sischen Löwen auf die Gluthhitze. Die neunköpfige lernäische Schlange1) mit einem unsterblichen Haupte darunter, ist wohl nur die dunkele und böse Jahresseite in den neun Dienst- und Lebensmonaten; das Gute und das Böse des Jahres, des menschlichen Lebens sind gleich unsterblich, erneuern sich mit jedem Jahre, weshalb die abgeschlagenen Köpfe der Schlange auch stets wieder durch neue ersetzt werden. Schwartz, a. a. O., S. 81, sieht die lernäische Hydra nur als den Gewitterdrachen und ihre abgeschlagenen Häupter als Gewitterwolken an. Auch die gewöhnlichen pierischen neun Musen des Apollo, sowohl nach Homer als nach Hesiod,2) treten in diesen Kreis, indem sie in ihrer Neunzahl vermuthlich nur die neun, das Gute und Schöne, den begeisterten Gesang der Natur und der Menschheit wirkenden Lebensmonate des Jahres bedeuten. Die fünfzig Köpfe der lernäischen Schlange, von welchen Simonides redet, wären in einer geraden Zahl die 50 Wochen des Mondjahres3) nach ihrer bösen Seite. Den Stall des Augeias, des reinen und leuchtenden Himmels, der 12 Sonnenstiere, der 12 dem Helios geweihten glänzend weissen Stiere4) oder der 12 Theile der Sonnenbahn, reinigt Herakles in einem Tage, d. h. in einem Jahre oder das ganze Jahr hindurch, indem er als die siegreiche Sonne die dunkelen Wolken vertreibt und ableitet. Aehnlich läuft Herakles als die Tagessonne das Jahr hindurch der gehörnten und gleich dem Hirsche schnellen Mondskuh vergeblich oder ohne sie zu erreichen nach. 5) Das Letztere ist nur eine andere Wendung und Ausdehnung der kretischen Sage, dass Minos (die Sonne) neun Monate der Britomartis, der kretischen Artemis, dem Monde erfolglos nachjage, oder neun Monate (Jahre) in der Höhle (im lichten Himmelsgewölbe) des Zeus weile, worauf er nach uralter orientalischer Vorstellung in den drei Wintermonaten schläft, todt oder gebunden ist. 6)
1) Preller, a. a. O.. II. S. 133 ff.
2) Preller, II. S. 284.
3) Welker, griech. Götterlehre, I. S. 405.
4) Preller, II. S. 138.
5) Preller, I. S. 136.
6) R. Rochette, memoires sur l'Hercule Assyrien et Phenicien,
sischen Löwen auf die Gluthhitze. Die neunköpfige lernäische Schlange1) mit einem unsterblichen Haupte darunter, ist wohl nur die dunkele und böse Jahresseite in den neun Dienst- und Lebensmonaten; das Gute und das Böse des Jahres, des menschlichen Lebens sind gleich unsterblich, erneuern sich mit jedem Jahre, weshalb die abgeschlagenen Köpfe der Schlange auch stets wieder durch neue ersetzt werden. Schwartz, a. a. O., S. 81, sieht die lernäische Hydra nur als den Gewitterdrachen und ihre abgeschlagenen Häupter als Gewitterwolken an. Auch die gewöhnlichen pierischen neun Musen des Apollo, sowohl nach Homer als nach Hesiod,2) treten in diesen Kreis, indem sie in ihrer Neunzahl vermuthlich nur die neun, das Gute und Schöne, den begeisterten Gesang der Natur und der Menschheit wirkenden Lebensmonate des Jahres bedeuten. Die fünfzig Köpfe der lernäischen Schlange, von welchen Simonides redet, wären in einer geraden Zahl die 50 Wochen des Mondjahres3) nach ihrer bösen Seite. Den Stall des Augeias, des reinen und leuchtenden Himmels, der 12 Sonnenstiere, der 12 dem Helios geweihten glänzend weissen Stiere4) oder der 12 Theile der Sonnenbahn, reinigt Herakles in einem Tage, d. h. in einem Jahre oder das ganze Jahr hindurch, indem er als die siegreiche Sonne die dunkelen Wolken vertreibt und ableitet. Aehnlich läuft Herakles als die Tagessonne das Jahr hindurch der gehörnten und gleich dem Hirsche schnellen Mondskuh vergeblich oder ohne sie zu erreichen nach. 5) Das Letztere ist nur eine andere Wendung und Ausdehnung der kretischen Sage, dass Minos (die Sonne) neun Monate der Britomartis, der kretischen Artemis, dem Monde erfolglos nachjage, oder neun Monate (Jahre) in der Höhle (im lichten Himmelsgewölbe) des Zeus weile, worauf er nach uralter orientalischer Vorstellung in den drei Wintermonaten schläft, todt oder gebunden ist. 6)
1) Preller, a. a. O.. II. S. 133 ff.
2) Preller, II. S. 284.
3) Welker, griech. Götterlehre, I. S. 405.
4) Preller, II. S. 138.
5) Preller, I. S. 136.
6) R. Rochette, mémoires sur l’Hercule Assyrien et Phénicien,
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0666"n="646"/><p>
sischen Löwen auf die Gluthhitze. Die <hirendition="#g">neun</hi>köpfige lernäische Schlange<noteplace="foot"n="1)">Preller, a. a. O.. II. S. 133 ff.<lb/></note> mit einem unsterblichen Haupte darunter, ist wohl nur die dunkele und böse Jahresseite in den neun Dienst- und Lebensmonaten; das Gute und das Böse des Jahres, des menschlichen Lebens sind gleich unsterblich, erneuern sich mit jedem Jahre, weshalb die abgeschlagenen Köpfe der Schlange auch stets wieder durch neue ersetzt werden. Schwartz, a. a. O., S. 81, sieht die lernäische Hydra nur als den Gewitterdrachen und ihre abgeschlagenen Häupter als Gewitterwolken an. Auch die gewöhnlichen pierischen neun Musen des Apollo, sowohl nach Homer als nach Hesiod,<noteplace="foot"n="2)">Preller, II. S. 284.<lb/></note> treten in diesen Kreis, indem sie in ihrer Neunzahl vermuthlich nur die neun, das Gute und Schöne, den begeisterten Gesang der Natur und der Menschheit wirkenden Lebensmonate des Jahres bedeuten. Die fünfzig Köpfe der lernäischen Schlange, von welchen Simonides redet, wären in einer geraden Zahl die 50 Wochen des Mondjahres<noteplace="foot"n="3)">Welker, griech. Götterlehre, I. S. 405.<lb/></note> nach ihrer bösen Seite. Den Stall des Augeias, des reinen und leuchtenden Himmels, der 12 Sonnenstiere, der 12 dem Helios geweihten glänzend weissen Stiere<noteplace="foot"n="4)">Preller, II. S. 138.<lb/></note> oder der 12 Theile der Sonnenbahn, reinigt Herakles in einem Tage, d. h. in einem Jahre oder das ganze Jahr hindurch, indem er als die siegreiche Sonne die dunkelen Wolken vertreibt und ableitet. Aehnlich läuft Herakles als die Tagessonne das Jahr hindurch der <hirendition="#g">gehörnten</hi> und gleich dem Hirsche schnellen Mondskuh vergeblich oder ohne sie zu erreichen nach. <noteplace="foot"n="5)">Preller, I. S. 136.<lb/></note> Das Letztere ist nur eine andere Wendung und Ausdehnung der kretischen Sage, dass Minos (die Sonne) neun Monate der Britomartis, der kretischen Artemis, dem Monde erfolglos nachjage, oder neun Monate (Jahre) in der Höhle (im lichten Himmelsgewölbe) des Zeus weile, worauf er nach uralter orientalischer Vorstellung in den drei Wintermonaten schläft, todt oder <hirendition="#g">gebunden</hi> ist. <noteplace="foot"n="6)">R. Rochette, mémoires sur l’Hercule Assyrien et Phénicien,<lb/></note></p></div></body></text></TEI>
[646/0666]
sischen Löwen auf die Gluthhitze. Die neunköpfige lernäische Schlange 1) mit einem unsterblichen Haupte darunter, ist wohl nur die dunkele und böse Jahresseite in den neun Dienst- und Lebensmonaten; das Gute und das Böse des Jahres, des menschlichen Lebens sind gleich unsterblich, erneuern sich mit jedem Jahre, weshalb die abgeschlagenen Köpfe der Schlange auch stets wieder durch neue ersetzt werden. Schwartz, a. a. O., S. 81, sieht die lernäische Hydra nur als den Gewitterdrachen und ihre abgeschlagenen Häupter als Gewitterwolken an. Auch die gewöhnlichen pierischen neun Musen des Apollo, sowohl nach Homer als nach Hesiod, 2) treten in diesen Kreis, indem sie in ihrer Neunzahl vermuthlich nur die neun, das Gute und Schöne, den begeisterten Gesang der Natur und der Menschheit wirkenden Lebensmonate des Jahres bedeuten. Die fünfzig Köpfe der lernäischen Schlange, von welchen Simonides redet, wären in einer geraden Zahl die 50 Wochen des Mondjahres 3) nach ihrer bösen Seite. Den Stall des Augeias, des reinen und leuchtenden Himmels, der 12 Sonnenstiere, der 12 dem Helios geweihten glänzend weissen Stiere 4) oder der 12 Theile der Sonnenbahn, reinigt Herakles in einem Tage, d. h. in einem Jahre oder das ganze Jahr hindurch, indem er als die siegreiche Sonne die dunkelen Wolken vertreibt und ableitet. Aehnlich läuft Herakles als die Tagessonne das Jahr hindurch der gehörnten und gleich dem Hirsche schnellen Mondskuh vergeblich oder ohne sie zu erreichen nach. 5) Das Letztere ist nur eine andere Wendung und Ausdehnung der kretischen Sage, dass Minos (die Sonne) neun Monate der Britomartis, der kretischen Artemis, dem Monde erfolglos nachjage, oder neun Monate (Jahre) in der Höhle (im lichten Himmelsgewölbe) des Zeus weile, worauf er nach uralter orientalischer Vorstellung in den drei Wintermonaten schläft, todt oder gebunden ist. 6)
1) Preller, a. a. O.. II. S. 133 ff.
2) Preller, II. S. 284.
3) Welker, griech. Götterlehre, I. S. 405.
4) Preller, II. S. 138.
5) Preller, I. S. 136.
6) R. Rochette, mémoires sur l’Hercule Assyrien et Phénicien,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/666>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.