Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.Schule Zeus, um sie den gangbaren Religionsbegriffen und religiösen Vorstellungen der Griechen anzupassen. Bei der Aufnahme zum Pythagoriker, zum Orphiker durch die orphische Weihe, - bei der Weihe zu einem weissgekleideten pythagoreischen Priester mit allen weitern Verpflichtungen des diesfälligen priesterlichen Lebens wurde namentlich und wesentlich von Pythagoras dem Eingeweihten der wahre und reine Gottesbegriff, die letzte und höchste Lehre als das heiligste und wichtigste Geheimniss mitgetheilt und dieses Geheimniss haben auch seine Schüler bis nach dem gänzlichen Untergange des Bundes wirklich treu bewahrt, so dass noch Dikäarch gestehen musste : "Was Pythagoras seinen vertrauten Schülern gelehrt, könne nicht ein einziger mit Sicherheit sagen, denn ihre Verschwiegenheit sei nicht die alltägliche." Die Mittheilung des Gottesbegriffes war das Ziel der ganzen pythagoreischen Erziehung, der Lohn des würdigen und bewährten Schülers des Pythagoras. Mit dem Gottesbegriffe war die Unsterblichkeitslehre innigst verbunden, denn die Unsterblichkeit und Unvergänglichkeit ist nur eine Eigenschaft, die Natur und das Wesen des in dem Menschen lebenden göttlichen Geistes, alles Göttlichen. Der Dionysoscultus mit seinen Gebräuchen des wiedergeborenen Naturgottes, der stets sich verjüngenden und unsterblichen Naturkraft, war durchaus geeignet, die pythagoreische oder ägyptische Unsterblichkeitslehre in sich aufzunehmen, da ja nur die Wiedergeburt der Natur auf die Wiedergeburt des Geistes übertragen, jene zum Symbole der letztern gemacht werden durfte.1) Wie Pythagoras verfuhr auch später die christliche Kirche, indem sie das alte Osterfest, das blosse Fest der Wiederauferstehung der Natur zugleich zum Feste der Wiederauferstehung des Geistes machte, den Glauben an die Unsterblichkeit des Geistes und dessen Wiederaufer- 1) Vergl. auch Döllinger, Heidenthum und Judenthum, Seite 131 ff. Gerhard in einer der preuss. Akademie der Wissenschaften neuerlich vorgetragenen Abhandlung über Orpheus und die Orphiker (in dem Monatsbericht für Januar 1861, S. 1 ff.) will dagegen den orphischen Unsterblichkeitsglauben der Griechen von den Thraciern und den Geten ableiten.
Schule Zeus, um sie den gangbaren Religionsbegriffen und religiösen Vorstellungen der Griechen anzupassen. Bei der Aufnahme zum Pythagoriker, zum Orphiker durch die orphische Weihe, - bei der Weihe zu einem weissgekleideten pythagoreischen Priester mit allen weitern Verpflichtungen des diesfälligen priesterlichen Lebens wurde namentlich und wesentlich von Pythagoras dem Eingeweihten der wahre und reine Gottesbegriff, die letzte und höchste Lehre als das heiligste und wichtigste Geheimniss mitgetheilt und dieses Geheimniss haben auch seine Schüler bis nach dem gänzlichen Untergange des Bundes wirklich treu bewahrt, so dass noch Dikäarch gestehen musste : „Was Pythagoras seinen vertrauten Schülern gelehrt, könne nicht ein einziger mit Sicherheit sagen, denn ihre Verschwiegenheit sei nicht die alltägliche.“ Die Mittheilung des Gottesbegriffes war das Ziel der ganzen pythagoreischen Erziehung, der Lohn des würdigen und bewährten Schülers des Pythagoras. Mit dem Gottesbegriffe war die Unsterblichkeitslehre innigst verbunden, denn die Unsterblichkeit und Unvergänglichkeit ist nur eine Eigenschaft, die Natur und das Wesen des in dem Menschen lebenden göttlichen Geistes, alles Göttlichen. Der Dionysoscultus mit seinen Gebräuchen des wiedergeborenen Naturgottes, der stets sich verjüngenden und unsterblichen Naturkraft, war durchaus geeignet, die pythagoreische oder ägyptische Unsterblichkeitslehre in sich aufzunehmen, da ja nur die Wiedergeburt der Natur auf die Wiedergeburt des Geistes übertragen, jene zum Symbole der letztern gemacht werden durfte.1) Wie Pythagoras verfuhr auch später die christliche Kirche, indem sie das alte Osterfest, das blosse Fest der Wiederauferstehung der Natur zugleich zum Feste der Wiederauferstehung des Geistes machte, den Glauben an die Unsterblichkeit des Geistes und dessen Wiederaufer- 1) Vergl. auch Döllinger, Heidenthum und Judenthum, Seite 131 ff. Gerhard in einer der preuss. Akademie der Wissenschaften neuerlich vorgetragenen Abhandlung über Orpheus und die Orphiker (in dem Monatsbericht für Januar 1861, S. 1 ff.) will dagegen den orphischen Unsterblichkeitsglauben der Griechen von den Thraciern und den Geten ableiten.
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Schule Zeus, um sie den gangbaren Religionsbegriffen und religiösen Vorstellungen der Griechen anzupassen. Bei der Aufnahme zum Pythagoriker, zum Orphiker durch die orphische Weihe, - bei der Weihe zu einem weissgekleideten pythagoreischen Priester mit allen weitern Verpflichtungen des diesfälligen priesterlichen Lebens wurde namentlich und wesentlich von Pythagoras dem Eingeweihten der wahre und reine Gottesbegriff, die letzte und höchste Lehre als das heiligste und wichtigste Geheimniss mitgetheilt und dieses Geheimniss haben auch seine Schüler bis nach dem gänzlichen Untergange des Bundes wirklich treu bewahrt, so dass noch Dikäarch gestehen musste : „Was Pythagoras seinen vertrauten Schülern gelehrt, könne nicht ein einziger mit Sicherheit sagen, denn ihre Verschwiegenheit sei nicht die alltägliche.“ Die Mittheilung des Gottesbegriffes war das Ziel der ganzen pythagoreischen Erziehung, der Lohn des würdigen und bewährten Schülers des Pythagoras. Mit dem Gottesbegriffe war die Unsterblichkeitslehre innigst verbunden, denn die Unsterblichkeit und Unvergänglichkeit ist nur eine Eigenschaft, die Natur und das Wesen des in dem Menschen lebenden göttlichen Geistes, alles Göttlichen. Der Dionysoscultus mit seinen Gebräuchen des wiedergeborenen Naturgottes, der stets sich verjüngenden und unsterblichen Naturkraft, war durchaus geeignet, die pythagoreische oder ägyptische Unsterblichkeitslehre in sich aufzunehmen, da ja nur die Wiedergeburt der Natur auf die Wiedergeburt des Geistes übertragen, jene zum Symbole der letztern gemacht werden durfte. 1) Wie Pythagoras verfuhr auch später die christliche Kirche, indem sie das alte Osterfest, das blosse Fest der Wiederauferstehung der Natur zugleich zum Feste der Wiederauferstehung des Geistes machte, den Glauben an die Unsterblichkeit des Geistes und dessen Wiederaufer-
1) Vergl. auch Döllinger, Heidenthum und Judenthum, Seite 131 ff. Gerhard in einer der preuss. Akademie der Wissenschaften neuerlich vorgetragenen Abhandlung über Orpheus und die Orphiker (in dem Monatsbericht für Januar 1861, S. 1 ff.) will dagegen den orphischen Unsterblichkeitsglauben der Griechen von den Thraciern und den Geten ableiten.
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 582. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/602>, abgerufen am 20.07.2024. |