheit gegangen“ heisst gestorben.<note place="foot" n="2)">Müller in der Zeitschrift d. d. in. G., Bd. VI. S. 24.<lb/></note> Das Todtengericht erscheint daher als das Gericht der fünf Elemente oder bei den fünf Elementen, denn, wenn der indische Todtenrichter </p> </div> </body> </text> </TEI> [394/0414]
Naturphilosophemen beigemengt geblieben, ursprünglich indisch sei. Müller in der Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft, Bd. VI. S. 18, meint, wenn die griechische Tradition von den Reisen der ältesten Philosophen nach Indien 1) sich auf irgend eine Autorität stützte, würde eine solche Annahme viel für sich haben, besonders in Bezug auf die Fünfzahl der Elemente. Aehnlich wie Pythagoras bringen übrigens auch die Inder die fünf Elemente mit den fünf Sinnen in Zusammenhang, indem sie glauben, dass die Organe der sinnlichen Wahrnehmung aus denselben Substanzen bestehen wie die wahrgenommenen Dinge. Unter den fünf Sinnen bot sich den Indern das Licht (oder das Feuer) für das Sehen des Auges, Wasser für das Schmecken der Zunge, Luft für das Fühlen der Haut und Erde für das Riechen der Nase dar. Nun war aber noch ein fünftes Element für das Gehör nöthig. Am natürlichsten wäre es wohl gewesen, die Luft für das Medium des Hörens zu erklären. Die Inder hatten aber offenbar die Beobachtung gemacht, dass der Schall durch die dichtesten Gegenstände dringen könne, welche der Luft vollkommen undurchdringlich sind. Der Schall durchdringt nicht nur das Licht, sondern auch das Wasser und selbst die dichtesten Materien, z. B. das Gold, setzen ihm keinen Widerstand entgegen. Das fünfte Element der Inder, Akâça, hat daher die Eigenschaft des Tones, es ist einfach, alldurchdringend und ewig. Den Tod betrachten die Inder als eine Auflösung, als ein Zurückgehen des Menschen in die fünf Elemente; „zur Fünfheit gegangen“ heisst gestorben. 2) Das Todtengericht erscheint daher als das Gericht der fünf Elemente oder bei den fünf Elementen, denn, wenn der indische Todtenrichter
1) Vergl. darüber Lassen, a. a. O., III. S. 3 79 ff. Jedenfalls hat weder Lykorgos noch Pythagoras Indien besucht; auch von Demokritos ist es zu bezweifeln; nur Pyrrhon, der Gründer einer ältern skeptischen Schule, möchte in Indien gewesen sein, ohne dass sich jedoch in seinen Lehren eine Spur von indischen wahrnehmen liesse. Dagegen ist eine Einwirkung der indischen theologischen und philosophischen Ansichten auf die Ausbildung der Gnosis nicht nur möglieh, sondern auch wahrscheinlich.
2) Müller in der Zeitschrift d. d. in. G., Bd. VI. S. 24.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |