Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Athene in der Ilia. VIII, 368 "den Hund des graulichen Ais", welchen Herakles von Erebos und vom stygischen Strome des Entsetzens dem Euristheas habe holen und bringen müssen. Dagegen ist sehr hervorzuheben, dass sich bei der homerischen Unterwelt Spuren der beiden ägyptischen Pforten des Thierkreises finden,1) was zugleich einen neuen Beweis dagegen bildet, dass die Aegypter den Thierkreis nicht erst in weit späterer Zeit von den Griechen erhalten haben. - Zu Persepolis in dem von dem Könige Dareios erbauten Palaste2) sind über dem Throne des Königs je sechs Hunde angebracht, welche Hunde, Dunker, a. a. O., II. S. 600 unten, als die Thiere des Ahura-mazda bezeichnet. - Auch bei den Germanen bewacht bellend ein Hund mit buntgefleckter Brust und klaffendem Rachen, der Gamr, den Eingang der Unterwelt, der Hel. "In grossem Hause wohnt sie selbst; Elend (Eljudhnir) heisst ihr Saal; Hunger ihre Schüssel, Gier (sultr) ihr Messer; Träg (Ganglati) ihr Knecht; Langsam (Ganglöt) ihre Magd, Einsturz (fallanda forat) ihre Schwelle; ihr Lager Krankenbett (Kör) und ihr Vorhang dräuendes Uebel (b ikjanda-böl). Rings umher liegen die Wohnungen ihres Gesindes, das sich aus allen Denen bildet, die an Alter oder Krankheiten sterben. Den Sterbenden erscheinen Hels dienende Mädchen mit grausigen Winken und legen ihnen harte und halte Fesseln an. Während sie die Sonne, das Tageslicht sich trauernd verbergen sehen, hören sie schon schwer in den Angeln Hels Pforten erdröhnen. Damit die Seele jene Dornenhaide nicht barfuss zu überschreiten habe, gab man den Todten ein Paar Schuhe ins Grab mit. Von dieser Sitte hiess im Hennebergischen das Leichenbegängniss. Totenschuh und im Norden ein zu solchem Gebrauche verwandter Schuh helsko (Helschuh). Wer in diesem Leben einem Armen ein Paar Schuhe geschenkt hatte, fand sie in jener Welt wieder, wenn er über das Dornen-

1) Furtwängler, a. a. O., S. 180 ff., 227 Anm. 17, und 324.
2) Vergl. darüber Weiss, Kostümkunde, S. 293 ff.; Lübke, Geschichte der Architektur, S. 36 ff.

Athene in der Ilia. VIII, 368 „den Hund des graulichen Aïs“, welchen Herakles von Erebos und vom stygischen Strome des Entsetzens dem Euristheas habe holen und bringen müssen. Dagegen ist sehr hervorzuheben, dass sich bei der homerischen Unterwelt Spuren der beiden ägyptischen Pforten des Thierkreises finden,1) was zugleich einen neuen Beweis dagegen bildet, dass die Aegypter den Thierkreis nicht erst in weit späterer Zeit von den Griechen erhalten haben. – Zu Persepolis in dem von dem Könige Dareios erbauten Palaste2) sind über dem Throne des Königs je sechs Hunde angebracht, welche Hunde, Dunker, a. a. O., II. S. 600 unten, als die Thiere des Ahura-mazda bezeichnet. – Auch bei den Germanen bewacht bellend ein Hund mit buntgefleckter Brust und klaffendem Rachen, der Gamr, den Eingang der Unterwelt, der Hel. „In grossem Hause wohnt sie selbst; Elend (Eljudhnir) heisst ihr Saal; Hunger ihre Schüssel, Gier (sultr) ihr Messer; Träg (Gánglati) ihr Knecht; Langsam (Gánglöt) ihre Magd, Einsturz (fallanda forat) ihre Schwelle; ihr Lager Krankenbett (Kör) und ihr Vorhang dräuendes Uebel (b ikjanda-böl). Rings umher liegen die Wohnungen ihres Gesindes, das sich aus allen Denen bildet, die an Alter oder Krankheiten sterben. Den Sterbenden erscheinen Hels dienende Mädchen mit grausigen Winken und legen ihnen harte und halte Fesseln an. Während sie die Sonne, das Tageslicht sich trauernd verbergen sehen, hören sie schon schwer in den Angeln Hels Pforten erdröhnen. Damit die Seele jene Dornenhaide nicht barfuss zu überschreiten habe, gab man den Todten ein Paar Schuhe ins Grab mit. Von dieser Sitte hiess im Hennebergischen das Leichenbegängniss. Totenschuh und im Norden ein zu solchem Gebrauche verwandter Schuh helskô (Helschuh). Wer in diesem Leben einem Armen ein Paar Schuhe geschenkt hatte, fand sie in jener Welt wieder, wenn er über das Dornen-

1) Furtwängler, a. a. O., S. 180 ff., 227 Anm. 17, und 324.
2) Vergl. darüber Weiss, Kostümkunde, S. 293 ff.; Lübke, Geschichte der Architektur, S. 36 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0432" n="412"/>
Athene in der Ilia. VIII, 368 &#x201E;den Hund des graulichen Aïs&#x201C;, welchen Herakles von Erebos und vom stygischen Strome des Entsetzens dem Euristheas habe holen und bringen müssen. Dagegen ist sehr hervorzuheben, dass sich bei der homerischen Unterwelt Spuren der beiden ägyptischen Pforten des Thierkreises finden,<note place="foot" n="1)">Furtwängler, a. a. O., S. 180 ff., 227 Anm. 17, und 324.<lb/></note> was zugleich einen neuen Beweis dagegen bildet, dass die Aegypter den Thierkreis nicht erst in weit späterer Zeit von den Griechen erhalten haben. &#x2013; Zu Persepolis in dem von dem Könige Dareios erbauten Palaste<note place="foot" n="2)">Vergl. darüber Weiss, Kostümkunde, S. 293 ff.; Lübke, Geschichte der Architektur, S. 36 ff.<lb/></note> sind über dem Throne des Königs je sechs Hunde angebracht, welche Hunde, Dunker, a. a. O., II. S. 600 unten, als die Thiere des Ahura-mazda bezeichnet. &#x2013; Auch bei den Germanen bewacht bellend ein Hund mit buntgefleckter Brust und klaffendem Rachen, der Gamr, den Eingang der Unterwelt, der Hel. &#x201E;In grossem Hause wohnt sie selbst; <hi rendition="#g">Elend</hi> (Eljudhnir) heisst ihr Saal; <hi rendition="#g">Hunger</hi> ihre Schüssel, <hi rendition="#g">Gier</hi> (sultr) ihr Messer; <hi rendition="#g">Träg</hi> (Gánglati) ihr Knecht; <hi rendition="#g">Langsam</hi> (Gánglöt) ihre Magd, <hi rendition="#g">Einsturz</hi> (fallanda forat) ihre Schwelle; ihr Lager <hi rendition="#g">Krankenbett </hi>(Kör) und ihr Vorhang <hi rendition="#g">dräuendes Uebel</hi> (b ikjanda-böl). Rings umher liegen die Wohnungen ihres Gesindes, das sich aus allen Denen bildet, die an Alter oder Krankheiten sterben. Den Sterbenden erscheinen Hels dienende Mädchen mit grausigen Winken und legen ihnen harte und halte Fesseln an. Während sie die Sonne, das Tageslicht sich trauernd verbergen sehen, hören sie schon schwer in den Angeln Hels Pforten erdröhnen. Damit die Seele jene Dornenhaide nicht barfuss zu überschreiten habe, gab man den Todten ein Paar Schuhe ins Grab mit. Von dieser Sitte hiess im Hennebergischen das Leichenbegängniss. Totenschuh und im Norden ein zu solchem Gebrauche verwandter Schuh helskô (Helschuh). Wer in diesem Leben einem Armen ein Paar Schuhe geschenkt hatte, fand sie in jener Welt wieder, wenn er über das Dornen-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[412/0432] Athene in der Ilia. VIII, 368 „den Hund des graulichen Aïs“, welchen Herakles von Erebos und vom stygischen Strome des Entsetzens dem Euristheas habe holen und bringen müssen. Dagegen ist sehr hervorzuheben, dass sich bei der homerischen Unterwelt Spuren der beiden ägyptischen Pforten des Thierkreises finden, 1) was zugleich einen neuen Beweis dagegen bildet, dass die Aegypter den Thierkreis nicht erst in weit späterer Zeit von den Griechen erhalten haben. – Zu Persepolis in dem von dem Könige Dareios erbauten Palaste 2) sind über dem Throne des Königs je sechs Hunde angebracht, welche Hunde, Dunker, a. a. O., II. S. 600 unten, als die Thiere des Ahura-mazda bezeichnet. – Auch bei den Germanen bewacht bellend ein Hund mit buntgefleckter Brust und klaffendem Rachen, der Gamr, den Eingang der Unterwelt, der Hel. „In grossem Hause wohnt sie selbst; Elend (Eljudhnir) heisst ihr Saal; Hunger ihre Schüssel, Gier (sultr) ihr Messer; Träg (Gánglati) ihr Knecht; Langsam (Gánglöt) ihre Magd, Einsturz (fallanda forat) ihre Schwelle; ihr Lager Krankenbett (Kör) und ihr Vorhang dräuendes Uebel (b ikjanda-böl). Rings umher liegen die Wohnungen ihres Gesindes, das sich aus allen Denen bildet, die an Alter oder Krankheiten sterben. Den Sterbenden erscheinen Hels dienende Mädchen mit grausigen Winken und legen ihnen harte und halte Fesseln an. Während sie die Sonne, das Tageslicht sich trauernd verbergen sehen, hören sie schon schwer in den Angeln Hels Pforten erdröhnen. Damit die Seele jene Dornenhaide nicht barfuss zu überschreiten habe, gab man den Todten ein Paar Schuhe ins Grab mit. Von dieser Sitte hiess im Hennebergischen das Leichenbegängniss. Totenschuh und im Norden ein zu solchem Gebrauche verwandter Schuh helskô (Helschuh). Wer in diesem Leben einem Armen ein Paar Schuhe geschenkt hatte, fand sie in jener Welt wieder, wenn er über das Dornen- 1) Furtwängler, a. a. O., S. 180 ff., 227 Anm. 17, und 324. 2) Vergl. darüber Weiss, Kostümkunde, S. 293 ff.; Lübke, Geschichte der Architektur, S. 36 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/432
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/432>, abgerufen am 22.11.2024.