Hirtenvolk der Menschheit auf seinen an Wölfen reichen Bergen hatte, erklären sich auch die umfassenden und strengen Strafbestimmungen, welche der baktrische Vendidad besonders in Farg. 13 gegen die unangemessene Behandlung der Hunde enthält. So heisst es z. B. Farg. 13, 21 ff.: "Wer von diesen Hunden einen schlägt, welche zum Vieh, zum Dorfe gehören, oder von denen, die aufs Blut gehen, und die, welche abgerichtet sind: dessen Seele geht grauenvoll und krank von dieser unserer Welt hin zur überirdischen, wie ein Wolf, der zu verwunden vermag in einem grossen Walde. Nicht befreundet sich seiner Seele eine andere abgestorbene wegen ihres Grausens und ihres Elendes; nicht befreunden sich ihr die abgestorbenen Runde, die vor Vergehen schützen und die Brücke bewachen, wegen des Grauens und der Schrecklichkeit derselben." Es war daher ganz natürlich und lag in der ganzen Anschauungs- und Vorstellungsweise der weidenden Urmenschheit, den Hund, den treuen Wächter des Menschen und seines Hauses, seiner Heerden auf Erden, auch zum Wächter und Beschützer des himmlischen Hauses und der Himmelsbewohner, der Sterne und der Seelen, der Götter und der Abgeschiedenen zu erheben. Die guten Seelen gelangen unter dem Schutze des Hundes Sura zur Brücke Tschinewad, die bösen werden durch die Höllengeister oder Devs dahin geschleppt, um alsdann gerichtet zu werden.1) Rhode, a. a. O., S. 93 und 299, vermuthet, dass der Name des Hundes Sura, des Sirius mit dem hebräischen or, ur, Licht, Feuer zusammenhängen möchte, und erinnert zugleich an den indischen Sonnengott Surjas. Die todtenbeschützenden und geleitenden Hunde der Baktrer und Inder sind bei den Aegyptern zum hundeköpfigen Seelenführer Thot-Anubis personificirt2) und der im ägyptischen Todtengerichte und bei der Todtenwage so thätige Anubis findet in der urasiatischen Hirtenanschauung von dem Hunde seine vollkommene Erklärung, wobei auch ein sehr eigenthümlicher und wichtiger Zug der ägyptischen reli-
1) Rhode, die heilige Sage des Zendvolkes, S. 197, 235, 298 ff. und 307.
2) Furtwängler, a, a. O., S. 322.
Hirtenvolk der Menschheit auf seinen an Wölfen reichen Bergen hatte, erklären sich auch die umfassenden und strengen Strafbestimmungen, welche der baktrische Vendidad besonders in Farg. 13 gegen die unangemessene Behandlung der Hunde enthält. So heisst es z. B. Farg. 13, 21 ff.: „Wer von diesen Hunden einen schlägt, welche zum Vieh, zum Dorfe gehören, oder von denen, die aufs Blut gehen, und die, welche abgerichtet sind: dessen Seele geht grauenvoll und krank von dieser unserer Welt hin zur überirdischen, wie ein Wolf, der zu verwunden vermag in einem grossen Walde. Nicht befreundet sich seiner Seele eine andere abgestorbene wegen ihres Grausens und ihres Elendes; nicht befreunden sich ihr die abgestorbenen Runde, die vor Vergehen schützen und die Brücke bewachen, wegen des Grauens und der Schrecklichkeit derselben.“ Es war daher ganz natürlich und lag in der ganzen Anschauungs- und Vorstellungsweise der weidenden Urmenschheit, den Hund, den treuen Wächter des Menschen und seines Hauses, seiner Heerden auf Erden, auch zum Wächter und Beschützer des himmlischen Hauses und der Himmelsbewohner, der Sterne und der Seelen, der Götter und der Abgeschiedenen zu erheben. Die guten Seelen gelangen unter dem Schutze des Hundes Sura zur Brücke Tschinewad, die bösen werden durch die Höllengeister oder Devs dahin geschleppt, um alsdann gerichtet zu werden.1) Rhode, a. a. O., S. 93 und 299, vermuthet, dass der Name des Hundes Sura, des Sirius mit dem hebräischen or, ur, Licht, Feuer zusammenhängen möchte, und erinnert zugleich an den indischen Sonnengott Surjas. Die todtenbeschützenden und geleitenden Hunde der Baktrer und Inder sind bei den Aegyptern zum hundeköpfigen Seelenführer Thot-Anubis personificirt2) und der im ägyptischen Todtengerichte und bei der Todtenwage so thätige Anubis findet in der urasiatischen Hirtenanschauung von dem Hunde seine vollkommene Erklärung, wobei auch ein sehr eigenthümlicher und wichtiger Zug der ägyptischen reli-
1) Rhode, die heilige Sage des Zendvolkes, S. 197, 235, 298 ff. und 307.
2) Furtwängler, a, a. O., S. 322.
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Hirtenvolk der Menschheit auf seinen an Wölfen reichen Bergen hatte, erklären sich auch die umfassenden und strengen Strafbestimmungen, welche der baktrische Vendidad besonders in Farg. 13 gegen die unangemessene Behandlung der Hunde enthält. So heisst es z. B. Farg. 13, 21 ff.: „Wer von diesen Hunden einen schlägt, welche zum Vieh, zum Dorfe gehören, oder von denen, die aufs Blut gehen, und die, welche abgerichtet sind: dessen Seele geht grauenvoll und krank von dieser unserer Welt hin zur überirdischen, wie ein Wolf, der zu verwunden vermag in einem grossen Walde. Nicht befreundet sich seiner Seele eine andere abgestorbene wegen ihres Grausens und ihres Elendes; nicht befreunden sich ihr die abgestorbenen Runde, die vor Vergehen schützen und die Brücke bewachen, wegen des Grauens und der Schrecklichkeit derselben.“ Es war daher ganz natürlich und lag in der ganzen Anschauungs- und Vorstellungsweise der weidenden Urmenschheit, den Hund, den treuen Wächter des Menschen und seines Hauses, seiner Heerden auf Erden, auch zum Wächter und Beschützer des himmlischen Hauses und der Himmelsbewohner, der Sterne und der Seelen, der Götter und der Abgeschiedenen zu erheben. Die guten Seelen gelangen unter dem Schutze des Hundes Sura zur Brücke Tschinewad, die bösen werden durch die Höllengeister oder Devs dahin geschleppt, um alsdann gerichtet zu werden.<noteplace="foot"n="1)">Rhode, die heilige Sage des Zendvolkes, S. 197, 235, 298 ff. und 307.<lb/></note> Rhode, a. a. O., S. 93 und 299, vermuthet, dass der Name des Hundes Sura, des Sirius mit dem hebräischen or, ur, Licht, Feuer zusammenhängen möchte, und erinnert zugleich an den indischen Sonnengott Surjas. Die todtenbeschützenden und geleitenden Hunde der Baktrer und Inder sind bei den Aegyptern zum hundeköpfigen Seelenführer Thot-Anubis personificirt<noteplace="foot"n="2)">Furtwängler, a, a. O., S. 322.<lb/></note> und der im ägyptischen Todtengerichte und bei der Todtenwage so thätige Anubis findet in der urasiatischen Hirtenanschauung von dem Hunde seine vollkommene Erklärung, wobei auch ein sehr eigenthümlicher und wichtiger Zug der ägyptischen reli-
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Hirtenvolk der Menschheit auf seinen an Wölfen reichen Bergen hatte, erklären sich auch die umfassenden und strengen Strafbestimmungen, welche der baktrische Vendidad besonders in Farg. 13 gegen die unangemessene Behandlung der Hunde enthält. So heisst es z. B. Farg. 13, 21 ff.: „Wer von diesen Hunden einen schlägt, welche zum Vieh, zum Dorfe gehören, oder von denen, die aufs Blut gehen, und die, welche abgerichtet sind: dessen Seele geht grauenvoll und krank von dieser unserer Welt hin zur überirdischen, wie ein Wolf, der zu verwunden vermag in einem grossen Walde. Nicht befreundet sich seiner Seele eine andere abgestorbene wegen ihres Grausens und ihres Elendes; nicht befreunden sich ihr die abgestorbenen Runde, die vor Vergehen schützen und die Brücke bewachen, wegen des Grauens und der Schrecklichkeit derselben.“ Es war daher ganz natürlich und lag in der ganzen Anschauungs- und Vorstellungsweise der weidenden Urmenschheit, den Hund, den treuen Wächter des Menschen und seines Hauses, seiner Heerden auf Erden, auch zum Wächter und Beschützer des himmlischen Hauses und der Himmelsbewohner, der Sterne und der Seelen, der Götter und der Abgeschiedenen zu erheben. Die guten Seelen gelangen unter dem Schutze des Hundes Sura zur Brücke Tschinewad, die bösen werden durch die Höllengeister oder Devs dahin geschleppt, um alsdann gerichtet zu werden. 1) Rhode, a. a. O., S. 93 und 299, vermuthet, dass der Name des Hundes Sura, des Sirius mit dem hebräischen or, ur, Licht, Feuer zusammenhängen möchte, und erinnert zugleich an den indischen Sonnengott Surjas. Die todtenbeschützenden und geleitenden Hunde der Baktrer und Inder sind bei den Aegyptern zum hundeköpfigen Seelenführer Thot-Anubis personificirt 2) und der im ägyptischen Todtengerichte und bei der Todtenwage so thätige Anubis findet in der urasiatischen Hirtenanschauung von dem Hunde seine vollkommene Erklärung, wobei auch ein sehr eigenthümlicher und wichtiger Zug der ägyptischen reli-
1) Rhode, die heilige Sage des Zendvolkes, S. 197, 235, 298 ff. und 307.
2) Furtwängler, a, a. O., S. 322.
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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/428>, abgerufen am 17.06.2024.
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